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Die Frau, die Lebensmittel "rettet"

Werte vorleben wollte Doris Kiefel und gründete den Verein "View". Seitdem hat sie mit ihrem Team 400.000 Kilo Lebensmittel "gerettet".

Doris Kiefel: von der Exotin zur Trendsetterin. 
Doris Kiefel: von der Exotin zur Trendsetterin. 

Verein Initiative Ethisch Wirtschaften, kurz "View". Was sperrig klingt, ist eine glasklare Sache. So haben sich unter dem Titel gut 25 Leute zusammengefunden, die überschüssige und unverkäufliche Lebensmittel von Produktionsbetrieben zu sozialen Einrichtungen fahren. Letztlich, um neben dem sozialen Aspekt auf den sorgfältigen Umgang mit Ressourcen hinzuweisen. "Ich bin ein gläubiger Mensch, der seine Schöpfungsverantwortung ernst nimmt", sagt Doris Kiefel, die den Verein vor zehn Jahren aus der Taufe hob. Nachdem ihre vier Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, habe sie damals richtiggehend nach einer neuen Aufgabe gelechzt. Die in Lehen aufgewachsene Frau begann ein Philosophie-Studium und verlegte ihren Ethik-Schwerpunkt im wahrsten Sinne des Wortes "auf die Straße".

"Ich wollte Werte wie Nachhaltigkeit und einen schonenden Umgang mit der Umwelt vorleben", sagt sie. Die Idee dafür stammt aus Phoenix, Arizona, und Kiefel galt bei der Gründung ihres Vereins als "totale Exotin". Zehn Jahre später gibt es "View" noch immer. Die Logistik ist mittlerweile extrem ausgeklügelt. Der Verein arbeitet ohne Büro, ohne Zwischenlager, mit nur einem Auto. Kiefel managt als Obfrau die Disposition, findet für die überlassenen Waren Abnehmer, lässt nur so viel abholen, wie sie am selben Tag auch weiterzugeben imstande ist. "Wir sind als Schnittstelle deshalb so wichtig, weil es bei den Produktionsbetrieben, anders als im Handel, um große Mengen geht. Die müssen rasch und aus einer Hand abgeholt werden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Unternehmen Überschüsse gern gratis abgeben, wenn es ihren Betrieb nicht aufhält", sagt Kiefel, die mittlerweile etwa 30 Partner aus der Wirtschaft aufgetan hat.

Die weitergegebenen Lebensmittel haben niemals qualitative Einbußen, gelten allerdings in der Regel als unverkäuflich, entweder weil das Mindesthaltbarkeitsdatum für Handelsbetriebe nicht mehr weit genug in die Zukunft reicht, wegen Änderungen an der Verpackung oder anderer kleiner Schönheitsfehler. Hätten die Empfänger die über den Verein "View" weitergegebenen Waren bezahlen müssen, würde das mittlerweile die stolze Summe von 1,8 Millionen Euro ergeben, sagt die gelernte Steuerberaterin.

Die Vergabe der Lebensmittel erfolgt immer zeitnah und effizient. Im Vorjahr heimste Kiefels Verein dafür sogar den "Energy Globe Award" ein.

Wenn die heute in Freilassing lebende Obfrau Urlaub nimmt, spricht sie davon, "ihr Büro an die Adria zu verlegen". Ans Aufhören denkt sie keine Minute. Es gibt noch viel zu tun.

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