Österreichs Arbeitsmarkt hat sich vom Schock der Pandemie vergleichsweise rasch erholt. Für Personen, die schon länger ohne Arbeit sind, gilt das freilich nur sehr eingeschränkt. Im Jänner 2022 waren 58.766 Personen registriert, die länger als zwölf Monate arbeitslos waren, um 31 Prozent weniger als vor einem Jahr. Bei den 110.333 Langzeitbeschäftigungslosen (hier werden längere Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit, etwa Schulungen, berücksichtigt) betrug der Rückgang rund ein Fünftel. 2019 waren die Zahlen noch etwas geringer, insgesamt hat sich Langzeitarbeitslosigkeit aber auf diesem hohen Niveau verfestigt.
Mit der Aktion "Sprungbrett" will die Politik das Problem entschärfen. Durch gemeinnützige Überlassung von Arbeitskräften und Lohnkostenzuschüsse sollen 50.000 Langzeitbeschäftigungslose wieder Arbeit finden.
Nicolas Prinz vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik plädiert für einen anderen Weg - eine Jobgarantie für alle Langzeitarbeitslosen. Unter dem Titel "Arbeit für alle" hat Prinz mit Kolleginnen ein Modell ausgearbeitet, das laut den Berechnungen für 150.000 Langzeitarbeitslose rund eine Milliarde Euro kosten würde. Die Jobs würden ausschließlich von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt, denn der Staat müsse dort Alternativen bieten, wo der Markt versage. Unter der Annahme eines 14 Mal im Jahr gezahlten Monatsgehalts von 1500 Euro beliefen sich die Kosten inklusive Dienstgeberbeitrag auf 1868 Euro im Monat. Netto blieben allerdings nur Kosten von 568 Euro übrig, sagt Prinz. Denn der Staat lukriere zusätzliche Einnahmen durch Einkommensteuer (20 Euro), Sozialversicherung (408), Mehrwertsteuer (98) und erspare sich Ausgaben für die Notstandshilfe (473 Euro), Mindestsicherung (290) und 11 Euro an sonstigen Leistungen. Darin seien die mit der Arbeit erzielte Wertschöpfung und positive Effekte auf die Gesundheit noch nicht berücksichtigt, sagt Prinz. Zudem würde mit einer Jobgarantie das Armutsrisiko langzeitarbeitsloser Personen stark reduziert, sag Prinz, deren Zahl würde um 77.100 sinken.
In Gramatneusiedl in Niederösterreich läuft seit Herbst 2020 ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt einer Arbeitsplatzgarantie, in das bis zu 150 Personen einbezogen werden sollen. Laut der Soziologin Hannah Quinz geht es neben dem Verbessern der Einkommenssituation auch darum, dass Langzeitarbeitslose der Stigmatisierung entkommen. Laut Jörg Flecker, Soziologieprofessor an der Uni Wien, unterscheidet die Jobgarantie von früheren Programmen wie der "Aktion 20.000", dass nicht bestimmte Arbeitslose dafür ausgewählt werden, "sondern alle dabei sind".