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Campingplatz statt Wohnblock

Wenig Geld und doch das Eigenheim im Grünen: Immer mehr ziehen auf den Campingplatz - für immer. Mancherorts entstehen richtige Dörfer, samt Gasthaus, Fernwärme und Schulbus.

Campingplatz statt Wohnblock
Campingplatz statt Wohnblock

Für Franz Pugl steht es fest. "Schöner krieg ich es nirgends. Wenn ich vor die Tür gehe, schau ich ins Grüne und ich hab meine Ruhe." Die Wohnung in Linz hat der Pensionist aufgegeben. Seit 2003 wohnt er mit seiner Frau auf dem Campingplatz. Das Häuschen auf der 300-Quadratmeter-Parzelle ist mittlerweile 65 Quadratmeter groß, Schlafzimmer, Wohnküche mit Flachbildschirm, Bad, Büro, selbst eine überdachte Terrasse hat Platz.

Das Ehepaar Pugl ist nicht allein. Was in Deutschland und Holland im Trend liegt, wird auch in Österreich zur Realität. Gerade ältere Menschen ziehen auf Campingplätze. Wohnen ist teuer, und hier ist man selbst mit wenig Geld sein eigener Herr. Mancher zieht da das Mobile Home dem Wohnblock vor. "Hier hab ich meine zwei Katzen und kann Blumen pflanzen", sagt Anna Klug. Die Wohnung in Linz stehe, seit sie und ihr Mann in Pension seien, eigentlich leer. Der Wohnwagen ist von der Parzelle verschwunden, in dem 48 m2 großen, selbst errichteten Häuschen hat alles Platz. 120 Hauptwohnsitze sind allein beim Almtal Camp in Pettenbach gemeldet. Der ehemalige Bauernhof, der 1975 zum Campingplatz umsattelte, ist mittlerweile zu einer Art Dorf geworden: Kreisverkehr bei der Einfahrt, Schwimmbad, Gasthaus, selbst Fernwärme hat man - dahinter Wohnwagen, Mobile Homes und kleine Häuser. "Bei uns ist alles möglich", sagt Seniorchef Florian Herndler.

Entsprechend bunt ist die Kundenschicht. Ulrich Stephan ist ursprünglich mit seinem Wohnwagen hier gelandet. Der gebürtige Deutsche war in Österreich auf Montage. Mittlerweile hat er geheiratet, ein Kind bekommen - und ausgebaut. Der Kinderwagen mit der einjährigen Tochter steht vor dem Fertigteilhaus in der Sonne. "Die Rechnung ist simpel: Was ich anderswo in sechs Jahren an Miete zahle, für das kann ich mir hier ein kleines Haus leisten."

1070 Euro Pacht zahlt man für die 200-m2-Parzelle im Jahr. Wer doppelt so viel wolle, zahle eben das Doppelte, sagt Herndler. Wohnwagen, Mobile Home oder Haus muss jeder selbst hinstellen. Leopold Grandl vom Camping Paradise Garden in Kaumberg im Wienerwald setzt auf ein ähnliches Konzept. 15 Hauptwohnsitze zählt man hier, mehr als 30 Leute leben auf dem Platz, darunter fünf Kinder. "Wir haben einen Spielplatz und die Kleinen gehen gern mit mir in den Stall", erzählt Grandl, der auch Schafbauer ist. Ein Schulbus holt die Kinder am Morgen ab. Platz bieten die winterfesten Mobile Homes, die Grandl fix und fertig anbietet, genug: Schlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnküche sowie Bad und Toilette sind Standard. 40.000 Euro kostet ein komplett eingerichtetes neues Mobile Home mit 35 m2 Wohnfläche samt Gas- und Kanalanschluss, gebrauchte sind billiger. Dazu kommt die monatliche Pacht pro Parzelle. Strom, Wasser und Gas inklusive, macht das, wenn man im Winter heizt, 120 bis 150 Euro im Monat.

Grundsätzlich sei es kein Problem, seinen Hauptwohnsitz auf einem Campingplatz anzumelden, heißt es beim Salzburger Meldeamt. Unstrittig ist der Trend dennoch nicht. Nicht nur in den Gemeinden - schließlich sind Campingplätze als Freizeitanlagen gewidmet und nicht als Bauland -, auch unter Campingbetreibern. "Leute, die dort wohnen, und touristische Nutzung verträgt sich schlecht", sagt Erwin Oberascher, Chef des Online-Campingportals Camping.info. "Überspitzt gesagt fürchten viele Platzbetreiber, dass Slums entstehen könnten, ähnlich wie die Trailer Parks in den USA." Wirklich durchsetzen werde sich der Trend im Tourismusland Österreich kaum, meint Oberascher. "Für Campingplätze, bei denen touristische Nutzung unrentabel ist, ist es aber eine Alternative."

Für Pensionist Pugl gibt es zu seinem Campingplatz keine Alternative. "Ich geh hier nicht mehr weg. Irgendwann können sie mich wegtragen, mit den Füßen voran."

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