Sie arbeiten als Landwirt, Weinbauer, Wirt, Zimmervermieter, Sicherheitsbediensteter, Autor, Lehrbeauftragter, Gutachter oder haben zusätzlich eine eigene Facharztpraxis. Beamte, Angestellte von Bund und Ländern, sind vielbeschäftigte Personen. Offiziell geht rund jeder zehnte Polizist, Spitalsarzt oder Heeresbedienstete nach Dienstschluss einer zweiten Beschäftigung nach. Das dürfen sie auch. Das Gesetz schreibt ihnen nur vor, dass öffentlich Bedienstete eine Nebenbeschäftigung melden müssen, verbieten kann die Behörde eine Tätigkeit nur, wenn dadurch Dienstpflichten verletzt werden könnten.
Eine parlamentarische Anfrage von Neos-Nationalrat Nikolaus Scherak beantwortete nunmehr Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): "Zum Stichtag 1. Dezember 2014 üben in meinem Ressort 2990 Beamtinnen und Beamte eine Nebenbeschäftigung aus." Von insgesamt 32.000 Bediensteten, die im Innenministerium arbeiten. Ähnlich ist die Situation beim Bundesheer, wo von 22.000 Mitarbeitern rund 2000 eine Nebenbeschäftigung gemeldet haben.
196 Polizisten übten ihre Nebenbeschäftigung bei einem privaten Sicherheitsunternehmen aus, kritisiert Scherak. "Der Staat lagert immer mehr Aufträge an Wachdienste aus, die wiederum viele Polizisten beschäftigen. Da muss man sich fragen, wofür diese zuvor eine Ausbildung im öffentlichen Dienst erhalten."
Wieso gehen so viele Bedienstete von Bund und Ländern einem Nebenjob nach? Sind sie zu wenig ausgelastet oder verdienen sie in ihrem Brotberuf nicht genug? Die Nebenbeschäftigungen sind in den vergangenen fünf Jahren mehr geworden. Hermann Greylinger, Chef der Polizeigewerkschaft, prognostiziert ein weiteres Ansteigen, sollten die Einsparungen weitergehen. "Weniger Zulagen, mehr Nebenjobs", lautet seine Rechnung. Durch Einschnitte bei den Überstunden hätten die Polizisten Einbußen von 20 bis 25 Prozent erlitten. Greylinger spricht sich dennoch vehement gegen zusätzliche Jobs aus. "Wir kämpfen um Erholungszeiten und Ausgleiche für Nachtdienste. Nebenbeschäftigungen sind nicht im Sinne des Erfinders", sagt Greylinger. "Es ist kontraproduktiv, wenn die Leute zu viel arbeiten. Der Polizeidienst ist anstrengend genug."
Auch die meisten Spitalsärzte seien ausgelastet, betont Ärztekammer-Vizepräsident Thomas Szekeres. Deshalb habe nur jeder fünfte Spitalsarzt in Wien und in Salzburg eine Ordination angemeldet. Die meisten davon seien kleine Ein-Mann-Praxen. "Die Hälfte davon sagt, das aus Spaß zu machen, die andere, weil sie damit Geld dazuverdienen will", sagt Szekeres.
In jedem Fall müssen auch Spitalsärzte ihre Nebentätigkeiten melden, manchmal sogar bewilligen lassen. Die Regelungen dafür variieren von Bundesland zu Bundesland und von Spitalserhalter zu Spitalserhalter. Deshalb gibt es keine gesammelte Aufstellung darüber, wie viele Ärzte in Österreich einem Nebenjob nachgehen. Für alle gilt: Mehr als ein paar Stunden pro Woche darf die Nebentätigkeit nicht ausmachen. Die Salzburger Landeskliniken schreiben eine Höchstgrenze von fünf Stunden pro Woche vor. Im AKH Wien sind allen Ärzten Nebenjobs im Umfang von zehn Stunden in der Woche erlaubt. "Mehr schafft man neben der Arbeit im Spital sowieso nicht", betont Harald Mayer, ebenfalls Ärztekammer-Vizepräsident und Chef der angestellten Ärzte.
Auch bei den Lehrern gibt es viele, die nebenher als Coach, Ausbildner, Berater, IT-Experte oder als Musiker in Orchestern tätig sind. Paul Kimberger, Chef der Lehrergewerkschaft, hat Verständnis für sie. "Der Job als Lehrer ist ganz schön anstrengend. Speziell ältere Lehrer entschließen sich im Alter immer öfter, Teilzeit zu unterrichten", sagt er. Ein Drittel aller 125.000 Lehrer arbeitet mittlerweile Teilzeit, Tendenz steigend. 2500 Köpfe arbeiten überhaupt in der Verwaltung, stehen also haupt- und nicht nur nebenberuflich gar nicht in den Klassen. "Mir ist noch lieber, dass Lehrer an den Schalthebeln sitzen als irgendwelche Verwaltungsbeamte", sagt Kimberger.
Die Dunkelziffer bei Nebenjobs dürfte hoch sein: Allein 10.000 Unteroffiziere beim Bundesheer haben ein Handwerk erlernt. Insidern zufolge verdienen sich viele Polizisten privat etwas dazu, ohne ihre Tätigkeit dem Arbeitgeber bekannt zu geben. Dasselbe gilt für den Nachhilfeunterricht von Lehrern.