Im Jahr bevor Ada Hegerberg zur Weltfußballerin gewählt wurde, war sie aus ihrem Nationalteam zurückgetreten. 2017. Im Streit mit dem norwegischen Verband - es ging um die Bezahlung und Wertschätzung der Frauenauswahl. Bei der Europameisterschaft in England ist die 26 Jahre alte Stürmerin nun wieder dabei.
Norwegen hat als erster Fußballverband der Welt seine Zahlungen für die männliche und die weibliche Nationalmannschaft längst angeglichen, dafür verzichteten die Kicker sogar auf einen Teil ihrer Prämien. Und Hegerberg steht nach Gesprächen mit Verbandspräsidentin Lise Klaveness wieder im Kader.
UEFA: "Preisgelder bei Frauen haben sich verdoppelt"
Bei den anderen EM-Teilnehmern ziehen nun immer mehr Verbände nach. In der Schweiz zum Beispiel sollen die Erfolgsprämien bis 2024 zu 100 Prozent angeglichen werden. Auch beim spanischen Verband und bei Europameister Niederlande gab es entsprechende Ankündigungen.
Die englische Football Association (FA) zahlt Frauen- und Männerteams die gleiche Antritts- und Siegprämie - nicht aber bei großen Turnieren, weil dort von den internationalen Verbänden bei den Männern ungleich mehr Geld ausgeschüttet wird. Vor dem EM-Auftakt warb UEFA-Abteilungsleiterin Nadine Keßler um Verständnis dafür, dass die Preisgelder bei Frauen deutlich geringer sind. "Natürlich darf man die Meinung haben, dass es nicht genug ist", sagte sie. "Der Betrag hat sich verdoppelt. Aber die Leute müssen auch die gesamte Situation dieses Turniers fair beurteilen."
Schließlich werde die UEFA mit diesem Turnier einen deutlichen finanziellen Verlust machen. Der europäische Dachverband bezahlt den Frauen insgesamt 16 Millionen Euro an Prämien - doppelt so viel wie 2017 in den Niederlanden. Bei den Männern waren es zuletzt über 330 Millionen. Von den 16 Teams in England erhält jedes ein Startgeld von 600.000 Euro, der Europameister kann am Ende bestenfalls knapp 2,1 Millionen einspielen.
"Es ist nicht möglich, dass Frauen für Titel 400.000 Euro bekommen"
Die deutschen Männer hätten bei einem EM-Triumph im vergangenen Jahr jeweils 400.000 Euro bekommen. Die DFB-Frauen würden je 60.000 Euro einstreifen, falls sie Ende Juli im Wembley-Stadion den Pokal in die Höhe stemmen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist zufrieden damit: "Es ist nicht möglich, dass die Frauen für einen Titel 400.000 Euro bekommen. Das kann sich kein Verband in Europa leisten, solange der Männerfußball die Sportart Nummer eins ist, die alles andere überstrahlt." Die Bundestrainerin wünscht sich ein Grundgehalt für alle Bundesliga-Spielerinnen, damit diese nicht nebenher arbeiten gehen müssen.
Der ÖFB nimmt viel Geld in die Hand, um der Auswahl von Teamchefin Irene Fuhrmann optimale Bedingungen zu bieten. Die Kosten für das Turnier belaufen sich laut ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold auf einen siebenstelligen Betrag. "Unter dem Strich bleibt ein Defizit. Das ist kein Wehklagen, sondern ein Faktum", erklärte Neuhold vor dem Turnier. "Auch wenn kein Geld übrig bleibt, wollen wir als Zeichen der Wertschätzung Prämien ausbezahlen", betonte Neuhold - und zwar "wesentlich höhere" als bei der EM 2017.
ÖFB-Trainerin Fuhrmann: "Abstand wird noch lange groß bleiben"
Mit den Ausschüttungen an die ÖFB-Männer sind die Summen weiterhin nicht vergleichbar. Zumindest denselben Prozentsatz der Einnahmen auszubezahlen, wie es etwa aus Spanien kolportiert wurde, habe laut Neuhold keinen Sinn, weil nach Abzug aller Kosten kein Nettoerlös bestehen bliebe. "Es gibt keinen Kuchen aufzuteilen", erklärte der Geschäftsführer. "Bei den Männern gibt es diesen Kuchen."
Teamchefin Irene Fuhrmann gab sich zu dem Thema sachlich: "Es ist natürlich das Ziel, dass es sich angleicht", sagte sie. "Aber wir müssen schon realistisch sein, wenn wir die Leute nicht ins Stadion bringen - oder solange die UEFA unterschiedliche Prämien ausschüttet. Der Abstand wird immer noch sehr lange sehr groß bleiben."