Der erwartete Gaslieferstopp aus Russland kam doch rascher als erwartet. Seit Samstagfrüh fließt kein Gas mehr nach Österreich. Am Freitagnachmittag hat die OMV den Gasmarktteilnehmern mitgeteilt dass Gazprom Export den Konzern darüber informiert habe, ab Samstag 6:00 Uhr mitteleuropäische Zeit die Lieferungen auszusetzen, also auf Null zu reduzieren.
Der Schritt war erwartet worden, nachdem der Öl- und Gaskonzern angekündigt hatte, eine ihm zugesprochene Schadenersatzsumme mit anstehenden Zahlungen gegenzurechnen. Zuvor war bekannt geworden, dass in einem Schiedsverfahren die Internationale Handelskammer der OMV im Streit mit Russlands Gasmonopolisten 230 Mill. Euro Schadenersatz für den Lieferausfall in Deutschland 2022 zugesprochen hat.
Der Lieferstopp stellt nach bisherigem Dafürhalten einen Bruch des Langfristvertrags mit der Gazprom dar und könnte der OMV den Ausstieg aus dem umstrittenen und bis 2040 laufenden Vertrag ermöglichen. Der Konzern wollte sich am Freitag nicht weiter dazu äußern.
Die Auswirkungen für die österreichische Gasversorgung sollten sich in Grenzen halten. Die Versorgung Österreichs sei über Deutschland und Italien und mit Gas aus Norwegen bzw. Flüssiggas jedenfalls gesichert, betonte E-Control Vorstand Alfons Haber am Donnerstag nicht zum ersten Mal. Zudem seien die Speicher in Österreich und anderen EU-Ländern zu 90 Prozent voll. Nach den Prognosen der Regulierungsbehörde reichten die derzeitigen Importkapazitäten aus Deutschland und Italien selbst bei Mitversorgung der östlichen Nachbarländer aus, um durch zwei sehr kalte Winter zu kommen.
OMV-Chef Alfred Stern hatte ebenfalls am Donnerstag betont, man bereite sich seit knapp drei auf dieses Szenario vor. Der Konzern hat sich im Sommer erneut Transportkapazitäten von rund 40 Terawattstunden (TWh) - mehr als die Hälfte des österreichischen Jahresverbrauchs - durch Deutschland bzw. Italien gesichert. Das alternative Gas komme aus Norwegen, wo die OMV aktiv ist, aus eigener Produktion oder in Form von Flüssigerdgas. Die OMV hat bis dato pro Monat 4 bis 5 Terawattstunden Gas aus Russland bezogen.
Das aus Aus der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline, die via Ukraine und Slowakei am niederösterreichischen Gasknoten Baumgarten ankommen war spätestens am 1. Jänner im Raum gestanden. Denn mit Jahresende endet der Transitvertrag zwischen Russland und Ukraine. Kiew hatte wiederholt erklärt, dann kein russisches Gas mehr nach Europa durchzuleiten.
Klimaministerin Leonore Gewessler betonte in einer ersten Reaktion, Russland setze "einmal mehr Energie als Waffe ein", mit dem Lieferstopp ende aber auch eine Gefahr: "Wenn wir keine russischen Lieferungen mehr beziehen, sind wir nicht mehr erpressbar." Österreichs Energieversorgung sei sicher, so die Ministerin. In den Gasspeichern lagere mehr als ein gesamter Jahresverbrauch, die Pipelines aus Italien und Deutschland böten genügend Kapazität und auch die staatliche Gasreserve sei vollständig da. Sie erwarte von den Unternehmen, die am Gasmarkt tätig sind, "dass sie nun die entsprechenden Schritte zur Umstellung ihrer Gasversorgung fertigstellen". Die Menschen in Österreich dürften nicht den Preis für etwaige Versäumnisse bezahlen müssen".
Offen ist, wie stark die Lieferunterbrechung die Großhandelspreise zumindest kurzfristig weiter antreibt. Seit Monatsbeginn haben sie um rund 20 Prozent angezogen. Verteuern wird sich jedenfalls der Transport, weil Deutschland für die Durchleitung eine hohe Gasspeicherumlage einhebt. Die sollte mit 2025 abgeschafft werden. Die Gesetzesänderung hängt allerdings in der Luft, nachdem die deutsche Koalitionsregierung geplatzt ist.
Die meisten EU-Staaten haben die russischen Gasimporte wegen Russlands Überfall auf die Ukraine -bereits gestoppt. Neben Österreich haben nur noch die Slowakei und Slowenien größere Mengen bezogen - sowie Ungarn, das aber nicht über die Leitung durch die Ukraine versorgt wird.
