Auch kleine Betriebe müssen ihr Unternehmen strategisch aufbauen und weiterentwickeln, wenn sie erfolgreich auf dem Markt bestehen möchten. Allerdings nehmen sich Kleinstunternehmer nur selten die Zeit für diese wichtige unternehmerische Aufgabe. Sabine Lehner von der Markenwerkstatt in Salzburg kennt die wichtigsten Problemfelder.
SN: Womit haben EPU und Kleinstunternehmen beim Start zu kämpfen, außer mit den finanziellen Problemen?
Lehner: Das erste und größte Problem ist es, die potenziellen Kunden zu finden und zu erreichen. Allerdings werden Kunden in der heutigen Zeit von Informationen überflutet und können aus einem Überangebot wählen. Unternehmer müssen Kunden daher die Frage abnehmen, warum sie gerade bei ihnen "kaufen" sollen. Hier fehlen in der Regel die überzeugenden Nutzenargumente und Formulierungen.
SN: Wie kann man eine "Marke" als EPU ohne entsprechenden Werbedruck aufbauen?
Lehner: Eine Marke aufzubauen und zu führen hat weniger mit Werbedruck als mit Strategie und authentischer, konsequenter Umsetzung zu tun. Eine Marke zu sein ist Energiearbeit nach innen und nach außen. Das Wesen einer Marke ist es, sich seiner Identität, seiner Stärken und Besonderheiten im Klaren zu sein und darauf aufbauend gezielt Umsetzungsstrategien zu entwickeln. Ein klares Markenprofil erleichtert mir die Entscheidungsfindung und Entwicklung von Ideen auf allen Ebenen meines Unternehmens. Ich muss mir im Vorfeld "nur" ein paar wichtige Fragen stellen, um meine Marke definieren oder schärfen zu können.
SN: Der Gründer ist die Strategie! Wozu auch noch ein eigenes Strategiekonzept?
Lehner: Der Gründer ist weniger die Strategie als der Motor und Energieträger! Das strategische Konzept muss erst entwickelt werden, das vernachlässigen viele auch aus der Ungeduld heraus, endlich auf dem Markt präsent sein zu wollen. Das Strategiekonzept beschreibt den Weg, der zum gewünschten Ziel führt, mit den aufeinander abgestimmten Maßnahmen und der kommunikativen Rahmenbegleitung. Es ist daher meine "Guideline" durch den Unternehmensentwicklungsprozess.
SN: Über welche strategischen Fragen sollte sich ein EPU Gedanken machen?
Lehner: Was möchte ich mit dem, was ich hier tue, erreichen? Wofür stehe ich? Was unterscheidet mich von anderen Angeboten? Was haben die Kunden davon, meine Leistung einzukaufen? Das sind vier Basisfragen, die es zu klären gilt. Aus den Antworten dazu lassen sich die Charakteristik und das Profil des Unternehmens ableiten.
SN: Was sollte man bedenken, bevor man den Schritt in die Selbstständigkeit wagt?
Lehner: Das kommt darauf an, in welcher Konstellation man gründet: Allein als EPU oder in einem Team? In beiden Fällen muss man bereit sein, sehr viel Zeit zu investieren und selbstorganisiert arbeiten können. In der Aufbauphase braucht man auch einen finanziellen Polster. Bei Teamgründungen ist es besonders wichtig, die Klarheit der Ausrichtung des Unternehmens untereinander zu klären. Alles, was in der Anfangsphase unter den Geschäftspartnern nicht gut ausgesprochen und ausdiskutiert wurde, kann zu einem späteren Zeitpunkt teuer werden.
SN: In welchen Abständen sollte die eigene Strategie geprüft bzw. angepasst werden?
Lehner: Strategien werden mittelfristig angelegt, über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Am Start frage ich: "Was möchte ich in fünf Jahren erreicht haben?" Nach fünf Jahren evaluiert man. Durch die Schnelllebigkeit unserer Zeit verkürzen sich diese Fristen aber ein wenig. Wichtig dabei ist es, sich nicht vom Alltagsgeschäft "hineinziehen" zu lassen, sondern auch hier visionären Zukunftsplanung zu betreiben. Im Gegensatz zur Strategie ist die Marke selbst langfristig definiert. Sie bildet die klare, sichere Homebase, von der aus die strategischen Überlegungen "weg gedacht" werden.
SN: Alle reden vom Businessplan. Braucht man ihn wirklich oder ist das nur ein Zugeständnis an die Banken?
Lehner: Einen Businessplan zu verfassen ist eine sehr sinnvolle und hilfreiche Arbeit. Ich bin durch das Ausformulieren gefordert, mir die Auswirkungen und Abhängigkeiten bewusst zu machen. Beim Schreiben könnte mir klar werden, dass meine Geschäftsidee - in der bisher gedachten Form - keinen Sinn macht. Das könnte mir viel Zeit und Geld sparen. Andererseits entstehen beim Schreiben oft auch neue, zusätzliche Ideen. Leider werden viele Businesspläne aber nicht aus Eigeninteresse geschrieben, sondern nur, weil die Bank das fordert, sie versanden dann in Schubladen. Das ist vertanes Potenzial und schade um die Zeit und den Aufwand.
SN: Ein EPU macht alles selbst. Gibt es eine Prioritätenliste, nach der man arbeiten soll?
Lehner: Ja, man muss sich die Aufgaben gut einteilen und Prioritäten setzen. Man neigt dazu, das, was einem mehr liegt und Spaß macht, sehr intensiv zu tun und andere To Dos zu vernachlässigen. Das kann fatal sein und erfordert ein gutes Selbstmanagement. Wichtig ist es zu erkennen, welche Tätigkeiten zur Erreichung der Ziele beitragen und was nur "nettes Beiwerk" ist. Und dann ist es auch sinnvoll zu schauen, ob man wirklich alles selbst machen muss oder etwas auslagern kann. Und, ganz wichtig: Auch die strategische Arbeit muss als unternehmerische Aufgabe angesehen werden, die regelmäßig gemacht und eingeplant gehört! Denn hier liegt das Erfolgsgeheimnis für einen langfristigen Geschäftserfolg.