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"Völlig unsensibel": Salzburger Landesrätin erntet heftige Kritik für EU-weite Ausschreibung von Frauenhäusern

Salzburger SPÖ-Frauensprecherin Karin Dollinger: "Klambauer soll Politik für Frauen machen, nicht gegen sie." Halleiner Regierungsmitglieder von Grünen und SPÖ fordern einen runden Tisch.

Landesrätin Andrea Klambauer (Neos).
Landesrätin Andrea Klambauer (Neos).
Die Salzburger SPÖ-Frauensprecherin Karin Dollinger kritisiert die Vorgehensweise von Neos-Landesrätin Andrea Klambauer in Sachen Frauenhäuser.
Die Salzburger SPÖ-Frauensprecherin Karin Dollinger kritisiert die Vorgehensweise von Neos-Landesrätin Andrea Klambauer in Sachen Frauenhäuser.
KPÖ-plus-Frauensprecherin Sabine Helmberger.
KPÖ-plus-Frauensprecherin Sabine Helmberger.
Kritisiert die Vorgehensweise vom Regierungspartner Neos in der Salzburger Landesregierung: Grünen-Klubobfrau und Halleiner Stadträtin Kimbie Humer-Vogl.
Kritisiert die Vorgehensweise vom Regierungspartner Neos in der Salzburger Landesregierung: Grünen-Klubobfrau und Halleiner Stadträtin Kimbie Humer-Vogl.

Kimbie Humer-Vogl, die Klubobfrau des Grünen-Regierungspartners von Neos-Landesrätin Klambauer, meldete sich in ihrer Funktion als Halleiner Stadträtin zu Wort. In einer gemeinsamen Aussendung mit SPÖ-Vizebürgermeisterin Rosa Bock heißt es: "Diese Vorgangsweise ist nicht akzeptabel. Wir stehen hinter dem Halleiner Frauenhaus." Beide fordern einen runden Tisch mit Landesrätin Klambauer, bei dem eine andere Lösung erarbeitet werden solle.

Wie berichtet, will die Landesrätin die Frauenhäuser neu aufstellen und für das ganze Bundesland in eine Hand legen. Einzige Ausnahme ist der Pinzgau, wo mit EU- und Landesmitteln gerade ein neues Frauenhaus entsteht, das vom bisherigen Verein weitergeführt werden soll.

Humer-Vogl: Neuausschreibung ist ein Schock für Träger und Frauen

Die Erfahrung in Hallein zeige, dass "das Haus Mirjam ein Teil der Stadt ist und seit vielen Jahre hohe Solidarität genießt", sagt Humer-Vogl. Eine Neuausschreibung sei ein Schock für die Träger sowie die betroffenen Frauen. Für Humer-Vogl ist nicht nachvollziehbar, warum auf diese wertvollen Synergieeffekte zwischen Bevölkerung und Haus Mirjam verzichtet werden soll, womöglich gar "zugunsten eines Trägers, der absolut keine Erfahrung im Führen eines Frauenhauses hat".

Rosa Bock ergänzt: "Dass eine Neustrukturierung vielleicht nötig ist, mag sein. Aber dass, ohne mit den Leiterinnen der Einrichtungen kommuniziert zu haben, ein Neustart geplant wird, ist aus meiner Sicht eine völlig unsensible Vorgangsweise von Frau Landesrätin Klambauer. Wie mir scheint, sind wieder die Schwächsten der Gesellschaft die Leidtragenden."

Berthold: Klambauer will sich kritischer Frauenhaus-Arbeiterinnen entledigen

"Diese bewährten und erfahrenen Einrichtungen zu zerstören, ist ein Schlag ins Gesicht der engagierten Frauenszene", kritisiert die Salzburger Bürgerlisten-Stadträtin und frühere Frauenlandesrätin Martina Berthold. Für Unverständnis sorgt bei ihr auch die Entscheidung, nur die Frauenhäuser in der Stadt und in Hallein und nicht jenes im Pinzgau auszuschreiben. Klambauer wolle sich der kritischen, feministischen Frauenhaus-Arbeiterinnen entledigen, kritisiert Berthold.

