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Gemeinde Kuchl wird unter Quarantäne gestellt - Homeschooling im Zentralraum ab neunter Schulstufe

Die Salzburger Landesregierung verschärft die Corona-Maßnahmen massiv. Lokale in Kuchl müssen schließen. Im ganzen Bundesland müssen sich Lokalbetreiber entscheiden: entweder Gästeregistrierung oder Schließung ihres Lokals. Ab der neunten Schulstufe wird im Salzburger Zentralraum auf Homeschooling umgestellt. Sämtliche Maßnahmen gelten ab Samstag, 17 Oktober, 0 Uhr bis vorläufig Sonntag, 1. November, 24 Uhr.

Im Tennengau springt die Corona-Ampel laut Landeshauptmann Wilfried Haslauer am Freitag auf Rot. Die Gemeinde Kuchl wird unter Quarantäne gestellt.
Im Tennengau springt die Corona-Ampel laut Landeshauptmann Wilfried Haslauer am Freitag auf Rot. Die Gemeinde Kuchl wird unter Quarantäne gestellt.
Die Landesregierung trat Donnerstagmittag vor die Presse.
Die Landesregierung trat Donnerstagmittag vor die Presse.

Das Wichtigste in Kürze

  • Kuchl ist in Quarantäne - lebens- und systemnotwendige Dienste bleiben aber erlaubt
  • Die Cluster im Tennengau und Pongau sind nicht mehr nachvollziehbar
  • Im Tennengau, Pongau, Flachgau und der Stadt Salzburg wird ab der neunten Schulstufe online unterrichtet
  • Sperrstunde bleibt außerhalb des Tennengaus bei 22 Uhr, die Gäste müssen sich registrieren
  • Es gilt im gesamten Bundesland ein Veranstaltungsverbot. Ausnahme: Begräbnisse und zugewiesene Plätze
  • In den SALK wurde der Krisenstab aktiviert und Betten aufgestockt

Kuchl wird ab Samstag, 17. Oktober, 0 Uhr unter Quarantäne gestellt. Das bedeutet, die Ein- und Ausreise in die Tennengauer Gemeinde ist untersagt. Lebensnotwendige Dienste und systemerhaltende Bereiche wie die Müllabfuhr, der medizinische Bereich und auch die Warenzu- und -ablieferung bleiben erlaubt. Nicht nach Kuchl hinein oder heraus dürfen Pendler, es sei denn, sie sind in systemrelevanten Berufen tätig. Komplett geschlossen wird zudem die Gastronomie in Kuchl. Handel und Dienstleistungsbetriebe bleiben geöffnet. Das seien schmerzliche Eingriffe, aber angesichts der dramatischen Lage unumgänglich, betonte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer am Donnerstagvormittag.

In Kuchl würde die Situation völlig aus dem Ruder laufen, die Infektionen würden sich quer durch alle Gruppen und Bevölkerungsschichten ziehen und sich nicht mehr eingrenzen lassen, sagt der Landeshauptmann.

Mit den jetzt getroffenen Maßnahmen wolle man einen Lockdown verhindern. Dabei sei das Hauptthema, eine Überforderung des Gesundheitswesens zu verhindern. Gehe die Entwicklung so weiter wie bisher, dann drohe diese Überforderung innerhalb von zwei Wochen oder sogar einem kürzeren Zeitraum, verdeutlichte Haslauer. Die Zahlen der vergangenen zwei Wochen zeigen, wie schnell es gehen kann: Noch am Freitag der vorletzten Woche lag die sogenannte 7-Tages-Inzidenz (durchschnittliche Neuinfektionen pro Tag der vergangenen sieben Tage) in Salzburg zwischen 29 und 31. Letzten Freitag stieg sie auf 47,5, am Mittwoch betrug sie 93. Zum Vergleich: Im Tennengau erreicht dieser Wert derzeit 280.

Bildungsampel auf Orange

Zusätzlich werden alle Schulen ab inklusive der neunten Schulstufe auf Homeschooling umgestellt - diese Maßnahme gilt für den Tennengau, den Pongau, den Flachgau und die Stadt Salzburg. Die Fachhochschule in Kuchl und in Puch wird auf Distance Learning umgestellt. Im Tennengau wird die Bildungsampel auf Orange umgestellt.

Gastro: Gästeregistrierung oder geschlossen bleiben

Die Gastronomie im gesamten Bundesland wird vor die Wahl gestellt: entweder Gästeregistrierung oder der Betrieb muss geschlossen werden. Mit dieser Wahlmöglichkeit komme man auch aus den verfassungsrechtlichen Bedenken heraus, die in Salzburg bisher einer Registrierungspflicht in Lokalen entgegengestanden sind, erklärte Haslauer. Und: Er sei froh, dass man mit der nunmehrigen Lösung zumindest noch die Sperrstunde um 22 Uhr halten könne.

