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Österreichs neue Skihoffnung stammt aus New York

Avital Carrolls Großeltern wurden von den Nazis vertrieben, sie katapultiert Österreich mit einem Schlag in die Buckelpisten-Weltklasse.

Avital Carroll in Aktion.
Avital Carroll in Aktion.
Schon ganz auf Rot-Weiß-Rot eingestellt: Avital Carroll.
Schon ganz auf Rot-Weiß-Rot eingestellt: Avital Carroll.

"Mein Name ist Avital Carroll. Und ich will Ski-Olympiagold für Österreich holen." Diese freche Ansage kommt von einer Buckelpisten-Freestylerin, die dem ÖSV sozusagen geschenkt worden ist und die am Wochenende in Ruka (FIN) ihr Debüt für Rot-Weiß-Rot im Weltcup geben wird. Zweite Österreicherin am Start ist Olympiateilnehmerin Katharina Ramsauer aus Gaißau.

Die Geschichte der 26-jährigen US-Amerikanerin Avital Carroll (Homepage: (bigairsbigheart.com) liest sich wie ein Hollywood-Drehbuch. Erst im heurigen Juni hat die gebürtige New Yorkerin die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Möglich wurde dies durch das 2019 verabschiedete Gesetz zur Einbürgerung von Verfolgten des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen. Avitals jüdische Großeltern Elfi und David Hendell sind mit ihren Familien auf abenteuerlichen Wegen aus Österreich geflüchtet. Sie schlugen sich zu Fuß über die Berge nach Italien durch und versteckten sich dort, ehe sie für einen Flüchtlingstransport nach Amerika ausgewählt wurden. Bis die "U.S.S. Henry Gibbins" nach 20 Tagen im sicheren Hafen ankam, war unter den 1000 Passagieren die Angst vor deutschen U-Booten ständig präsent.

Oma aus Österreich weckte die Skileidenschaft

Die 90-jährige gebürtige Wienerin Elfi lebt noch und ist stolz auf ihre Enkelin: "Sie war überrascht, aber auch erfreut darüber, dass ich Österreicherin geworden bin", berichtet Avital. "Sie war es übrigens, die unsere ganze Familie zum Skifahren gebracht hat. Ohne sie würde es mich als Skisportlerin nicht geben." Die Buckelpisten-Spezialistin ist das jüngste von fünf Kindern, die zunächst an den Wochenenden in Vermont die Bretter anschnallten. Mittlerweile hat Carroll ihre Homebase ins Wintersportzentrum Park City (Utah) verlegt.

"Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange für mich"

In der aktuellen Weltrangliste ist die Neo-Österreicherin als Nummer zwölf geführt: "Das ist definitiv noch nicht das Ende der Fahnenstange für mich, sondern erst ein Anfang", sagt sie selbstbewusst. In Ruka will sie gar ins Finale der besten sechs kommen. Auf großer Bühne war Carroll bislang noch wenig präsent: Nach ihrem Einstieg in den Weltcup 2018 erlitt sie einen Kreuzbandriss und kämpfte sich nach längerer Reha wieder in den Wettkampfsport zurück. In der Vorsaison war sie trotz starker interner Konkurrenz im US-Team bei drei Weltcups dabei und zeigte mit einem zwölften Platz in Tremblant (CAN) auf.

Austria reist mit Australia

Im September gewann Avital Carroll - bereits unter österreichischer Flagge startend - einen stark besetzten Bewerb in Australien. Auch das war eine Art Heimrennen für sie: "Mein Ehemann und Trainer Bobby ist auch Coach des australischen Herrenteams. Das hilft uns sehr, weil wir uns finanziell und organisatorisch dort anhängen können." Der Buckelpisten-Tross zieht noch vor Weihnachten nach Schweden und Frankreich weiter, im Spätwinter folgen die WM in Georgien und Bewerbe in Kasachstan.

Meilinger arbeitet am Ausbau des Freestyle-Sektors

Wie groß der Reisestress ist, weiß Melanie Meilinger. Die frühere langjährige Weltcupstarterin und Olympiateilnehmerin auf der Buckelpiste aus Mühlbach am Hochkönig arbeitet nun am Ausbau des Freestyle-Sektors im ÖSV und hat gemeinsam mit dem sportlichen Leiter Roman Kuss die Weichen für die Aufnahme des Neulings gestellt. Sie sagt: "Carroll kann ein tolles Zugpferd für uns werden. Vor allem im Hinblick auf die Heim-WM 2027 im Montafon halten wir noch nach jungen Talenten Ausschau."

In Kitzbühel herrschen optimale Voraussetzungen

Den künftigen Buckelpisten-Hotspot hofft Meilinger in Kitzbühel zu etablieren, wo optimale Voraussetzungen und viel Begeisterung für die Freestyler herrschen. Daher startet auch die neu gewonnene Galionsfigur Avital für den altehrwürdigen Kitzbüheler Skiclub. Kein Wunder, dass sich Avital ein bisschen wie in einem Wintermärchen fühlt. Sie trägt mit Stolz ihr herzförmiges Logo, eine Freestylerin vor rot-weiß-roter Bergkulisse, auf dem Stirnband: "Ich habe das große Glück, dass ich meine sportliche Leidenschaft mit meiner Herkunft verknüpfen kann, und das für die Skination Österreich. Das ist wirklich unglaublich."


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