Seit dem jüngsten Autogipfel, ausgelöst durch die Krise bei Volkswagen, sucht Deutschland nach einer neuen Strategie, um der für das Land so wichtigen Industrie wieder Rückenwind zu verschaffen. Seit Jahresbeginn (bis Ende September) wurden in Deutschland um 28 Prozent weniger Elektroautos zugelassen als im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und trotz aller Verbrennernostalgie bleibt die Elektromobilität die Zukunft.
Immer wahrscheinlicher scheint deshalb das Comeback einer Abwrackprämie, die heiß diskutiert wird. Wer seinen alten Verbrenner verschrotten lässt, soll vom Staat Geld für den Kauf eines neuen E-Autos bekommen. Schon 2009 verhalf Deutschland mit einer Umwelt- bzw. Abwrackprämie der kriselnden Branche wieder auf die Sprünge. Fünf Milliarden Euro ließ man sich das damals kosten. Jetzt also zurück zum Vernichten, wenn sonst nichts mehr hilft?
Futter für eine neue Abwrackprämie lieferte gerade eine Untersuchung des Forschungsverbundes ICCT (International Council on Clean Transportation). Verglichen wurden ökologische und ökonomische Vor- und Nachteile einer Abwrackprämie im Vergleich zum Einsatz von E-Fuels für Verbrenner. Das Ergebnis: Eine Abwrackprämie wäre billiger und könnte mehr CO₂ einsparen als die Produktion und Nutzung von E-Fuels. Für eine Abwrackprämie schlagen die Studienautoren zwischen 2000 bis 6000 Euro für Dieselautos (mindestens 15 Jahre alt) und 2000 bis 3000 Euro für Benziner (25 Jahre und älter) vor.
Kein Jubel dafür kommt vom deutschen Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer. Er betont: "Eine Hurra-Prämie allein ist nur die halbe Miete, egal ob sie Umwelt- oder Abwrackprämie heißt." Gebraucht werde eine glaubwürdige Darstellung und ein klares Bekenntnis zur E-Mobilität. "Die Konsumenten wollen wissen, ob das Verbrenner-Aus nun kommt oder nicht und ob sie ihr E-Auto wieder weiterverkaufen können." Auch Ladestrom müsse günstiger würden, "das geht nicht, dass an einer Schnellladesäule in Deutschland die Kilowattstunde Strom bis zu einen Euro kostet".
Dudenhöffers Ausblick für 2025: Die Preise für E-Autos werden zurückgehen, die Verbrenner teurer werden - nicht aber (allein) der chinesischen Konkurrenz wegen. Wirken werden aus Sicht des Autoexperten vor allem die verschärften CO₂-Grenzen für die Neuwagenflotten in der EU. Hersteller, die sie ab nächstem Jahr nicht erreichen, müssen mit hohen Strafen rechnen.
Den echten Durchbruch des E-Autos in Europa erwartet Dudenhöffer "eher später als früher, vielleicht 2028". Und wenn nun eine Prämie als Teil einer Anschubstrategie gewünscht sei, "dann keine Abwrackprämie, sondern wieder eine Kaufförderung". Letztere hatte Deutschland erst mit Anfang 2024 zur Gänze abgeschafft.
Österreich beließ es beim Auslaufen der Förderung für gewerbliche E-Auto-Käufe. Für die Anschaffung eines privaten E-Autos gibt es nach wie vor 5000 Euro Unterstützung (3000 Euro vom Staat, 2000 Euro von der Industrie). Wegen der Kaufzurückhaltung - seit Jänner (bis Ende September) wurden in Österreich um 6,5 Prozent weniger E-Autos neu zugelassen als im Vorjahreszeitraum - ist noch einiges an Geld im Fördertopf. "Wir haben die E-Auto-Prämie deshalb gerade um zwei Monate bis Ende Mai 2025 verlängert", betont der Sprecher der Autoimporteure, Günther Kerle. Wie es danach weitergeht, werde die künftige neue Bundesregierung entscheiden müssen.
Bei neuen Verbrennerautos sieht Kerle nächstes Jahr statt höherer Preise wieder längere Lieferzeiten kommen. Hersteller, die ihre CO₂-Quote nicht erreichten, könnten bewusst die Produktion verzögern. "Für sie stellt sich die Frage: Zahle ich Strafe oder reduziere ich den Verbrenner-Absatz?"
Ob alte Verbrenner auch hierzulande wieder - so wie schon 2009 mithilfe einer Ökoprämie von 1500 Euro, die inoffiziell Verschrottungsprämie genannt wurde - vernichtet werden sollen, um Verkäufe - damals von Neuwagen der Schadstoffklasse Euro 4 - anzukurbeln und so "schmutzige" Autos aus dem Verkehr zu ziehen, ist in der Branche umstritten. Martin Grasslober, Leiter der Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC, spricht sich dagegen aus. Sein Argument: "Wer ein 15 Jahre altes schrottreifes Auto fährt, steht finanziell nicht so gut da, dass er sich stattdessen ein neues E-Auto kaufen könnte." Sinnvoller wäre aus seiner Sicht, über einen Gebrauchtwagenbonus für E-Autos zu sprechen, "damit stärke ich die jetzt schwache Nachfrage und verringere den aktuell noch hohen Wertverlust bei geleasten E-Autos".
Eine Absage an eine neue Abwrackprämie erteilt auch das Klimaschutzministerium Leonore Gewesslers (Grüne). In der Vergangenheit habe sich eine solche Maßnahme als nicht sinnvoll erwiesen, man setze deshalb heute auf E-Mobilitäts-Förderungen.
Im Fahrzeughandel wird jede Art von Prämie begrüßt. "Egal welche Aktion, das macht immer Gusto auf einen Autokauf", sagt Branchensprecher Ernst Edelsbrunner. Derzeit seien noch gut eine Million Verbrennerautos, die älter als zehn Jahre alt sind, in Österreich zugelassen, "und je älter ein Verbrennerauto ist, umso mehr CO₂ stößt es aus".
Dem E-Auto komme es zugute, wenn das Tanken teurer werde. Der deutsche Manager Martin Daum von Daimler Truck schlug jüngst in diesem Sinn einen jährlichen Spritpreisanstieg um zehn Cent pro Liter vor, "von jetzt bis zur Unendlichkeit". In Österreich fordern namhafte Ökonomen eine Erhöhung der Mineralölsteuer. Autoimporteuresprecher Kerle hält dagegen. Ab Jänner steige die CO₂-Steuer von jetzt 44 Euro auf 55 Euro pro Tonne, damit werde Tanken ohnehin wieder teurer. Beim Streichen des Klimabonus wäre er dabei, "der ist wirklich nicht zielgerichtet".