Über die Geschichte der Prostitution in Salzburg
Dieser Artikel berichtet über die Geschichte der Prostitution in Salzburg.
Geschichte
Im roten Röckl stand Rosina Gishammer am Bürgerspitalplatz unweit der Getreidegasse in der Salzburger Altstadt. Zur Tarnung trug sie einen Korb, aus dem sie scheinbar Waren zum Kauf anbot. Doch sie war eine sogenannte Lustdirne im späten 17. Jahrhundert. Verkauft hat sie letztlich ihren Körper.
"Rosina Gishammer begegnet uns wiederholt in den Rektoratsprotokollen", schildert der Historiker und Leiter des Universitätsarchivs Dr. Christoph Brandhuber. Denn zu ihren Kunden zählten auch Studenten. "Wir wissen, dass die Frau in einem kleinen Zimmer bei ihrer alten, kranken Mutter im Andräviertel gelebt hat." Ein Schicksal, das Rosina Gishammer mit vielen aus dem Gewerbe teilte. "Armut zwang junge Frauen aus den Unterschichten in die Prostitution", erläutert Brandhuber. "Oft waren sie als schwangere Dienstmägde oder Arbeit suchende Mädchen vom Land in die Stadt gekommen und landeten wegen finanzieller Schwierigkeiten auf der Straße."
Da uneheliche Zusammenkünfte dieser Art mit Studenten im Barockzeitalter verboten waren, kam es nicht selten zu Gerichtsverhandlungen wegen Sittlichkeitsdelikten an der Benediktineruniversität in Salzburg. Brandhuber spricht von einem "umfangreichen Bestand" an Akten aus den Jahren 1622 bis 1810. Im Jahr 1661 etwa hatten fünf Studenten mit Rosina Gishammer das Ende der Fastenzeit gefeiert und sie in ihre Wohnung geschmuggelt. "Als schließlich ein noch unerfahrener Kommilitone wegen Aufregung und zu viel Alkohol versagte, kam es zum Streit. Und so gelangte die Sache am nächsten Tag zum Rektor." Die Studenten wurden letztlich zu Wasser und Brot verurteilt.
Ein weiterer Ort der Unzucht war pikanterweise die Einsiedelei in den Katakomben im Friedhof des Erzstifts St. Peter. Abt Amand Pachler hält in seinem Tagebuch im 17. Jahrhundert fest, dass er "Huren und Buben" dort nicht nur einmal ertappt habe.
"Im Barock herrschten strenge Sittengesetze", sagt Brandhuber. Frauen trafen diese härter, "da ,gefallene Töchter' oft keine Heiratskandidaten mehr fanden. Wenn hingegen Studenten vor der Hochzeit sexuelle Erfahrungen sammeln wollten, besuchten sie häufig Liebesdienerinnen."
Auf diese Doppelmoral machte im 19. Jahrhundert Salzburgs erste Frauenrechtlerin Irma von Troll-Borostyáni aufmerksam. Sie schrieb etwa, dass nur die "wirtschaftliche und gesetzliche Gleichstellung der Geschlechter und ein ausreichender Lohn" für arbeitende Frauen das "weibliche Geschlecht dem Joche der Schande" entziehen könne.
Prostitution gilt als "ältestes Gewerbe der Welt". Dennoch ist die Forschungslage - vor allem für Salzburg - dünn. Das weiß auch Bianca Kronsteiner. Die Historikerin und freie Texterin hat ihre Masterarbeit an der Universität Salzburg dem Prostitutionswesen um 1900 gewidmet. "Das Gewerbe war in Salzburg zu der Zeit in kleinem, privaten Rahmen organisiert. Und es war in Frauenhand. Das ist ein Spezifikum für Salzburg im Vergleich zu anderen Städten." So seien es meist ehemalige Prostituierte zwischen 30 und 50 Jahren gewesen, die als sogenannte Vermittlerinnen fungierten. Diese lockten für eine Provision von 20 bis 30 Kreuzern Männer von der Straße in die Wohnung. Auch die Kupplerinnen waren überwiegend weiblich. Sie stellten den Dirnen ein Zimmer für ihr Gewerbe zur Verfügung. Dafür erhielten sie Miete. Prostituierte verdienten damals zwischen einem und fünf Gulden für ihre Dienste, schildert Kronsteiner. "Bei einem Gulden mussten sie 30 Kreuzer an die Kupplerin abgeben." Ein Gulden entspricht in etwa der heutigen Kaufkraft von 15 Euro.
Um 1900 war Prostitution nicht mehr verboten, sofern sich die Frauen an gewisse Regeln hielten, wie Kronsteiner beschreibt. So mussten sich Prostituierte bei der Ortspolizei registrieren, wurden aber dann entsprechend kontrolliert, "etwa, ob sie sich wie vorgeschrieben zwei Mal in der Woche ärztlich untersuchen ließen. Sexuell übertragbare Krankheiten wie Syphilis waren zu der Zeit nur schwer heilbar." Auch räumlich war Prostitution eingeschränkt, erzählt Kronsteiner: "Die Frauen durften ihre Dienste nicht in der Nähe von Schulen, Kirchen oder öffentlichen Plätzen anbieten. In Salzburg war es ihnen beispielsweise untersagt, an der Staatsbrücke oder an den Salzachkais zu promenieren."
"Maison de Plaisir": Bordelle mit langer Tradition in Salzburg
Bordelle sind in Salzburg ab etwa 1400 belegt. Valentin Zillner schreibt in einer Häuserchronik aus dem Jahr 1885 vom "Frauenhaus" an der Herrengasse, wo die von der Stadt geduldeten Dirnen um 1400 untergebracht gewesen seien. Die Gasse befand sich außerhalb der Stadtmauern, weshalb sich dort jene Gewerbe ansiedelten, die als unehrenhaft galten. Der letzte Scharfrichter Salzburgs, Franz Joseph Wohlmuth, lebte im 19. Jahrhundert im Haus Nr. 26 und Nr. 28 an der Herrengasse. Er war der Aufseher im benachbarten Bordell. Vom 19. bis ins 21. Jahrhundert gab es zudem im Haus Nummer 18 das "Laufhaus Altstadt". Wegen Renovierung ist das Etablissement aber auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Ebenso auf eine lange Geschichte kann das "Maison de Plaisir" an der Steingasse zurückblicken. Erstmals erwähnt ist das Bordell im Jahr 1512. Berüchtigt ist es durch die Legende um die Panzerfahrt im Jahr 1945. Diese besagt, dass amerikanische Soldaten angetrunken mit einem Panzer zum Bordell gelangen wollten. Doch sie blieben in der engen Gasse stecken. Spuren am Haus mit der Nummer 14 zeugen noch heute davon. Ob die Amerikaner tatsächlich das Bordell angesteuert haben oder ein anderes Lokal in der Steingasse, ist nicht belegt. Wie die "Salzburger Nachrichten" berichteten, soll das Haus künftig in ein Hotel umgebaut werden.
Podcast
- www.sn.at/podcasts/schattenorte, 26:27 min.
Quelle
- "Salzburger Nachrichten" vom 14. Mai 2023: "Prostitution in Salzburg: Von "gefallenen" Mädchen und sündigen Studenten", ein Beitrag von Simona Pinwinkler