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Altstadt-Chef Roland Aigner: "Wir müssen in der Stadt autoärmer werden"

Der Altstadtverband Salzburg pocht auf die Wiederentdeckung der Langsamkeit und einen menschenfreundlicheren Rhythmus der Stadt. Auch zum heiklen Verkehrsthema nimmt Geschäftsführer Roland Aigner im Interview eine klare Position ein.

Der ganz große Touristenansturm ist wieder vorbei. Die Altstadt ist aber auch für die Einheimischen interessant, sagt Roland Aigner, Geschäftsführer des Altstadtverbands Salzburg. 
Der ganz große Touristenansturm ist wieder vorbei. Die Altstadt ist aber auch für die Einheimischen interessant, sagt Roland Aigner, Geschäftsführer des Altstadtverbands Salzburg. 
Roland Aigner, Geschäftsführer des Altstadtverbands Salzburg. 
Roland Aigner, Geschäftsführer des Altstadtverbands Salzburg. 

Wem nutzt die Getreidegasse? So titelte die Salzburger Woche kürzlich, worauf eine hitzige Debatte im Internet entflammte. Viele äußerten sich negativ und sprachen von Verramschung. Was Roland Aigner nicht einleuchtet. Er ist Geschäftsführer des Altstadtverbands Salzburg. Das "Fenster" fragt nach.

Redaktion: Redaktion: Redaktion: Warum mögen viele Salzburger die Getreidegasse nicht (mehr)?

Aigner: Kritisiert wurden die laut Zeitung sechs Souvenirläden und eine vermeintliche "Verramschung" der Gasse. Was mich an der Diskussion stört, ist die offensichtliche Distanz der "Kommentatoren" zur Altstadt. Die Getreidegasse ist mit über 120 Geschäften nach wie vor eine der schönsten Einkaufsstraßen Europas. Von den familiengeführten Geschäften gibt es viele, die schon über Generationen betrieben werden - von Sporer über Wanger, Dantendorfer bis zu Azwanger, auch neue und traditionelle Handwerksgeschäfte, dazu internationale Filialisten, lässige Lokale und Traditionsgastronomiebetriebe - wie z.B. Blaue Gans etc. Das ist bunte Vielfalt. Ich halte auch sechs Souvenirgeschäfte in der Gasse für vertretbar, denn auch Touristen brauchen ein typisches Angebot. Wie hochwertig das alles ist, ist bei manchen Geschäften tatsächlich zu diskutieren - aber dies ist auch kein Thema, dass es nur exklusiv in Salzburg gibt.

Welche Rolle spielen die Einheimischen?

Im neuen Tourismusleitbild legen wir unseren Fokus sehr stark auf die Einheimischen. Wenn es ihnen gefällt, kommen auch die Touristen. Eine weitere Bestrebung ist es, die Altstadt zu entzerren.

Damit sich im Stadtkern nicht alles ballt?

Ja, das zum einen. Zum anderen aber ist es auch so, dass Salzburg in Wahrheit sehr klein ist. In zwei halben Tagen ist man durch. Wenn es gelingt, die Gäste noch für Veranstaltungen oder Sightseeing außerhalb zu gewinnen, verweilen sie länger. Derzeit liegen wir bei durchschnittlich 1,8 Nächtigungen.

Was zieht denn die Einheimischen in die Altstadt? Viele meiden sie ja eher, vor allem im Sommer...

Statt strenger Lenkungsmaßnahmen bin ich dafür, zu zeigen was alles da ist, allein 500 Geschäfte. Wenn es uns gelingt, die Räume zu füllen, sodass die Leute sich wohlfühlen und ihre Zeit bei uns verbringen, dann kommt alles andere von selbst. Und sie konsumieren dann auch.

Viele sind heute stark auf Tempo getrimmt, kaufen lieber online als sich irgendwo hinbemühen zu müssen. Wie geht das weiter?

Ja, klar, das stimmt. Aber es gibt auch Umdenker und denen muss ich bewusst machen, was ich hier alles habe: nämlich allein 500 Geschäfte, das ist eine hohe Dichte, auch wenn sie sich nicht Tür an Tür befinden wie in einem Einkaufscenter. Wenn man seine Stadt anders haben will, muss man sie sich anders machen! Der Konsument hat da großen Einfluss. Und es beginnt mit dem Entdecken.

Was ist mit dem Verkehr?

Das Thema ist ein sehr emotionales. Ich denke, wir werden autoärmer in der Stadt werden müssen, das trägt zu mehr Lebensqualität bei. Für Anrainer und Gäste muss die Stadt leicht erreichbar sein - auch mit dem Auto. Aber die touristischen Fahrten sollten schon vor der Stadt abgefangen werden und auf Öffis umgeleitet werden. Das ist aber ein rechtliches Problem und definitiv eines, mit dem sich die Politik dringend beschäftigen muss. Bei aller Öffi-, Fahrrad- und Fußgeherliebe fordern wir, dass die Stadt auch für den notwendigen Individualverkehr leicht zugänglich ist. Dazu müssen wir auch die Diskussion zu den Quartiersparkflächen in den Stadtbergen wieder starten, nach dem Motto: Autos raus ist gut, dafür rein auf Quartiersparkplätze in den Bergen.

Parkstrafen sind teils billiger als der Tageshöchstsatz fürs Parken - ein weiterer viel beachteter Artikel in der Salzburger Woche...

Die Diskussion stellt sich für mich nicht, weil die Alternative eine Gesetzesübertretung ist. Zudem parken Sie bei uns in den Altstadtgaragen um 6,60 Euro für 8 Stunden. Vielleicht sollte man über Lenkungsabgaben bei Einkaufszentren am Stadtrand nachdenken, denen eine überdimensionale Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt wird und die dann Kunden mit Gratisparken anlocken.


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