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Abfallverlagerung auf die Bahn klappt kaum

Eine parlamentarische Anfrage der Neos an das Klimaministerium bestätigt, dass die Schienenpflicht für Müll zu 97 Prozent scheitert.

 Ab Distanzen von mehr als 200 Kilometer müssen größere Mülltransporte laut Gesetz auf die Schiene.
Ab Distanzen von mehr als 200 Kilometer müssen größere Mülltransporte laut Gesetz auf die Schiene.

Abfalltransporte mit mehr als zehn Tonnen Gesamtgewicht über längere Strecken müssen in Österreich verpflichtend Bahn fahren. Die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes, initiiert von den Grünen als Beitrag zum Klimaschutz, galt 2023 zunächst für Fahrten ab 300 Kilometern. Seit Jahresbeginn gilt die "Bahnpflicht" für solche wenig zeitkritischen Transporte ab 200, im Jahr 2026 ab 100 Kilometern.

Branchenexperten wie Sebastian Kummer, Professor für Transport und Logistik an der Wirtschaftsuniversität Wien, warnen seit Längerem, dass das Gesetz nicht zu einer stärkeren Verlagerung von der Straße auf die Schiene führen wird und gegebenenfalls sogar zu Ineffizienz führen könnte. Wie sehr das Ziel bisher verfehlt wird, zeigt eine parlamentarische Anfrage der Neos, die diese Woche beantwortet wurde. Die Oppositionspartei wollte vom Klimaministerium Details zur eigens eingerichteten Plattform (aufschiene.gv.at) für Mülltransporte wissen.

Auf Basis der Angaben aus dem Ministerium kommen die Neos zum Schluss, dass bei 97 Prozent der Abfragen, die der Bahnpflicht unterliegen, die Eisenbahnunternehmen keine Kapazitäten für den Abfalltransport bereitstellen konnten. Sie werfen Klimaministerin Leonore Gewessler "grüne Showpolitik" vor. "Solange der Großteil der Transporte weiterhin auf der Straße stattfinden muss, weil die nötigen Züge fehlen, steht das in keiner Relation zu den damit verbundenen CO₂-Einsparungen", kritisiert Neos-Umweltsprecher Michael Bernhard. Für die heimischen Betriebe entstünden dadurch nur mehr Bürokratie und Kosten.

Konkret wurden im Vorjahr 20.651 Vorabfragen auf der digitalen Plattform durchgeführt, geht aus der Anfragebeantwortung hervor. Zur Angebotseinholung seien letztlich 3869 an Güterbahnbetreiber weitergeleitet worden. "Für 3761 der Abfragen konnten vonseiten der Eisenbahnverkehrsunternehmen keine Kapazitäten bereitgestellt werden", heißt es weiter.

2024 gab es bis Anfang Juni 12.348 Abfragen, 4133 Angebote wurden eingeholt. Die Anzahl der Abfragen gebe keinen Aufschluss über das Ausmaß der tatsächlich durchgeführten Transporte bzw. der bereitgestellten Kapazitäten, schränkt das Ministerium ein. "Auf entsprechende Meldepflichten oder andere bürokratische Hürden wurde bewusst verzichtet." Die Plattform solle als Informationsdrehscheibe dienen sowie dazu, rasch herauszufinden, ob in einem konkreten Fall Schienenpflicht bestehe, und um "die für die Kontrolle notwendigen Bestätigungen auszustellen". Das Gesetz habe "wirkungsvolle Impulse" gesetzt, die für die Verlagerung wichtig seien.

Die Neos wollten auch wissen, wie groß die CO₂- und Schadstoff-Einsparungen durch die Verlagerung sind. In der Antwort wird auf den Beobachtungszeitraum von mindestens fünf Jahren verwiesen. Die Evaluierung des Abfallwirtschaftsgesetzes selbst läuft noch bis Ende des Jahres. Dass es "Nachschärfungsbedarf gibt", hat das Klimaministerium bereits eingeräumt.

An Kosten sind laut den Angaben bisher rund 1,15 Mill. Euro angefallen: 590.600 Euro (2022) für die Erstellung der Plattform, 2023 rund 200.000 Euro für die Schnittstellenanbindung für Unternehmen und heuer 199.640 Euro für "Optimierungen bei Lkw-Routing und Bedienbarkeit". Die Betriebskosten inklusive Software und Hardwarewartung betragen seit September 2022 rund 8000 Euro im Monat.

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