Die Behörden Luxemburgs hätten teils äußerst komplizierte Finanzstrukturen genehmigt, mit deren Hilfe manche Unternehmen auf Gewinne teilweise weniger als ein Prozent Steuern gezahlt hätten.
Dies berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Donnerstag unter Berufung auf eine Auswertung von rund 28.000 Seiten geheimer Dokumente. Die geheimen Dokumente sind unter dem Namen "Luxemburg Leaks" veröffentlicht worden. Die Strukturen habe eine Unternehmensberatung im Auftrag der Firmen entwickelt.
Die Dokumente zeigten, wie zahlreiche Unternehmen, darunter auch Konzerne mit Bezug zu Österreich, von dem System profitiert hätten, hieß es weiter. Konzerne wie Amazon, Pepsi, Eon und FedEx hätten sich dadurch Steuern gespart. Die Dokumente wurden auf der Website des "Internationalen Konsortiums der Investigativjournalisten" veröffentlicht. Eon und Fresenius Medical Care haben in einem Statement den Vorwurf geheimer Praktiken zurückgewiesen.
"3" und Signa aus Österreich in KritikAus Österreich sei die Hutchison-Gruppe davon betroffen. Der Mobilfunkanbieter "3" gehört zu diesem Konzern. Zudem habe Doughty Hanson & Co, die zu 80 Prozent an Auto-Teile-Unger (A.T.U.) beteiligt sind, in Luxemburg Steuern gespart. René Benkos Immobiliengesellschaft Signa mit Sitz in Wien sei ebenfalls in "Luxemburg Leaks" verwickelt. Sie hat unlängst die Handelskette Karstadt gekauft. Weitere Unternehmen mit Bezug zu Österreich sind Belfor Sanierungen, Nordson Präzisionstechnologie und die Olayan Investment Company Establishment, deren Crescent Holding in Wien ihren Sitz hat.
Den Berichten zufolge legten die Konzerne den luxemburgischen Behörden vorab ihre Steuerpläne vor. Demnach wurden diese in sogenannten "rulings" fast immer genehmigt. Der US-Steuerexperte Richard Pomp sagte dem ICIJ, Luxemburg habe eine "sehr nutzerfreundliche Steuerbehörde". Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb von teils "absurden Steuervermeidungskonstruktionen mit Steuersätzen von bisweilen weniger als einem Prozent", die den Nachbarn "gigantische" Verluste beschert hätten.
Modelle sind in Luxemburg legal Nach dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" wurden zum Beispiel über Niederlassungen in Luxemburg firmeninterne Kredite vergeben, wodurch sich die Steuerlast in anderen Staaten verringert habe. Zudem seien auch Fondsgesellschaften gegründet worden, die so konstruiert gewesen seien, dass bei Immobilienprojekten in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Österreich, kaum Steuern angefallen seien. Mehrere Unternehmen erklärten demnach, sich an sämtliche Gesetze zu halten.
Die "SZ" verwies in ihrem Bericht darauf, dass Steuersparmodelle für Konzerne in Luxemburg legal seien. Allerdings ermittle die Europäische Kommission in zwei Fällen, ob die Entscheidungen der Luxemburger Behörden gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstießen, weil den Konzernen unfaire Vorteile eingeräumt würden. Einer dieser Fälle ist Amazon.
EU-Sanktionen gegen Luxemburg?Die vom Luxemburger Jean-Claude Juncker geführte EU-Kommission ist zu einer Bestrafung Luxemburgs bereit, falls das Land mit seinen Steuerpraktiken EU-Regeln gebrochen hat. Es liefen bereits Ermittlungen zu den Steuernachlässen für Unternehmen in Luxemburg, sagte Kommissionssprecher Margaritis Schinas am Donnerstag in Brüssel: "Wenn die Entscheidung negativ ist, wird Luxemburg Korrekturen vornehmen müssen." Aus den Reihen der Grünen werden indes Rücktrittsaufforderungen an den EU-Kommissionspräsidenten Juncker laut. Während Juncker Premierminister von Luxemburg war, ist der Staat zum zweitgrößten Investment-Zentrum der Welt nach den USA geworden. "Jean-Claude Juncker ist nach einer Woche im Amt schon rücktrittsreif", erklärte etwa der österreichische EU-Abgeordnete Michel Reimon zu den Ergebnissen der Untersuchung des "International Consortium of Investigative Journalists".
Der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat nach Angaben eines Sprechers der Brüsseler Behörde "gelassen und cool" auf die in den Medien kolportierten Vorwürfen von Steuerfluchtmodellen Luxemburgs während seiner Zeit als Premierminister reagiert. Der Sprecher erklärte am Donnerstag in Brüssel, es handle sich nur um einen "typischen Staatsbeihilfen-Fall"