Ein Planungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit, eine millionenschwere Umwidmung in bester Stadtlage, ein geheimer Nutzungsvertrag. Und sechs Wohnungen als angeblicher "Eigenbedarf" für einen der reichsten und berühmtesten Immobilieninvestoren Salzburgs. Diese Zutaten sorgen derzeit für explosive Stimmung in der Stadtpolitik.
Die Fakten: Wohnen ist in Salzburg kaum noch erschwinglich für "Normalbürger", so sieht es die Politik. Stadtchef Heinz Schaden (SPÖ) verordnete deshalb vor fast genau drei Jahren: Überall dort, wo neues Bauland gewidmet wird, müssen bis zu 75 Prozent erschwingliche Wohnungen gebaut werden - etwa im geförderten Mietwohnbau oder durch Bindung an Richtwertmieten. Was freilich die Gewinnaussichten schmälert.
Nun aber soll ein 2000 m2 großes Grundstück enorm aufgewertet werden. Es handelt sich um die Nonntaler Hauptstraße 102 bis 104. Eigentümer ist seit vielen Jahren Haythem Al Wazzan, einer der größten Immobilienbesitzer, Makler und Entwickler Salzburgs. Sein Name ist mit Immobilien wie der Emsburg und dem Hotel Stein verbunden, deren Verkauf enorme Gewinne abgeworfen haben soll.
Bisher steht auf besagtem Grundstück ein abrissreifer Altbau. Nur ein länglicher, in dieser Form unbebaubarer Streifen ist Bauland, der Rest Gewerbegebiet.
Laut Plänen des Magistrats soll dort aber bald alles Bauland sein und höhere Dichte als bisher erlaubt werden - nun gingen sich dort vier Stockwerke mit bis zu 20 Wohnungen aus. Kern der Aufregung: Al Wazzan muss dort weder geförderten Wohnbau errichten noch richtwertbeschränkte Wohnungen noch förderbare Eigentumswohnungen. Er darf, prinzipiell, alles zu Marktpreisen verwerten.
Hinter verschlossenen Türen handelte die Planungsabteilung zwar einen Nutzungsvertrag aus. Der aber enthält erst recht wieder keine Verpflichtung zu sozial verträglichem Bauen. 15 günstige Wohnungen wären laut innerstädtischen Planungsvorgaben dort vorzusehen. Vielmehr steht im Vertrag etwas, das die Aufregung sogar noch vergrößerte: Der Bauherr werde dort unter anderem sechs Wohnungen bauen - und zwar für den "Eigenbedarf".
Wird der Millionär samt Familie dort also sechs Wohnungen beziehen? Aus seinem Unternehmen heißt es auf SN-Anfrage, man gebe grundsätzlich der Presse keine Stellungnahmen.
Dass Al Wazzan wirklich "auf Herbergssuche" wäre, glaubt auch Planungsstadtrat Padutsch (Bürgerliste) nicht: "Natürlich wird er dort nicht einziehen", sagt dieser offen.
Al Wazzan könne - und werde wohl - alle zukünftigen Wohnungen frei verkaufen. Das dürfe er auch. "Immerhin kann er in Zukunft aber nirgends sonst mehr Eigenbedarf anmelden. Dieser Joker ist dann weg."
Warum aber hat die Stadt vom Baulöwen nicht dasselbe verlangt wie von Genossenschaften und anderen Bauträgern? Padutsch spricht so: Man habe ja, streng genommen, nur 1250 m2 umgewidmet, weil ja ein Grundstreifen schon Bauland war. Und: Hätte die Stadt auf günstige Wohnungen bestanden, hätte Al Wazzan gar nichts gebaut - und den hässlichen Altbau stehen lassen.
Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) hat die "Verwendungsvereinbarung" des Grundstücks mit Al Wazzan unterschrieben. Recht wohl ist ihm dabei hörbar nicht. Es treffe zu, dass der vorliegende Fall seiner Grundsatzentscheidung widerspreche, sagt Schaden - nämlich, "dass bei allen Neuwidmungen mindestens 25 Prozent geförderter Mietwohnbau, im Idealfall 75 Prozent sein müssen". Schaden will daher noch einen Versuch starten, den Immobilienunternehmer zu "überreden". Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen. Al Wazzan sei grundsätzlich ein respektabler Geschäftsmann, "ich will ihn nicht unter Generalverdacht stellen". Ihm sei auch zugutezuhalten, dass er bereits Bauplanungen eingereicht habe, als in der Stadt von der 25-Prozent-Regelung noch keine Rede gewesen sei. Das sieht auch Padutsch als relevant an. "Auch wenn das Ganze deppert ausschaut."
Letztlich kam es zur Kampfabstimmung im Ausschuss: ÖVP, Neos und FPÖ stimmten gegen den Deal, ebenso Bürgerlisten-Abgeordnete Inge Haller. "Ich war dagegen, mehr kommentiere ich dazu nicht", sagt sie. Die Letztentscheidung fällt jedenfalls am 8. Juli - im Gemeinderat.