Kaum kommt Lisa Eder so richtig in Fahrt, ist die Saison vorbei: "Das ist schade, jetzt wäre ich richtig gern noch länger gesprungen." Ein Lächeln ziert trotzdem ihr Gesicht. Denn mit diesem Saison-Finish hatte sie nicht annähernd gerechnet.
Im Alpencup, quasi der dritten Liga im Skisprung-Zirkus nach Welt- und Continalcup, setzte sie zu einer grandiosen Aufholjagd an und holte mit drei Siegen in Serie den Gesamtsieg. Als Lohn wartete auf die Athletin des Schiklub Saalfelden das Weltcup-Finale in Oberstdorf, wo sie mit den Plätzen elf und zwölf den nächsten Höhepunkt nachlegte. "Einen 28. oder 29. Platz habe ich mir zugetraut. Dass es so gut gelaufen ist, freut mich riesig. Es ist der Ober-Hammer." Eigentlich war die Saison für die 16-Jährige schon verpatzt. An ihrem großen Ziel, einem Top-Sechs-Platz bei der Junioren-WM, sprang sie als 24. deutlich vorbei. Auch zuvor, bei ihren ersten Weltcup-Einsätzen in Sapporo (in der Quali gescheitert) und Zao (zwei Mal nach dem ersten Durchgang out), kam sie bei Weitem nicht an ihr Leistungsmaximum heran.
Der Knopf ging erst wieder in Saalfelden auf. Mit ihrem Skisprung-Trainer der ersten Stunde, Philipp Amon, arbeitete sie auf der 60-Meter-Schanze in Uttenhofen an der Lockerheit. "Ich musste einmal frei springen, ohne nachzudenken. Ab dem vierten Versuch ist es bergauf gegangen. Ich hatte plötzlich ein ganz anders Gefühl. Es fühlte sich wieder gut an." In den Wettkämpfen ließ sie besagte Taten folgen.
Eigentlich wollte sie ja Biathletin werden. Um diesem Traum nachzujagen, stand sie als Neunjährige bei der Aufnahmeprüfung der nordischen Skimittelschule Saalfelden. Was Lehrer Philipp Amon aber ins Auge stach: "Eine sehr gute Sprungkraft." So legte er ihr das Skispringen nahe. Einem ersten Herantasten auf Alpin-Skiern folgte der Wechsel auf die längeren, breiteren Latten - und schon hatte sie die Lust am Fliegen nicht mehr losgelassen.
"Das Gefühl nach dem Absprung taugt mir einfach", sagt die Schülerin des nordischen Ausbildungszentrums Eisenerz, die ihren bisher weitesten Sprung auf 114 Meter setzte (in Planica). Am liebsten würde sie sich auch schon über monströse Skiflugschanzen stürzen. Aber: "Die Trainer lassen mich noch nicht. So habe ich am Kulm bisher nur von oben hinab geschaut." Im Sommer sucht sie das Abenteuer als Downhillerin am Bike (die Strecke am Asitz hat sie fast vor der Haustüre), ansonsten geht sie auch gerne Fußball spielen oder laufen.
Stets im Visier: Das nächste große Ziel, die Teilnahme an der nordischen Heim-WM 2019 in Seefeld. "Dafür werde ich im Sommer g'scheit trainieren. Ich hoffe, dass auch ein Damen-Teambewerb ins Programm kommt." Davor beginnt sie, an ihrem handwerklichen Geschick zu feilen. Im Herbst startet die Tischler-Lehre.