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Körperliche Erleichterung gesucht, die geistige gefunden

Das genaue Gegenteil von Essen ist Fasten. Eine Erfahrung, die noch süchtiger machen kann als das saftigste T-Bone-Steak.

Michael Smejkal

Mein Lebensmotto (oder soll ich sagen: Ernährungsproblem) passt leider auf die Vorderseite eines alten T-Shirts, das ich einst auf einem Flohmarkt gefunden habe: "Alles unter 800 Gramm ist ein Aufschnitt." 800 Gramm Fleisch? Kein Problem: Je konsequenter Sie alle Fallen der Steakhäuser vermeiden wie kohlensäurehältige Getränke (Bier!), Mayo im Salat (Caesar Salad!), das Brotkörberl mit Butter (ja nicht!) oder Beilagen (Baked Potato!), desto schneller der Aufstieg zum Ruhm beim Metzger Ihrer Wahl: "Heute nur 1,2 Kilo T-Bone, weil ich bin am Abend allein daheim."

Mit der Größe der Fleischstücke wuchs auch der Bauchumfang. Die Idee: Gewicht reduzieren. Nur wie? Eine normale Diät war für mich wie alkoholfreies Bier - ein fauler Kompromiss. Wenn schon, dann ganz: Fasten.

Nun gibt es einen echten Boom an Heilfasten-Instituten, die ich nicht bewerten möchte. Meine Wahl fiel auf einen Vorreiter der Bewegung in Losenstein bei Steyr. Ich habe mir zehn Tage Heilfasten in seinem Institut und unter Betreuung zum ersten Mal zum Geburtstag selbst geschenkt und davon so vielen Freunden und Bekannten erzählt, dass ich mich am Anreisetag nicht mehr zu kneifen getraut habe. Mein Glück.

Denn: An der Schwelle zu dem Ort, an dem man jetzt zehn Tage fastet, überkommt einen der kalte Schauer wie weiland auch schon Jedermann. Vielen hilft in der Situation ein esoterischer Überbau, für den ich zu wenig empfänglich bin. Für mich war die Sachlage immer klar: zur Abwechslung einfach nichts essen. Aber wo beginnt Nahrungsaufnahme? Man soll Basenpulver mit Mineralstoffen und Wasser trinken, der Mittagstisch besteht aus einem Schälchen klarer Gemüsesuppe oder feinst püriertem Apfelmus. Die dahinterliegende Logik ist klar: Wer nichts kaut, regt auch nicht den Speichelfluss an, daher sind Kaugummis oder Lutschpastillen kontraproduktiv.

Ich gestehe: Die ersten drei Tage waren für mich die Hölle. Ich habe die meist weiblichen Mit-Fastenden, die ihre 17. Fastenzeit schon in der Früh vergnügt und voll der schönen Worte begannen, als Belastung empfunden, die umliegenden Landgasthöfe, die abwechselnd mit Ganslwochen oder Wildwochen geworben haben, als Bedrohung. Mein letzter Freund war mein Autoschlüssel: Wenn ich es gar nicht mehr schaffe, fahre ich nach Hause. Meine miese Laune blieb nicht unbemerkt und alle versicherten mir: Halt durch, nach drei Tagen hast du es geschafft.

Genauso war es. Ich erkläre es jetzt ganz unmedizinisch und nur so, wie ich es gefühlt habe: Nach drei Tagen hört der Speichelfluss auf, die Galle geht (simpel erklärt) in den Stand-by-Modus und man verliert das Hungergefühl. Fortan bin ich an den Landgasthöfen vorbeigeschritten und war froh, dass ich nicht einkehren musste. Ich stand um sechs Uhr in der Früh auf, begann den Tag mit Wasserkneippen, Yoga, Powerwalking und einer Kanne Brennnesseltee. Alles Dinge, die im täglichen Leben nicht so auf meiner Prioritätenliste stehen. Nach zehn Tagen Fasten im geschützten Raum unter Gleichgesinnten kommt die schwierigste Phase: drei Wochen Aufbau daheim zum "normalen" Leben. Am vierten Tag das Fastenbrechen: ein halber Apfel, in dünnste Scheiben geschnitten und mit Zimt bestreut. Eine unbeschreibliche Geschmacksexplosion, die einem fast die Tränen in die Augen treibt.

Seitdem wiederhole ich das Fasten jährlich. Denn: Ich habe körperliche Erleichterung gesucht und geistige Klarheit gefunden. Klingt hochtrabend, aber ich kann es nicht anders formulieren. Zudem nahm ich im Schnitt zwölf Kilogramm pro Fastendurchgang ab und verliere jedes Mal drei Kilogramm reines Körperfett. Das entspricht zwölf Packungen Teebutter.