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Ruttensteiner: "Mateschitz hat eine andere Dimension geschaffen"

Der frühere ÖFB-Sportdirektor und künftige FIFA-Instruktor spricht über lukrative Angebote, sein Verhältnis zu Nachfolger Peter Schöttel und Red Bull Salzburg als internationales Vorbild.

Zurück im Geschäft ist Willi Ruttensteiner.
Zurück im Geschäft ist Willi Ruttensteiner.

Ein Job als FIFA-Instruktor, eine eigene Beratungsfirma mit ÖFB-Star David Alaba als einem der ersten Klienten - Willi Ruttensteiner meldet sich fünf Monate nach seinem turbulenten Abgang als ÖFB-Sportdirektor zurück. Am Rande der Servus-TV-Sendung "Sport und Talk im Hangar-7" sprach er mit den "Salzburger Nachrichten".

Herr Ruttensteiner, war es schwer, die Länderspiele Österreichs nach Ihrem Abgang nun als Außenstehender zu betrachten? Ruttensteiner: Vom analytischen Betrachten kommt man nicht so rasch weg. Ich war begeistert, wie das Team gegen Slowenien das 3-4-3-System interpretiert und umgesetzt hat. Das habe ich Franco Foda auch geschrieben. Ich weiß, dass man so etwas in Theorie und Praxis gut vorbereiten muss, sonst ist das nicht möglich. Gegen Moldawien, als ich unmittelbar davor gekündigt wurde, war es echt bitter. Gegen Uruguay war es schon leichter, gegen Slowenien war ich extrem entspannt, interessiert und habe mich sehr über den Sieg und die Leistung gefreut.

Ist David Alaba nun in der Rolle angekommen, die ihm am besten passt? Ich glaube, dass er auch im zentralen Mittelfeld hervorragend spielen kann. Er hat bei der EURO und danach eine schwierige Phase durchgemacht, konnte seine Leistung auch deshalb nicht bringen, weil er von der einen oder anderen Verletzung geplagt war, die er nicht öffentlich gemacht hat. Jetzt ist er wieder fit und zum Führungsspieler bei Bayern und im Nationalteam gereift. Die Positionsdebatte ist meiner Meinung nach maßlos übertrieben. Ich denke, dass er überall, wo es der Trainer will, sehr gut spielen kann.

Wie muss man sich Ihre künftige Arbeit für die FIFA vorstellen? Die ersten Seminare werden jetzt in Südafrika (Johannesburg) und in der der Karibik sein. Es geht dabei um eine Consulting-Tätigkeit für Nationalverbände bzw. um Schulungen von Sportdirektoren von mehreren Nationen. Seminarinhalte sind die Erarbeitung einer nationalen Philosophie, eines Coaching-Konzeptes, einer Spielphilosophie oder auch Themen wie Leadership. Der mir vorliegende Vertrag läuft vom 1. Mai bis Ende April 2019. Ich muss schauen, wie mir das gefällt, wenn ich beinahe jeden Monat einmal in Übersee bin.

Reizt es Sie, auch noch einmal als Trainer zu arbeiten? Absolut. Ob als Trainer oder auch als Sportdirektor in einem Klub oder Nationalverband zu arbeiten, das ist mein vorrangiges Ziel. Aber nur dann, wenn ein wirklich interessantes Angebot am Tisch liegt. Es hat ein sehr lukratives Angebot von Al-Ahly aus Katar gegeben. Das habe ich aber aus sportlichen Gründen abgelehnt. Gespräche gab es in den vergangenen Monaten immer wieder. Ich glaube, dass ich beim ÖFB etwas sehr Wertvolles gemacht habe, und ich habe in der Zukunft die Möglichkeit, etwas sehr Interessantes für die FIFA anzugehen. Das ist nicht irgendetwas nur des Geldes wegen, sondern eine große Herausforderung. Sollte ich aber in Top-Fußballnationen wie Deutschland, Frankreich, England, Italien oder auch Spanien arbeiten dürfen, dann möchte ich das machen. Es gab das eine oder andere Gespräch, aber noch nicht mehr.

Wie würde eine Begegnung mit einem anderen österreichischen Vielreisenden in Sachen Fußball, Herbert Hübel, ablaufen (Anm.: Der Salzburger Landespräsident gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die Ablöse Ruttensteiners beim ÖFB)? Ich würde ihn natürlich grüßen und mich mit ihm unterhalten. Man darf doch nicht vergessen, es gab auch Phasen, in denen wir zum Wohle des österreichischen Fußballs gut zusammengearbeitet haben. Dass er das am Ende nicht goutiert hat, das alles ist vorbei. Ich bin weder beleidigt noch weine ich meinem Job nach, ich blicke in die Zukunft. Freunde werden wir wahrscheinlich keine mehr.

Könnte es auch sein, dass der ÖFB Sie einmal um Rat fragt und Sie dann kommen Ich war für ein UEFA-Seminar in England im Jänner als Instruktor nominiert. Da auch eine österreichische Delegation dabei war, habe ich die UEFA gebeten, einen anderen Instruktor zu benennen. Ich habe ja in Österreich 18 Jahre geprägt, daher war das kein Thema für mich und auch nicht gut. Ich habe nach wie vor zu ÖFB-Mitarbeiter/innen, mit denen ich gearbeitet habe, gute Kontakte.

..auch mit Peter Schöttel, Ihrem Nachfolger? Zu Peter Schöttel habe ich überhaupt keinen Kontakt. Ich habe ihn zum ÖFB geholt (Anm.: als U19-Teamchef). Er wurde dann Sportdirektor, und ich gekündigt. Dafür kann er nichts! Er hat mich weder angerufen noch mir alles Gute für meine berufliche Zukunft gewünscht. So ist die Situation.

In welche Richtung entwickelt sich der österreichische Fußball? Ich möchte die Arbeit, die jetzt passiert, nicht kommentieren. Aber eines ist extrem wichtig: Wir müssen keinesfalls, wie es jetzt auch geheißen hat, Defizite im körperlichen Bereich aufholen. Wir dürfen nicht weggehen vom Ausbilden kreativer, technisch-taktisch starker Spieler. Man muss auf integriertes Fußballtraining Wert legen, bei dem die Fitness mittrainiert wird, nicht primär auf Athletiktraining setzen. Das wäre ein eklatanter Rückschritt. In der Akademie von Red Bull Salzburg beispielsweise wird eine Riesenarbeit geleistet. Der Sieg in der Youth League war eine Riesenwerbung für Österreich. Diesen Weg sollte man fortsetzen.

Halten Sie es für möglich, dass Trainer Marco Rose auch in der Europa League den Titel holt? Das ist schwierig. Aber wer Dortmund ausschaltet, kann sich auch Siege gegen die verbleibenden Gegner zutrauen, keine Frage. Die psychologische Qualität des Marco Rose, wie er mit dem Erfolg umgeht, verdient größten Respekt. Ich wünsche ihm natürlich alles erdenklich Gute.

Was fällt von der guten Arbeit in Salzburg für den österreichischen Fußball ab? Sehr, sehr viel! Wahnsinnig gute Werbung für den österreichischen Fußball. Was sie im Scouting aufgebaut haben, ist Extraklasse. Natürlich wünsche ich mir, dass viele Österreicher in der ersten Mannschaft spielen. Man darf aber nicht übersehen, wer jetzt schon herausgekommen ist, von Marcel Sabitzer, Conny Laimer, Stefan Lainer, Andi Ulmer, Xaver Schlager, Hannes Wolf über Valentino Lazaro bis Stefan Ilsanker, das sind unglaubliche Entwicklungen und auch Erfolge. Dietrich Mateschitz hat etwas gemacht, was in Österreich wenige abschätzen können. Er hat eine andere Dimension in der Spielerentwicklung mit dieser Akademie geschaffen. Hätte mir vor 15 Jahren - als ich die besten Ausbildungszentren in Frankreich, Spanien und so weiter studiert habe - jemand gesagt, dass wir einmal so etwas in Österreich haben werden, hätte ich gesagt: Das ist unmöglich! Herr Mateschitz hat es aber möglich gemacht. Die Akademie von Red Bull ist ein Kompetenzzentrum, das auf ganz Österreich ausstrahlt. Mich fragen viele im Ausland: "Kann man das anschauen?"

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