"Die alte Dame kann in den wohlverdienten Ruhestand gehen", sagt Bernhard Buchholzer. Er spricht dabei als Betriebsleiter von "seiner" ÖBB-Werksseilbahn im Stubachtal. 72 Jahre lang wurden Mitarbeiter/-innen und Materialien zum Tauernmoossee (Mittelstation) und Weißsee transportiert. Drei Jahrzehnte davon (bis 1982) wurde die Anlage zudem als öffentliche Seilbahn von den ÖBB betrieben. Voraussichtlich am 31. August ist Schluss und sie wird zum letzten Mal fahren, selbstverständlich im Beisein von Buchholzer. "Das werde ich mir nicht nehmen lassen. Ich habe die Bahn schon als kleines Kind erlebt, weil mein Vater auch hier beschäftigt gewesen ist - und sie natürlich ins Herz geschlossen. Mir war es immer ein großes Anliegen, dass jeder am Abend gesund heimgeht." Der 45-jährige gelernte Installateur sattelt künftig ÖBB-intern um und wird als Sicherheitsfachkraft im Geschäftsbereich Energie tätig sein. Die Seilbahnanlagen werden in den kommenden Jahren schrittweise abgebaut - "und die freigewordenen Fleckerln bekommt die Natur zurück."
Obsolet wird der Seilbahnbetrieb durch ein bereits bestehendes 9,5 Kilometer langes Tunnelsystem, das im Zuge der Errichtung des Pumpspeicherkraftwerks Tauernmoos geschaffen wurde. Noch rüttelt es einen ordentlich durch, wenn man dort mit dem Auto unterwegs ist. Bald aber steigt der Komfort und die Fahrbahn wird betoniert. Künftig dient die Strecke unterhalb der Erdoberfläche nicht nur der Erreichbarkeit der Kraftwerksanlagen, sie kann auch von Einsatzkräften und zur Versorgung der Rudolfshütte genutzt werden.
Bis 2025 wird noch an dem gigantischen Gesamtprojekt Tauernmoos gebaut, die Kosten belaufen sich auf 360 Millionen Euro. Was sich bei der höchstgelegenen ÖBB-Baustelle derzeit abspielt, haben die PN per Video dokumentiert. Zuerst wurde mit der bald ausgedienten Seilbahn gefahren, dann ging es zu den imposanten Arbeiten tief in den Berg (siehe oben).
Daten & Fakten: Weißsee wird zur grünen Batterie
- Mit dem Pumpspeicherkraftwerk Tauernmoos werden die bestehenden Speicher Tauernmoossee und Weißsee verbunden, der Weißsee dient damit ab der geplanten Inbetriebnahme im Jahr 2025 als "grüne Batterie".
- Die beiden Maschinensätze in der unterirdischen Kaverne pumpen bei geringer Stromnachfrage Wasser vom Tauernmoossee in den 220 Meter höher gelegenen Weißsee. Dieser Höhenunterschied kann in Zeiten hoher Stromnachfrage genutzt werden: Das Wasser wird aus dem Weißsee wieder abgelassen und treibt die Turbinen an, um erneut Strom zu erzeugen. Je nach Bedarf steht damit grüner Strom aus Wasserkraft für den umweltfreundlichen Zugbetrieb zur Verfügung.