Schneesturm zu Weihnachten 1923
Zu Weihnachten 1923 fegte ein Schneesturm über das gesamte Bundesland Salzburg hinweg.
Über den Schneesturm
Am 28. Dezember berichtete die "Salzburger Chronik" von diesem Schneesturm am 25. Dezember 1923:
Als der Tag anbrach, lag der schönste Weihnachtsmorgen überm Land. Wolkenloser Himmel, eine in zartes Weiß gehüllte Erde, der verspätete Sonnenschein des kurzen Dezembertages. Nur die Schneerillen ließen schließen, daß einige Stunden nach Mitternacht ein heftiger Sturm getobt haben mußte. Leider war die Herrlichkeit nur von kurzer Dauer. Bald zogen wieder Wolken auf und das Schneegestöber begann in aller Stärke, so daß nicht wenige auf den üblichen Weihnachtsbummel verzichten mußten. Der Schneefall dauerte den ganzen Tag über endlos an. Ein rauher Wind behauptete das Feld.
Verkehrsstörungen infolge des Unwetters.
Dieser Sturm, der im Stadtgebiete starke Beachtung fand, hatte auf dem offenen Lande ungeheure Schneemassen aufgehäuft, so daß sich bald empfindliche Verkehrsstörungen bemerkbar machten. Immerhin aber langten die Züge am Weihnachtstage, wenn auch mit sehr starken Verspätungen ein. Am Christtag abends blieb auch schon ein Zug der Stadtbahn in der Gegend von Morzg stecken. Die Passantten sahen keine andere Möglichkeit, als mit Bauernschlitten in die Stadt zurückzukehren. Das Unheil wuchs, als der Stefanitag neue starke Schneefälle brachte. Wie die Verhältnisse im Gebirge stehen, kann augenblicklich noch nicht klar gesagt werden. Jedenfalls müssen dort ungeheure Schneemassen liegen, denn die Züge weisen durchwegs Verspätungen von 5 bis 10 Stunden auf. Um einige Beispiele anzuführen, kam der Zug, der gestern abends 11 Uhr ankommen sollte, erst heute 6 Uhr früh nach Salzburg. Auf der Strecke Hochfilzen, die als besonders gefährlich gilt, mußte ein steckengebliebener Zug nach stundenlanger Bemühung mit vier Maschinen von der Stelle gebracht werden. Bei der Station Ederbauer blieb ein Schnellzug einige Stunden lang stehen. Der Orientexpresszug wird gegenwärtig über die Hilfsroute Salzburg—München—Lindau geleitet, da der Verkehr über den Arlberg bereits seit 24. ds. eingestellt ist.
Auf den Linien Salzburger Eisenbahn- und Tramwaygesellschaft
Salzburg—Parsch und Salzburg—Hellbrunn bezw. Landesgrenze und Berchtesgaden ruht seit 25. ds. nachmittags jeglicher Verkehr. Auch die Stadtbahn mußte infolge der großen Schneemassen, die auch im Stadtgebiete lagern, der Verkehr eingestellt werden. Der Verkehr nach Oberndorf und Lamprechtshausen konnte aufrecht erhalten bleiben und verkehren hier die Züge ziemlich regelmäßig. Nur der an Werktagen vormittags halb 11 Uhr verkehrende Güterzug entfällt wegen Sperre der Güteraufnahme. Die Arbeiten für eine Wiederaufnahme des Verkehres wurden auf allen den genannten Linien aufgenommen. Wenn der Zugsverkehr wieder vollständig funktionieren wird, hängt vor allem von der Witterung ab. Vorläufig verkehrt ein Wagen auf der Strecke Bazar—Friedhof. Es gilt als sicher, daß im engeren Stadtverkehrs bis heute abends ein Pendelverkehr bewerkstelligt werden wird.
Der gegenwärtige Stand.
Das Bahnbetriebsamt Salzburg teilt mit. Wegen anhaltend starkem Schneefall, Schneeverwehungen und Lawinengefahr ist der Verkehr auf der Strecke: Langen—Bludenz (Arlbergstrecke) ab 24. Dezember mittags bis auf weiteres vollständig eingestellt.
Wegen starken Schneefall und Schneeverwehungen sind ferner gänzlich gesperrt die Strecken Steeg—Aussee. Lambach—Haag, Vöcklabruck—Kammer und Vöcklamarkt—Attersee.
Ueber den Hochfilzener Paß, durch den Paß Lueg, sowie auf der Selztal—Bischofshofenerstrecke wird der Verkehr mühselig bei stundenlangen Zugsverspätungen noch aufrecht erhalten. (Der Zug 102 z. B. von Innsbruck hatte 13 Stunden Verspätung. Die Red.) Die Züge der Linzerstrecke erleiden auf der Fahrt über den Ederbauer wegen Schneeverwehungen ziemliche Verspätungen.
Der Verkehr über die Tauernbahn ist ziemlich regelmäßig da die Südrampe fast schneefrei ist.
Es sind also fahrbar die Strecken Wien. Innsbruck, Villach, Graz, wenn auch mit bedeutenden Verspätungen gerechnet werden muß.
Der Güterverkehr.
Wie uns vom Bahnamte weiters mitgeteilt wird, ist für heute die Güteraufnahme für Saalfelden gesperrt. Bis auf weiteres gesperrt ist die Güteraufnahme auf den Strecken nach Landeck, Vöcklabruck—Kammer und Lambach—Haag. Die Züge haben fast durchwegs Verspätungen von 5 bis 6 Stunden. Der Personenverkehr ist auf den vorgenannten Strecken aufrecht erhalten.
Der Weg durch haushohe Schneemassen zur Kirche.
Aus Faistenau wird uns telephoniert: Ein fünftägiger Schneefall, verbunden mit dauerndem Sturm, hat ungeheure Schneemassen aufgetürmt, so daß fast alle Wege ungangbar geworden. Der Postverkehr mit Salzburg war schon bald unterbrochen. Alles arbeitet, um wieder eine Verkehrsmöglichkeit herzustellen, die jetzt selbst vom Nachbar zu Nachbar abgeschnitten ist. Bis die Postverbindung nach Salzburg wieder hergestellt werden kann, wird es Tage brauchen. Die Kirche sah an den Feiertagen aus der Umgebung des Dorfes fast nur männliche Besucher, die sich mit Schneeschaufeln, Skiern und Schneereifen den Weg zur Kirche wortwörtlich erkämpfen mußten, um durch die stellenweise haushohen Schneemassen durchzudringen.
Quelle
- ANNO, "Salzburger Chronik", Ausgabe vom 28. Dezember 1923, Seite 6