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Nur die Krönung blieb Lilli Tagger in China verwehrt

Lilli Tagger zeigt mit dem Finaleinzug beim WTA-Debüt in Jiujiang ihr außergewöhnliches Potenzial. Im Endspiel unterlag sie der Russin Anna Blinkowa, dennoch war das eine Woche, die ihre Erwartungen übertroffen hat.

Unterlag erst im Finale der Russin Anna Blinkowa: Lilli Tagger (r.).
Unterlag erst im Finale der Russin Anna Blinkowa: Lilli Tagger (r.).

Erster Hauptbewerb auf der WTA-Tour, erste Siege über Top-100-Spielerinnen und der sensationelle Einzug ins Endspiel - die ultimative Krönung ihres Erfolgslaufs in Jiujiang ist Lilli Tagger dann aber verwehrt geblieben. Die 17-jährige Osttirolerin unterlag im Finale der um zehn Jahre älteren Russin Anna Blinkowa 3:6, 3:6. Zwar konnte Tagger am Sonntag nicht an die zuvor gezeigten Leistungen anschließen, der Auftritt in China über die gesamte Woche zeigte aber, warum Tagger Österreichs größtes Versprechen im Tennis ist.

"Es war sehr schwierig für mich"

"Es war sehr schwierig für mich, du warst besser und verdienst es", gratulierte Tagger ihrer Kontrahentin bei der Siegerehrung, bei der sie mit 18.500 Euro ihren bislang größten Preisgeldscheck überreicht bekam. Noch wichtiger sind aber die 163 Punkte, die sie in der Weltrangliste von Platz 235 auf 155 klettern lassen. Ein Titel hätte Tagger um weitere 20 Positionen näher an die Top 100 gebracht. Dass es dafür nicht reichte, lag - im Unterschied zum Halbfinale - an zu vielen unerzwungenen Fehlern sowie an der schwachen Chancenverwertung.

Aufschläge um die 190 km/h, offensives und variantenreiches Grundlinienspiel mit der einhändigen Rückhand sowie Punkte am Netz - ihr großes Repertoire hat Tagger phasenweise zwar auch im Finale gezeigt, jedoch zu unbeständig. Spektakuläre Ballwechsel wechselten sich zu oft mit leichtfertigen Fehlern ab. Das 3:6, 3:6 in 1:40 Stunden schmeichelte Blinkowa etwas und spiegelte die Kräfteverhältnisse nicht wider. Dass Tagger nur zwei von neun Breakbällen nutzte, machte letztlich den Unterschied.

Dramatisches und hochklassiges Halbfinale

Bis ins Halbfinale hatte die 1,85 Meter große Lienzerin keinen Satz abgegeben und etwa Elisabetta Cocciaretto (WTA-Nummer 89) dominiert. Der Höhepunkt und die bisher wohl beste Leistung in ihrer noch jungen Karriere war dann das Halbfinale, in dem Tagger die Titelverteidigerin Viktorija Golubic, Nummer 53 der Welt, in einem hochklassigen und dramatischen Schlagabtausch 6:1, 4:6, 7:5 in die Schranken wies. Tagger beeindruckte dabei nicht nur mit ihrem Spiel, sondern auch mit ihrem Auftreten, völlig unabhängig vom Spielstand. So machte sie ein 2:5 in der Entscheidung wett und wehrte bei 4:5 drei Matchbälle in Serie ab.

Als Nummer 977 ins Jahr gestartet

"Wenn man mich vor dem Turnier gefragt hätte, ob ein Finale möglich ist, hätte ich es als zu früh eingestuft. Ich hätte es mir nicht gedacht", sagte Tagger, die als erste Österreicherin nach Julia Grabher im Mai 2023 ein WTA-Endspiel erreichte. Gar zwölf Jahre ist es her, dass Yvonne Meusburger 2013 in Bad Gastein als letzte Österreicherin einen Titel auf der WTA-Tour geholt hat. Doch dürfte es ohnehin nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis Tagger ihren ersten Turniersieg auf höchster Ebene feiert. Zumindest, wenn sie ihren Aufstieg nur einigermaßen so rasant fortsetzt wie in diesem Jahr, in das sie als Nummer 977 gestartet war.

Nummer zwei der U18-Weltrangliste

"Wir hatten so ein tolles Jahr, wir arbeiten sehr hart. Danke, dass du jeden Tag an meiner Seite bist. Wir haben so viel Spaß auf und abseits des Platzes", sagte Tagger, die nicht müde wird zu betonen, dass Francesca Schiavone ihre sportlich wichtigste Bezugsperson ist. Neben der ehemaligen Weltklassespielerin hat Tagger mit Alex Vittur auch schon seit Jahren einen Manager an ihrer Seite, der schon Jannik Sinner von klein auf an die Weltspitze begleitet. Dort erwarten praktisch alle Experten auch die Österreicherin in mittlerer Zukunft. Tagger ist eine von nur zwei U18-Spielerinnen, die zu den besten 160 Profis gehören. Mit dem Finale hat sie die Qualifikation für die Australian Open 2026 fixiert.

Sinja Kraus kratzt an Top 100

Im Schatten des Ausnahmetalents hat sich Sinja Kraus mit dem Titel beim WTA-125-Challenger in Cali sogar noch die Chance auf den Hauptbewerb in Melbourne erspielt. Auch die 23-Jährige wehrte im Halbfinale einen Matchball ab, um dann im Finale die Ungarin Panna Udvardy 6:2, 6:0 abzufertigen. Kraus rangiert damit nur mehr wenige Plätze außerhalb der Top 100, die den Hauptbewerb in Melbourne bedeuten würden. Julia Grabher war erst vergangene Woche erstmals nach ihrer Handgelenksverletzung wieder in diesen elitären Kreis zurückgekehrt. Renaissance im heimischen Damentennis.

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