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Sparen heißt nicht frieren: Wie Österreichs Haushalte den Energieverbrauch senken sollen

Die Regierung will die Österreicher mit einem Appell zum Energiesparen bewegen. Aber es kommt noch mehr.

Klimaministerin Leonore Gewessler bei der Präsentation mit Wirtschaftsminister Martin Kocher.
Klimaministerin Leonore Gewessler bei der Präsentation mit Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Vergangene Woche hat die Regierung angekündigt, wie sie mit staatlichen Zuschüssen die steigenden Stromkosten der Haushalte teilweise abfedern will. Am Montag folgte die angekündigte Kampagne, mit der die Österreicher dazu gebracht werden sollen, trotzdem weniger Energie zu verbrauchen. Ab sofort wird auf Plakaten, in Inseraten und Werbespots mit schmissigen Sprüchen bis März an simple Möglichkeiten erinnert, wie Wärme, Strom und Wasser gespart werden können. "Es sind Tipps, die sich jetzt sofort umsetzen lassen und Energie und Geld sparen", sagte Klimaministerin Leonore Gewessler bei der Präsentation mit Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Nach Berechnungen der österreichischen Energieagentur könnte damit "auf die Schnelle" der Energieverbrauch der Haushalte um durchschnittlich elf Prozent - daher der Titel der Kampagne "Mission 11" - gesenkt werden. "Wir beschäftigen uns seit 40 Jahren mit Energiesparen. 39,5 Jahre hat es niemanden interessiert", sagt Geschäftsführer Franz Angerer. Das Problem sei, dass vieles davon "so wahnsinnig banal klingt".

Die Energiespartipps der Mission 11

Mit Slogans wie "Dreh klein, spar ein", "Schluss mit luftig", "Beende die Eiszeit", "Spül eine Rolle" empfiehlt die Regierung unter anderem, die Raumtemperatur zu senken, Stoßlüften, den Gefrierschrank abzutauen oder das Energiesparprogramm beim Geschirrspüler zu wählen. "Kleine Dinge, einzelne Verhaltensänderungen, die in Summe einen Unterschied machen", sagte die Energieministerin.

Hinter der "ungewöhnlichen, bunten und lauten" Kampagne (Kocher) steht die Agentur Jung von Matt, die Kosten für die gesamte Laufzeit werden mit 3,6 Mill. Euro beziffert. Das Institut für Höhere Studien (IHS) übernimmt die verhaltenswissenschaftliche Begleitung. "Die Situation ist ernst", sagte Kocher. "Jeder Prozentpunkt an Stromverbrauch, den wir einsparen, hilft natürlich, Gaskraftwerke seltener zu brauchen." Bei den Unternehmen werde bereits gespart, weil die hohen Preise ein starker Anreiz seien. Für die besonders betroffenen kleinen und mittleren Betriebe werde es den geplanten Energiekostenzuschuss geben, sobald die Richtlinien dafür fertig seien.

Verbindliche Maßnahmen kommen erst

Noch in Arbeit sind im Klimaministerium verbindliche Energiesparmaßnahmen für den Bund und für Unternehmen. Die Frage sei, ob etwa Werbebeleuchtungen um drei Uhr früh noch voll laufen müssten, sagte Gewessler, hielt sich aber darüber hinaus bedeckt. Abgesehen von reduzierter Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden soll dem Vernehmen nach der Einsatz von Infrarotstrahlern im Freien nicht mehr erlaubt sein. "Das wird kein Winter wie jeder andere", betonte die Ministerin. Die Regierung tue mit den Vorgaben zur Gaseinspeicherung und der strategischen Reserve alles, um sich gewissenhaft vorzubereiten. Seit einer Woche komme jedoch um 70 weniger Gas aus Russland nach Österreich. Jeder könne dazu beitragen, den Verbrauch zu reduzieren. Von Städten und dem Gemeindebund kämen bereits tolle Ratschläge.

Energieeffiziengesetz lässt auf sich warten

Der eigentliche Hebel zum sorgsamen Umgang mit Energie, das neue Energieeffizienzgesetz, lässt weiter auf sich warten. Hier spießt es sich innerhalb der Koalition und an der Art, wie mögliche Sparmaßnahmen bewertet werden. Zudem werden in der EU bereits wieder strengere Regeln überlegt.

In den vergangenen Jahrzehnten sei der effiziente Einsatz von Energie in den Hintergrund gerückt, weil die Preise niedrig waren und es vermeintlich genug Energie gab, sagte Barbara Schmidt, Generalsekretärin des Dachverbands Oesterreichs Energie. Trotz viel Wasserkraft sei Österreich vor allem im Winter auf Stromimporte und Gaskraftwerke angewiesen. Deshalb müsse die Nachfrage gesenkt und das Angebot von Erneuerbaren ausgebaut werden. Der hohe Strompreis an den Börsen sei "eindeutig ein Knappheitssignal".

"Verlagern des Stromverbrauchs wäre noch wichtiger"

Aus Sicht des Energieexperten Florian Haslauer, Gründer und Chef von e.venture consulting, wäre "das Verlagern des Stromverbrauchs noch wichtiger" als Einsparen per se. Denn die Spitzenzeiten - in denen mehr Strom verbraucht als mit Wasser, Wind und Sonne erzeugt wird - hätten sich vollkommen umgedreht: War früher in erster Linie in der Mittagszeit ein Engpass, sind es heute eher die Tagesrandzeiten und die Nacht, vor allem im Sommer. "Es könnte schon sein, dass mit einer guten Kampagne und intelligenten Hinweisen, wann Geschirrspüler und Waschmaschine besser eingeschaltet werden sollen, eine Verschiebung gelingt", sagt Haslauer. Haushalte, die einen digitalen Stromzähler haben (Smart Meter), hätten die notwendige Transparenz für den Verbrauch schon. Grundsätzlich sei die richtige Reaktion auf hohe Strompreise aber das Senken der Nachfrage.

Die Kampagne in Bildern zum Durchklicken

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