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Rhomberg-Chef: "Bauwirtschaft fährt voll an die Wand"

Hubert Rhomberg, Chef des gleichnamigen Familienunternehmens, warnt vor einem Mietendeckel und fordert ein Wohnbaupaket.

 Mit neue Planungsmethoden und ein hohem Vorfertigungsgrad lässt sich schneller bauen.
Mit neue Planungsmethoden und ein hohem Vorfertigungsgrad lässt sich schneller bauen.

Rhomberg Bau hat sich seit Jahren auf digitales, systematisiertes Bauen, vor allem mit Holz spezialisiert. Der Firmenchef drängt jetzt auf Tempo und sieht bei Sanierungen eine Chance für serielles und ökologisches Bauen.

Die Bauwirtschaft legt gerade eine Vollbremsung hin. Was erwarten Sie 2024? Hubert Rhomberg: Das ist mehr als eine Vollbremsung, sie fährt gerade voll an die Wand. Was man jetzt sieht, ist nur ein Teil. Die Presse berichtet über 30 Prozent Einbruch im Wohnbau. Da werden aber nur die Verbücherungen gemessen, also das, was wir schon lange verkauft haben. Jetzt sind wir zum Teil bei minus 90 Prozent. Das wird zu massiven Mietzunahmen führen. Der Druck steigt massiv. Daher wird die Politik früher oder später etwas tun müssen. Vorarlberg hat vorige Woche bereits ein Wohnbaupaket präsentiert.

Können Sanierungen und Förderungen da helfen? Das wäre eine Chance, aber da müssen sich die Rahmenbedingungen schnell umdrehen. Es ist ja nicht gemacht, wenn man mehr fördert. Beim Neubau geht es darum, jetzt wieder leistbares Wohnen und auch Eigentum zu ermöglichen. Sonst haben wir eine echte Katastrophe.

Aber fordern Sie nicht regelmäßig, dass gar nicht mehr neu gebaut wird? Mittelfristig muss man auch darüber nachdenken, aber kurzfristig kommt es ohne Neubau zu massiven sozialen Verwerfungen. Wenn Sie fünf Prozent von einem Gut auf dem Markt zu wenig haben, steigt der Preis nicht um fünf Prozent, sondern um 50 Prozent oder mehr, weil die, die können, mehr bezahlen. Die Bremsung muss man schon einläuten, aber nicht so wie jetzt.

Sie wollen in Deutschland nächstes Jahr mit Ihrem Joint Venture Renowate 500 Wohnungen sanieren. Warum läuft es dort stärker an? In Deutschland ist die Förderung einfach 30 Prozent und, wenn sie seriell sanieren, 45 Prozent. Wir kriegen 45 Prozent verlorenen Zuschuss für die Sanierungsmaßnahmen und dann noch einen KfW-Kredit für zehn Jahre mit 1,75 Prozent. Damit ist es attraktiv genug und damit rentiert es sich auch. Man muss aber auch wissen, dass es in Deutschland zum Teil ganz niedrige Mieten um sechs Euro pro Quadratmeter gibt. Das ist irre. Man darf sie aber nach der Sanierung um drei Euro erhöhen. Wir haben aber auch da Themen, dass viele Bauträger nach den Zinserhöhungen einfach kein Geld haben.

In Österreich will die Regierung die Mieten deckeln? Der Mietendeckel wird dazu führen, dass noch weniger gebaut und saniert wird. Kein Eigentümer wird investieren, wenn er nicht mehr Miete verlangen kann und schon jetzt kaum mit Reinvestitionen zu Rande kommt. Die werden nie sanieren, auch weil die Banken das nicht finanzieren, wenn der Staat verbietet, dass ich dafür etwas bekomme. Man muss eher den Menschen helfen, dass sie sich Wohnen leisten können - mit Mietkauf, Eigenkapitalersatzmodellen oder günstigeren Zinssätzen über einen gewissen Zeitraum. Die Gemeinnützigen müssten vielleicht zwei Jahre ihre Eigenkapitalvorschriften aussetzen können. Wenn jetzt zwei Jahre nichts passiert, sind viele Leute ausgestiegen aus der Baubranche und kommen nimmer zurück. Das ist das größte Problem. Zu glauben, man drückt dann wieder auf den Knopf und es kommen sofort viele Wohnungen, so läuft das nicht. Darum gehen wir in Richtung Systematisierung, Digitalisierung, Serielles, vor allem im Neubau.

Wie schnell bauen Sie mit Ihrem System? Wir können ein komplett neues Gebäude von Beginn bis Einzug in zehn Monaten hinstellen.

Trotz Fachkräftemangels? Ja. Wir brauchen weniger Leute.

Ist das leistbar? Genau deshalb haben wir gerade ein Wohnmodell entwickelt, wo man um 2200 Euro pro Nutzfläche ein Objekt schlüsselfertig bekommt. Inklusive Architekturplanung, Kinderplätzen, tutti completti. Rhomberg ist ja auch Bauträger. Wir könne das mit jedem Baumeister in jeder Region realisieren. Wir geben nur die Planung und die Prozesse vor und optimieren den Ablauf für den, der es dann baut.

