Die Schlange der wartenden Skifahrer vor der Glocknerbahn reicht bis hinter die Zäune zurück, die Ingo Falkner in der Früh aufgebaut hat, damit das Anstellen in geordneten Bahnen verläuft. Jetzt hat der Mitarbeiter der Schmittenhöhebahn alle Hände voll zu tun. Zusammen mit seinem Kollegen Markus Lechner überwacht er den Einstiegsbereich der 8er-Sesselbahn. Und das kann trotz winterlicher Temperaturen schweißtreibend sein.
Die Bahn fährt jetzt mit einer Geschwindigkeit von 4,2 Metern pro Sekunde, schließlich sollen die Gäste möglichst nicht warten müssen. Mit Kennerblick scannen Ingo und sein Kollege Markus Lechner die vor dem Einfahrtsschranken wartenden Wintersportler. Sind kleinere Kinder dabei oder andere, die potenzielle Sturzkandidaten sein könnten?
Der Sturz ist vorprogrammiert
Vier Skifahrer und zwei Snowboarderinnen sind an der Reihe. Eine der Boarderinnen hält sich mit den Händen am Geländer des Einfahrtsschrankens fest, während sie mit dem Board auf das Förderband gleitet. Weil sie sich weiter festhält und das Förderband gleichzeitig das Board nach vorn mitnimmt, ist der Sturz programmiert. Während Markus Lechner zu ihr eilt, um ihr aufzuhelfen, ist Ingo Falkner schon am Schaltkasten und verlangsamt den Fahrbetrieb gerade um so viel, dass die junge Frau wieder aufrecht steht, als es Zeit zum Platznehmen auf dem Sessel ist. "Dafür braucht es ein eingespieltes Team", sagt Markus Lechner. Und viel Gespür für die Gäste. Denn ob ein Stopp der Bahn notwendig ist oder das Drosseln des Tempos reicht, müssen die "Liftler" innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden. Wobei das Stehenbleiben so weit wie möglich vermieden werden soll. Und: Je schneller die Bahn fährt, umso häufiger kommt es zu Zwischenfällen beim Ein- und Aussteigen.
"Es kommt immer ein bisschen auf die Gäste an"
Unterm Strich kann es effizienter sein, mit langsamerem Tempo zu fahren. "Es kommt immer ein bisschen auf die Gäste an", sagt Seilbahntechniker Michi Wimmer. Und auf die Uhrzeit, denn nachmittags würden auch Müdigkeit und Erschöpfung bei den Skifahrern eine Rolle spielen.
Neben der Hilfe beim Einsteigen muss auch der mit den Ski über das Förderband hereingeschobene Schnee aus dem Einstiegsbereich entfernt werden. Es erfordert Gleichgewicht und Koordination, um die passenden Zeitslots zwischen den einfahrenden Sesseln zu finden und dabei vom festen Boden quer über das sich bewegende Förderband hin und her zu wechseln.
Kommando zum Losstarten
Ingo drückt der SN-Redakteurin eine Schneeschaufel in die Hand und gibt das Kommando zum Losstarten. Zwischen zwei Achtersesseln sollte sich das Schneeschaufeln hin und her gut ausgehen. Doch der Sessel nähert sich rascher als gedacht. Es bleibt nur mehr die Flucht nach vorn - der Schnee bleibt vorerst liegen. Die Skifahrer nehmen das amüsiert zur Kenntnis. Dass hier eine Anfängerin am Werk ist, ist offensichtlich. Dann übernimmt Ingo Falkner. Wie ein Tänzer setzt er seine Schritte im Rhythmus von Förderband und einfahrenden Sesseln. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. "Da weißt am Abend, was du g'macht hast", sagt er lächelnd und ist schon wieder unterwegs.
Auch auf der Bergstation kommt es zu Stürzen
Etwas ruhiger geht es bei der Bergstation zu, wo Seilbahntechniker Michi Wimmer Dienst macht. Doch auch dort kommt es immer wieder zu Stürzen. Sein Blick folgt den ankommenden Skifahrern vom Einfahren in den Bahnhof, wie die Liftstation im Seilbahner-Sprech heißt, bis zum Aussteigen aus dem Fahrzeug. "Seilbahnen sind wie Eisenbahnen, daher verwenden wir die gleiche Sprache", erklärt Markus Lechner. So wie Michi Wimmer hat er die Seilbahntechniker-Ausbildung im zweiten Bildungsweg gemacht. In seinem früheren Job als Schilderhersteller sei er einfach nicht mehr glücklich gewesen. Den Job bei der Schmittenbahn mag er hingegen sehr. Und das, obwohl die Arbeitstage in der Wintersaison meist zehn Stunden lang sind.
Überstunden würden ausbezahlt oder man könne sich Zeitausgleich nehmen, sagt er. Und der Arbeitsrhythmus von vier Tagen Arbeit und zwei darauffolgenden freien Tagen sowie die Möglichkeit, auch während des Sommers länger Urlaub zu nehmen, lassen sich auch mit dem Familienleben gut vereinbaren. Dass seine Partnerin und Kinder so wie auch er selbst Saisonkarten für die Schmittenbahn erhalten, ist ein willkommener Mitarbeiterbonus.
Die Ruhe auf dem Berg
Der frühe Dienstbeginn zwischen 7.15 und 8.15 Uhr stört ihn nicht - ganz im Gegenteil. Wenn er so wie beim Probearbeitstag der SN-Redakteurin mit einem von zwei bei der Talstation verbliebenen Sesseln die erste Fahrt hinauf macht, und dann oben die Bahn "scharf" macht, dann genießt er vor allem die Ruhe auf dem Berg. Alle technischen Anlagen werden überprüft, die Bahn mit 57 Sesseln beschickt - zunächst einzeln, dann automatisch. Bis alles betriebsfertig ist, dauert es etwa eine Dreiviertelstunde. Wenn dann auch noch die Sonne hinter den Bergen aufgeht, dann gibt es für Markus Lechner keinen besseren Start in den Tag. "Komm, jetzt trinken wir einen Kaffee", sagt er.
Daten & Fakten
Seilbahntechniker bei der Schmittenhöhebahn
Seilbahntechniker wie Michi Wimmer und Markus Lechner führen im Sommer Revisionsarbeiten durch, Reparaturarbeiten erledigen sie selbst. "Wir haben das gelernt und wissen, was zu tun ist", sagt Michi Wimmer.
Das Einstiegsgehalt für Fachkräfte beträgt etwa 2400 Euro brutto monatlich, für Saisonkräfte ohne technische Ausbildung 2000 Euro brutto.