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Balkonkraftwerke boomen: Trotzdem könnte ihnen der Stecker gezogen werden

Mini-PV-Anlagen boomen. Eine neue internationale Norm könnte die Installation erschweren und verteuern.

Mini-PV-Anlagen sind in Österreich beliebt.
Mini-PV-Anlagen sind in Österreich beliebt.

Sie kosten ein paar Hundert Euro, sind schnell installiert und helfen, die Stromrechnung zu senken: Balkonkraftwerke sind in den vergangenen Jahren beliebt geworden und erleben nach wie vor einen Boom. Selbst der Möbelriese Ikea hat die Mini-PV-Anlagen nun im Angebot. Im Jahr 2023 wurden mehr als 19.000 neue Anlagen der Regulierungsbehörde E-Control gemeldet, 2024 kamen 24.000 weitere hinzu. Im ersten Quartal heuer wurden bereits 9000 zusätzliche offiziell gemeldet.
Allerdings geht die E-Control von einer hohen Dunkelziffer aus: Wer ein Balkonkraftwerk ans Netz anschließt, muss dies dem Netzbetreiber melden. Tut er es nicht, sind keine Sanktionen vorgesehen. Zudem würden nicht alle Netzbetreiber die Daten sofort einpflegen. In Salzburg sind laut Salzburg Netz 3703 Kleinsterzeugungsanlagen offiziell gemeldet, ein Drittel mehr als noch ein Jahr zuvor.

Neue Norm könnte den Boom bremsen

Ein Vorstoß der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) könnte den Boom bald bremsen. Wie der Entwurf einer neuen Norm vorsieht, sollten Balkonkraftwerke und ähnliche Stromerzeuger künftig nicht mehr über haushaltsübliche Schuko-Steckdosen an das Stromnetz angeschlossen werden dürfen. Zudem ist im Entwurf der internationalen Normungsorganisation die Forderung nach einem "fest zugeordneten Stromkreis" enthalten. Zum Anschluss wäre somit ein eigenes Kabel zum Verteilerkasten zu legen. In deutschen Medien ist bereits davon die Rede, dass die Norm - sofern sie so umgesetzt wird - einem Verbot der Mini-PV-Anlagen gleichkäme.

E-Control-Vorstand Alfons Haber beruhigt. Käme die Norm, würde sie grundsätzlich auch in Österreich gelten. "Ich denke aber nicht, dass der Entwurf so umgesetzt werden wird. Das ist unwahrscheinlich", sagt er. Die Auswirkungen wären zu gravierend, würden der Energiewende entgegenstehen und hätten auch Einfluss auf das E-Auto-Laden. "Ich denke, da wird noch einige Zeit diskutiert werden." Auch die E-Control empfiehlt aber, einen Elektriker die bestehenden Installationen überprüfen zu lassen, bevor man ein Balkonkraftwerk ans Netz anschließt. Insbesondere, wenn es sich um ältere Leitungen handelt.

In Deutschland soll die Installation vereinfacht werde

Der für Normierungen zuständige Österreichische Verband für Elektrotechnik (OVE) wollte zu den Plänen keine Stellung nehmen - empfiehlt aber ebenfalls, bei der Installation auf eine Fachkraft zu setzen. Die Deutsche Kommission Elektrotechnik (DKE) hat indes eine kritische Stellungnahme abgegeben - zumal im Nachbarland geplant ist, die Installation zu vereinfachen, statt zu erschweren. In Deutschland ist für Balkonkraftwerke ein fest verbundener Wieland-Stecker vorgeschrieben, den in der Regel ein Elektriker anbringen muss. Künftig sollen die Mini-PV-Anlagen in eine Schuko-Steckdose gestöpselt werden dürfen.

Mieter benötigen Zustimmung des Vermieters

Beim Verein für Konsumentenschutz (VKI) verzeichnet man nach wie vor reges Interesse. "Das Thema ist ungebrochen beliebt", sagt VKI-Experte Markus Stingl. Der Online-Artikel des Vereins zum Thema sei einer der am häufigsten gelesenen. "Manche wollen zur Energiewende beitragen, andere rechnen sehr genau, wie viel sie sich sparen können." Die Preise für die Paneele seien zuletzt stark gesunken. Für die Installation in Mehrparteienhäusern gab es im Vorjahr eine gesetzliche Erleichterung: Nachbarn können sich nicht mehr so einfach querlegen. Für Mieter gibt es aber weiterhin Hürden. Sie müssen den Vermieter vorab um Zustimmung bitten - und dieser die restlichen Eigentümer der Hausgemeinschaft. "Ein Vermieter kann also nicht freihändig sein Okay geben."
Nach Berechnungen der deutschen Stiftung Warentest rentiert sich ein Balkonkraftwerk je nach Situation bereits nach zwei bis drei Jahren. Ein Produkt des Kärntner Anbieters Greensolar wurde im Juni zum Testsieger gekürt. Neben dieser Auszeichnung führe auch eine andere Entwicklung zu erhöhter Nachfrage, sagt Greensolar-Geschäftsführer David Pirker: Das Geld sei bei vielen knapp, eine größere PV-Anlage deshalb aktuell nicht leistbar - ein Balkonkraftwerk aber schon. "Wir verkaufen 70 Prozent mit Speicher", sagt er.

Balkonkraftwerk: Was ist erlaubt?

Balkonkraftwerke sind kleine PV-Anlagen mit einer maximalen Leistung von 800 Watt, die einfach installiert werden können. Diese Kleinsterzeugungsanlagen brauchen weder einen Zählpunkt noch einen Stromabnahmevertrag.

Produkte müssen über eine CE-Kennzeichnung verfügen. Die E-Control empfiehlt, bei der Installation einen Elektriker einzubeziehen. Gesetzlich vorgeschrieben ist das aber nicht.

Eine Genehmigung des Netzbetreibers braucht man für die Mini-PV-Anlagen nicht, es gibt aber eine Meldepflicht: Eine Anlage muss zwei Wochen vor der vorgesehenen Inbetriebnahme angemeldet werden.

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