"Was Andrea Klambauer macht, ist rechtlich unnötig und sozial völlig unverständlich", sagt auch die Salzburger Sozial-Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ). In diesem hochsensiblen Bereich muss der bestmöglichste Schutz für Frauen und Kinder in Not gewährt werden und nicht der billigste. "Die Kinder und Frauen müssen uns das wert sein, hier geht es um den menschlichen Aspekt und nicht um den finanziellen", so Hagenauer. Das Land fördert die beiden Frauenhäuser in der Stadt Salzburg und in Hallein derzeit mit 1,2 Millionen Euro jährlich. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern, hatte Klambauer gestern angekündigt. Für Schutzwohnungen stünden zudem zusätzlich 50.000 Euro pro Jahr zur Verfügung.

Dollinger: Frauenhäuser kann man nicht ausschreiben wie Sessel für eine Schule

Der Plan von Neos-Landesrätin Andrea Klambauer, Salzburger Frauenhäuser EU-weit auszuschreiben, sei eine österreichweit einzigartige Vorgangsweise, die alle Betroffenen schockiert zurücklasse, kritisiert SPÖ-Frauensprecherin Karin Dollinger. "Offensichtlich ist Landesrätin Klambauer mit der wertvollen, jahrzehntelangen Arbeit der Frauenhäuser unzufrieden", meint Dollinger. Die Frauenhäuser nun EU-weit auszuschreiben, "nur weil es irgendwelche Probleme gibt", hält sie für den falschen Ansatz. "Da geht es um ein soziales Thema", bei dem Empathie für die Frauen gefragt sei und nicht "neoliberale Ansätze". Frauenhäuser könne man nicht in einer Art und Weise ausschreiben, wie man es für eine neue Bestuhlung einer Schule machen würde, sagt Dollinger.

Heinisch-Hosek: Klambauer stößt Expertinnen vor den Kopf

"Mit großer Sorge" beobachtet auch SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek das Vorhaben der Salzburger Neos-Landesrätin Andrea Klambauer, Frauenhäuser EU-weit auszuschreiben. Die Bewerber müssen in Zukunft keine Erfahrung im Führen von Frauenhäusern haben. "Damit stößt Klambauer jene vor den Kopf, die seit vielen Jahren für den Schutz von Frauen tätig sind und viel Expertise haben." Diese wüssten am besten, was es brauche, um Frauen gut zu schützen, betont Heinisch-Hosek.

Bereits im Jänner hatte die SPÖ im Landtag ein Gesamtkonzept für das ganze Bundesland beantragt - etwas, das ja auch Klambauer nun angekündigt hat. "Dieses Konzept muss aber zuerst ausgearbeitet sein, bevor man überhaupt an eine Ausschreibung denken kann", betont Dollinger. Dazu gehöre auch, Frauen, die in einem Frauenhaus meist unbeabsichtigt in einer Wohngemeinschaft lebten und deshalb weniger Anspruch auf Mindestsicherung hätten, wieder mit jenen gleichzustellen, die in einer Wohnung lebten. Sie forderte zudem mehr Engagement im Bereich Übergangswohnungen. "Klambauer muss sich endlich bewusst machen, dass sie nach bald zwei Jahren in Funktion als Frauenlandesrätin endlich Politik für die Frauen machen muss", sagt Dollinger.

Kritik kommt auch von KPÖ plus

Heftige Kritik kam auch von der KPÖ plus in Salzburg, die mit Gemeinderat Kay-Michael Dankl mit einem Mandat im Gemeinderat in der Stadt Salzburg vertreten ist. Die Frauensprecherin von KPÖ plus, Sabine Helmberger, sagt zum Vorhaben Klambauers: "Dieser Versuch, kritische NGOs zum Schweigen zu bringen, um das eigene politische Unvermögen zu kaschieren, ist untragbar." Eine Privatisierung zugunsten von profitorientierten Billiganbietern gehe auf Kosten der Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen. Die Salzburger Landesregierung habe es seit Jahren nicht geschafft, ausreichend Plätze in Frauenhäusern zu schaffen.