Ab Samstag, 0 Uhr, gilt zudem ein Veranstaltungsverbot im ganzen Bundesland für Veranstaltungen ohne zugewiesene Sitzplätze. Veranstaltungen mit zugewiesenen Sitzplätzen ab 250 Personen sind bewilligungspflichtig. Und: Das Verabreichen von Speisen und Getränken bei Veranstaltungen wird verboten.

Die Zahl der Teilnehmer bei Begräbnissen wird auf maximal 100 beschränkt. Für Allerheiligen wird die Erzdiözese noch eigene Regeln kommunizieren.

Cluster nicht mehr zurückverfolgbar

Die Corona-Infektionszahlen sind in den vergangenen Tagen in Salzburg rasant nach oben geschnellt, vor allem im Tennengau, aber auch im Pongau. Die Gesundheitsbehörden können längst nicht mehr alle Infektionsketten lückenlos rückverfolgen. Etliche Infektionen sind auf (private) Veranstaltungen und Zusammentreffen zurückzuführen, etwa auf eine Benefizveranstaltung in Kuchl, eine Hochzeitsfeier im Tennengau sowie eine Chorprobe und eine Geburtstagsfeier im Pongau.

Schon seit Montag galt ein Veranstaltungsverbot im Tennengau sowie Sondermaßnahmen (17 Uhr Sperrstunde) für die besonders betroffene Gemeinde Kuchl, doch es werden weitere drastische Maßnahmen gesetzt. Kuchl zählte am Donnerstag 87 Infizierte. Die Gemeinde wird daher bis 1. November unter Quarantäne gesetzt.

In einer Aussendung des Landes hieß es am Donnerstagvormittag, die Entwicklung sei dramatisch. Die Neuinfektionen seien zuletzt teils auf mehr als 130 pro Tag hinaufgeschnellt. Aktuell gibt es im Bundesland 670 bestätigte aktiv infizierte Personen. Die Bezirksaufteilung: Tennengau 211, Pongau 142, Flachgau 127, Stadt Salzburg 125, Pinzgau 44 und Lungau 21. Ende März, in der Corona-Hochphase, habe es in der Spitzenzeit 120 Neuinfektionen gegeben.

Kuchl sei mit 87 Infizierten ein Hotspot, aber es gebe noch weitere stark betroffene Gemeinden im Tennengau: Golling, Scheffau, St. Koloman, Krispl, Adnet und Hallein.

Tennengau ist Spitzenreiter bei 7-Tages-Inzidenz

Um die Lage und Entwicklung in Ländern und Regionen vergleichen zu können, nehmen die Experten die sogenannte 7-Tages-Inzidenz. Der Tennengau liegt hier bei 284,4. Zum Vergleich: Salzburg 93,1, Österreich 84,4 und Deutschland 29,6. Für diese Tendenz steil nach oben ist noch kein Ende in Sicht, weder für den Tennengau noch speziell in Kuchl, wo auch im Seniorenwohnhaus mehr als 15 Bewohner und Mitglieder des Personals positiv getestet wurden.

Insgesamt sind in Salzburg knapp 2600 Personen als Kontaktpersonen in häuslicher Quarantäne oder verkehrsbeschränkt, davon mehr als 500 im Tennengau.

Krisenstab im Spital aktiviert

Unterdessen gaben die Salzburger Landeskliniken (SALK) bekannt, dass aufgrund steigender Zahlen der Krisenstab am Uniklinikum aktiviert werde. Donnerstagmorgen seien in den Spitälern landesweit 29 Covid-Patienten auf Normalstationen und fünf weitere auf Intensivstationen betreut worden. Das bedeute, dass die sogenannten Triggerpunkte für den Übergang von Stufe 1 auf Stufe 2a erreicht worden seien. Der medizinische Einsatzstab des Landes werde von Klinikchef Paul Sungler geleitet, der Krisenstab des Uniklinikums von Jürgen Koehler (Ärztlicher Direktor), Franziska Moser (Pflegedirektorin) sowie Klaus Offner (Wirtschaftsdirektor).

Betten für Covid-Patienten werden aufgestockt

Für den Betrieb des Uniklinikum Campus LKH ergeben sich durch das Ausrufen der Stufe 2a folgende Änderungen:
Im Haus I wird die Zahl der vorgehaltenen Betten für die Covid-Versorgung von zuvor 20 auf 27 erhöht - in Stufe 2b würden insgesamt 37 Betten zur Verfügung stehen. Im Intensivbereich werden vier weitere Betten für die Covid-Versorgung vorgehalten. Dafür wird speziell geschultes Personal zugeteilt. Ein OP-Saal im Haus A (Chirurgie West) stehe damit aufgrund des erhöhten Personalbedarfs für die Covid-Versorgung vorläufig nicht mehr zur Verfügung.

Die Covid-Abklärungsstation bleibe unverändert und weiterhin im Haus A angesiedelt. "Die Ausrufung der Stufe 2a bedeutet nur geringe Einschränkungen im laufenden Betrieb des Uniklinikum Campus LKH", sagt Klinikchef Paul Sungler.

Die Pressekonferenz zum Nachschauen: