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Kinderbetreuung: Tatkräftige Betriebe zeigen, was möglich ist

Jammern über die Schwächen im öffentlichen Betreuungsnetz allein genügt nicht. Drei Beispiele zeigen, wie Firmen das Problem selbst in die Hand nehmen und damit in Zeiten des Personalmangels punkten.

Der Radstädter Technologiebetrieb ChargePoint hat im Firmengebäude einen Betriebskindergarten umgesetzt.
Der Radstädter Technologiebetrieb ChargePoint hat im Firmengebäude einen Betriebskindergarten umgesetzt.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in Zeiten des Personalmangels ein Schlüsselthema. Der Ausbau von flexibler Kinderbetreuung gilt als entscheidend, damit Frauen früher in den Beruf zurückkehren und mehr arbeiten. Immer mehr Betriebe greifen deshalb zur Selbsthilfe.

Schon seit zwei Jahren betreibt das Radstädter Technologieunternehmen ChargePoint auf dem Firmenareal einen Betriebskindergarten. In der alterserweiterten Gruppe können bis zu 16 Kinder betreut werden - Kleinkinder von einem bis drei Jahren inklusive. Auch Schulkindern bis 14 Jahren steht die Nachmittagsbetreuung offen. Berichtet wird von "sehr guten Erfahrungen". Der Aufwand lohne sich in Zeiten von Personalmangel jedenfalls.

Der Betriebskindergarten ist mittlerweile mit Kindern von Beschäftigten ausgelastet. Vier Elementarpädagoginnen hat ChargePoint angestellt, der Kindergarten ist ganzjährig von Montag bis Freitag (7.30 bis 17.30 Uhr) offen und - als besonderes Zuckerl - kostenlos für die Eltern.

Das Radstädter Unternehmen entwickelt Softwarelösungen für E-Ladestationen, hieß ursprünglich has.to.be und wurde im Vorjahr vom börsenotierten US-Konzern ChargePoint übernommen. Presseanfragen dürfen ohne Segen des Mutterkonzerns vor Ort nicht mehr beantwortet werden.

"Firmen können Familien das Arbeiten so stark erleichtern."
R. Paulischin-Hovdar
Beratungsstelle Beki.

Für die Beratungsstelle Betriebliche Kinderbetreuung (Beki) von AMD Salzburg ist ChargePoint ein Pionier- und Referenzkunde. Die Beratungsstelle wurde 2020 gegründet und wird von Wirtschafts- und Arbeiterkammer finanziert, um Betrieben bei der Schaffung von Betriebskindergärten zu helfen. Man sehe sich nicht als Konkurrenz, sondern Ergänzung zu öffentlichen Betreuungseinrichtungen, betont Projektleiter Rafael Paulischin-Hovdar. In Zeiten des Personalmangels werde das Thema drängender. Immer mehr Betriebe überlegten, wie sie Familien das Arbeiten erleichtern könnten. Und da sei es eine große Chance, mit einem Betriebskindergarten die Betreuungs- und Betriebszeiten zu harmonisieren.

Diese Chance hat auch Doris Aufmesser erkannt. Die Allgemeinmedizinerin, die in Radstadt auch ein Sportklinikum betreibt und rund 55 Mitarbeiter beschäftigt, war in Sachen betrieblicher Kinderbetreuung der Zeit voraus. Gerade während der Skisaison ist das Sportklinikum im Vollbetrieb und entsprechend stark ausgelastet. Dabei musste sie immer wieder erleben, dass Mitarbeiterinnen nach der Geburt eines Kindes nicht mehr in den Job zurückkehrten, weil sie keine adäquate Betreuung für die Kinder fanden. So ergriff Aufmesser die Initiative und schaffte 2017 in einem Nebengebäude des Klinikums eine Kinderbetreuungsstätte. Sie setzt dabei anders als die Radstädter Firma ChargePoint auf Tageseltern als Betreuungspersonal und hat als Betreiber das TEZ (Tageselternzentrum) Salzburg ins Boot geholt. Zwölf Kinder werden dort betreut, wobei gleichzeitig maximal vier Kinder anwesend sein dürfen. Die Öffnungszeiten variieren, im Sommer sind es weniger, im Winter hingegen mehr. Da ist von 6.45 bis 19.30 Uhr offen und zwei Tageseltern sind im Einsatz. Für Aufmesser hat sich die Investition "extrem bewährt". Es gelinge nun, gute Mitarbeiterinnen zu halten, weil sie nach der Karenz wieder in den Job zurückkehren könnten.

"Im Winter ist die Kinderbetreuung von 6.45 bis 19.30 Uhr geöffnet."
Doris Aufmesser
Ärztin.

Ein weiteres, bislang einmaliges Betreuungsprojekt bahnt sich in Zell am See den Weg. In Schüttdorf haben sich zwei Betriebe zusammengetan, um eine gemeinsame Betreuungsstätte umzusetzen. Es handelt sich um das Bau- und Gartencenter Ebster sowie die Schmittenhöhebahn, die in Sichtweite nebeneinander liegen. Geplant sind eine alterserweiterte Gruppe mit maximal 16 Kindern sowie eine Kleinkindgruppe, in der bis zu acht Ein- bis Dreijährige betreut werden. Die Stadtgemeinde Zell am See hat Unterstützung signalisiert und wird im Herbst entscheiden. Ebster-Prokuristin Marianne Wallner befindet sich auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie. Als Träger ist das Hilfswerk vorgesehen. Man sehe immer wieder, wie schwierig es für die Beschäftigte sei, eine flexible Kinderbetreuung zu finden, sagt Wallner. "Hier wollen wir unterstützen und helfen." Von Montag bis Freitag soll der Betriebskindergarten von sieben bis 18.30 Uhr geöffnet sein. Samstags ist der Vormittag vorgesehen. Einige Plätze sollen auch Externen offenstehen. "Diesen Wunsch hat die Stadtgemeinde in den Gesprächen geäußert", sagt Wallner.

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