Täuscht der Eindruck oder ruft Automatisierung viele Ängste hervor? Architekten fürchten um ihre Arbeit, Baumeister ebenso ... Natürlich gibt es Widerstand. Es sind andere Prozesse, die jeden betreffen. Das heißt nicht, dass die Leute weniger zu tun haben, sondern nur, dass sie anders arbeiten müssen. Wir haben sehr viele Architekten, die gern mit unserer Systemlogik, unserem Systembauteilkasten arbeiten. Weil sie damit in der Architektur relativ frei, aber sicher sind, dass sie in der Abwicklung nicht schauen müssen, ob das funktioniert. Es ist ähnlich, wie wenn sie einen A3, Golf oder Škoda fahren, alle haben die gleiche technologische Plattform. Der VW-Designer ist nicht eingeschränkt, wenn der den Golf 8 designt - er muss nur grundsätzlich auf dieser Plattform arbeiten. Immer mehr Architekten können damit gut umgehen. Die wollen auch mehr in Holz machen, haben aber nicht die Erfahrung. Mit unserer Logik geht das viel schneller.

Gerade beim Sanieren bleibt vieles im Pilotprojekt-Stadium stecken. Warum? Alle wollen forschen. Ich finde das auch gut, aber das ist eine andere Geschwindigkeit. Wir sind bei Forschungsprojekten gern dabei und bringen den Input aus der Praxis, weil oft Fragen erörtert werden, die schon gelöst sind. Viele Dinge sind im Markt schon da und oft geht man aneinander vorbei. Wir arbeiten am liebsten an konkreten Projekten, lösen bei jedem Projekt zwei, drei neue Fragestellungen und dokumentieren das. So lernen wir viel schneller. Wir müssen jetzt wirklich schnell sein und können nicht noch zehn Jahre forschen. Wir müssen TUN! Wenn wir alle nur Pilotprojekte machen, sind wir in zwanzig Jahren immer noch dabei.

Was braucht es? Neue Gesetze, andere Förderungen? Es gibt immer einen kritischen Weg: Sobald ich das Eine löse, hänge ich beim Anderen. Wenn wir jetzt schlagartig genug Geld hätten, würden wir das nie so schnell bei den Behörden genehmigt bekommen, weil man nicht gleichzeitig so viele bearbeiten kann. Daher versuchen wir, Systematiken zu entwickeln, wo wir keine behördliche Genehmigung brauchen. Unsere Fassadenplatten sind deshalb dünner als 20 Zentimeter. Solche Sachen muss man immer mitberücksichtigen. Es geht nicht nur um Technik, sondern um den gesamten Prozess.

Ein Problem ist auch teures und CO2-intensives Baumaterial. Haben Sie dafür Lösungen? Holz ist schon wieder ein Stück billiger geworden. Beton wird sicher nicht billiger, weil der CO₂-Preis greift. Es gibt aber neue Baustoffe. Zum Beispiel gibt es super Forschung zu Myzcel (Pilzfäden, Anm). Der Pilz wächst, so lange er Nahrung hat, dann hört er auf zu wachsen. Ich kann Bioabfall mit Pilzsporen besprühen und der wandelt den Abfall um. Daraus lassen sich Dämmmatten machen oder sogar Ziegel. Es gibt Hanfdämmung, Bambus, Stroh, Lehm. Wir wollen jetzt unsere Bausysteme auf Holz, Lehm, Stroh umstellen, viergeschoßiges Bauen mit Holz und Lehmwänden. Aber es braucht immer einen Kunden, der sagt, das finde ich cool, das will ich.

Sie erzählen auch gern, wie sie Ihre Kunden finden ... Andere gehen zum Eigentümer und fragen: "Hast du ein Gebäude zu sanieren?" Wir fliegen mit Drohnen drüber und suchen Objekte, die perfekt zu sanieren sind. Und erst dann schauen wir, wer der Eigentümer ist. Ein anderer Zugang.

Das gilt auch für Ihre Plattform für mehrgeschoßigen Holz-Hybridbau. Was ist anders? Cree Buildings hat schon 15 Partner in verschiedenen Ländern. Dort wird jetzt überall mit der gleichen Technologie geplant und gebaut. Eine Million Quadratmeter sind derzeit in Planung. Mitglied zu werden kostet etwas, aber es spart viele Jahre und viele Millionen. Wir helfen bei der Akquise, beim Planen und Umsetzen von Projekten. Die Mitglieder im Team bekommen immer die neueste Entwicklung, das holt keiner ein. Unsere japanischen Partner, die seit zwei Jahren dabei sind, haben zum Beispiel das System noch einmal auf Erdbeben- und Tarifunsicherheit geprüft und alle Nachweise erbracht. Jetzt ist das System auf der ganzen Welt erdbebensicher, weil jeder weiß, dass Japan die härtesten Vorschriften hat. Das wurde ein Mal für alle gelöst, ohne dass die anderen etwas investieren mussten. Das zeigt die Power, die Bewusstseinsänderung des Teilens. Wissen teilen ist der Schlüssel und der größte Hebel, den es jetzt gibt. Dafür nützen wir auch künstliche Intelligenz - und wir bringen die Menschen zusammen.

Hubert Rhomberg (1967): Der diplomierte Bauingenieur leitet seit 2002 in vierter Generation das Familienunternehmen, das neben Bau auch auf Bahntechnik spezialisiert ist.

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