Was haben Schauspielerin und Oscarpreisträgerin Geena Davis (unter anderem "Thelma & Louise") und Kopfrechen-Weltmeister Gert Mittring (er hat aus einer 100.001-stelligen Zahl in 23,96 Sekunden die 11.111. Wurzel gezogen) gemeinsam? Sie gehören beide zu den top zwei Prozent der Menschheit in Sachen Intelligenz - und sie sind beide Mitglieder jener Organisation, die diesen Menschen ein befruchtendes Umfeld bietet: Mensa (siehe auch Kasten links).
Wie auch diese Beispiele zeigen, haben Mensianer im Wesentlichen nur eines gemeinsam: hohe Intelligenz, nachgewiesen in einschlägigen Tests. "Das ist keine einfache Sache", kommentiert Gerald Schmid, Vorsitzender von Mensa Österreich. "Denn es gibt weltweit zahlreiche Tests und keiner ist ganz präzise." Eine weitgehende Annäherung sei dennoch möglich, zudem werde bei Mensa immer mit gleichem Maß bei allen gemessen, also sei Vergleichbarkeit zumindest in der eigenen Mensa-Organisation gegeben. In Österreich ist die Messlatte ein Mittelwert von 100 beim Intelligenzquotienten (IQ) plus mindestens zwei Standardabweichungen darüber, ergibt also 130 plus.
Schmid schätzt generell gemischte Tests, die Intelligenz breit erfassen, sieht aber auch Vorteile bei sogenannten reinen Matrizentests, die etwa sprachliche Kompetenz nicht zur Vorbedingung haben und das Ergebnis entsprechend nicht verzerren. Umstritten ist für Schmid, dass Intelligenz oft als unveränderlicher Faktor, als Persönlichkeitseigenschaft definiert wird - es aber sehr wohl im Laufe des Lebens Veränderungen geben kann, etwa im Positiven vorwiegend bis zum Erwachsenenalter, im Negativen in der reiferen Phase ab Anfang 50.
Aber wie sind sie nun, die Mensianer, die intelligentesten zwei Prozent im Lande? "Ganz unterschiedlich", sagt Gerald Schmid. Bezogen auf die Bildung sind sie beispielsweise Hauptschüler, Maturanten, Studienabbrecher oder Menschen mit mehreren Doktoraten. Auch in puncto Karriere sei die ganze Bandbreite anzutreffen: "Es gibt Mensianer, die von der Wohlfahrt leben, und solche, die Millionäre sind."
Einige Gemeinsamkeiten ließen sich dennoch ableiten, sagt Schmid. "Die meisten Mensianer sind Spezialisten auf einem Gebiet - sie interessieren sich für Zusammenhänge, wollen in die Tiefe, nirgends an der Oberfläche bleiben. Das wiederum macht viele auch zu Generalisten, da sie sich oft für eine Palette an Dinge interessieren und es aufgrund ihrer Fähigkeiten auch dort schaffen, tiefer in die Materie einzutauchen. Auch wenn der Begriff des Universalgelehrten heute etwas in Vergessenheit geraten ist - viele Mensianer haben das zum Ziel."
Spezialisten sind die Mensianer in verschiedensten Bereichen, vielfach aber dort, wo bloßes Lernen von Fakten und Formeln noch nicht zur Exzellenz führt - sondern das integrative Zusammenführen von umfassendem Wissen und komplexen Fähigkeiten. "Relativ häufig sind deshalb die Bereiche Mathematik und Informatik sowie technische Wissenschaften", sagt Schmid.
Stellt sich natürlich die Frage, wie so viele intelligente Menschen in einer Organisation gut miteinander auskommen - wenn alle viel wissen und viel zu sagen haben? "Na ja, manche sind schon recht von sich selbst überzeugt", schmunzelt Schmid, "aber ganz einfach deshalb, weil sie auch oft recht haben oder ihre Meinung besser fundieren können. Das heißt aber nicht, dass Mensianer deshalb eingebildeter sind." Es gebe außerdem auch viele "leise" Mensianer.
Das generelle Vorurteil, dass Menschen mit hohem IQ oft sozial Schwierigkeiten haben, lässt Schmid so nicht gelten - räumt aber ein, dass mit der Intelligenz auch manche soziale Probleme auftreten, "wahrscheinlich etwas mehr als in der Durchschnittsbevölkerung". Das plakativste Beispiel seien "Wunderkinder", denen in der Schule oft fad ist, weil sie viel schneller als andere sind - damit aber oft sozial isoliert sind, nicht aufpassen oder leichter abgelenkt sind. Manche würden auch zu unrecht zu "Strebern" abgestempelt, obwohl sie das eben gerade nicht seien, sondern viel mehr "Schnellchecker".
Auch wenn damit am Ende trotz hoher Intelligenz unterschiedliche Bildungsniveaus stehen, gibt es laut Schmid eine gewisse Korrelation zwischen Intelligenz und Bildung: Bei aller Breite sei der Anteil der Akademiker etwas höher als in der Gesamtbevölkerung. "Wir haben deshalb aber nicht lauter Uni-Professoren in unseren Reihen", betont der Mensa-Vorsitzende. "Von den 670 Mitgliedern sind das nur eine Handvoll. Was man sagen kann, ist lediglich, dass das Bildungsniveau der Mensianer insgesamt etwas höher liegt."
Das bedeute aber in puncto Karriere wiederum nicht, dass Mensianer erfolgreicher seien als andere Menschen. Zum einen könnten dem Erfolg auch hier soziale Aspekte im Weg stehen. Schmid: "Es kann zum Beispiel sehr schwer sein, von jemandem, der für den Mensianer klar erkennbar oft falsche Entscheidungen trifft und durchsetzt, langfristig und ohne echte Diskussionsmöglichkeit Befehle entgegennehmen zu müssen. Aber es gilt nun einmal in Österreich: Hierarchie schlägt Hirn." Zum anderen entschieden über Karriereschritte oft andere Faktoren als Intelligenz. "Wenngleich es Firmen gibt, die den Faktor zum Beispiel bei internem Aufstieg miteinbeziehen." Dies sei aber ebenfalls nicht unkritisch, wie Schmid selbst einräumt: "Wenn jemand intelligenter ist, muss er den Job noch nicht besser machen."
Insgesamt werde Intelligenz in Österreich nicht genug gewürdigt, bedauert Schmid, und verweist auf gerade einmal drei Modellschulen, in denen Hochbegabte speziell unterrichtet würden. "Es ist viel Geld im System, um Schwächen auszumerzen, aber so gut wie keines, um Stärken zu stärken. Dies muss künftig mehr getan werden, will man die Potenziale wirklich nutzen." Schmid nennt hier auch die in Österreich besonders starke Vererbung von Bildung und Status - was auch bedeute, dass viel Potenzial ungenutzt bleibe. Glücklicherweise eröffneten zumindest die Hochschulen danach die Möglichkeit, sich zu spezialisieren und seine Stärken zu stärken - "wenn jemand im System so weit kommt".
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