Das Anheben des Pensionsalters der Frauen ist ein Lehrbeispiel dafür, was eine Maßnahme auf dem Arbeitsmarkt bewirkt. Seit dem Vorjahr wird das frühere Pensionsalter von 60 Jahren schrittweise um jährlich ein halbes Jahr erhöht, bis es 2033 dem Männerpensionsalter von 65 Jahren angeglichen ist. Ab Mitte dieses Jahres wird das Frauenpensionsalter bei 61 Jahren liegen.
Das Arbeitskräftepotenzial der 60-jährigen Frauen stieg bereits im Vorjahr um knapp 14.000 auf rund 30.000 Personen. Gleichzeitig ist aber auch die Arbeitslosigkeit innerhalb dieser Gruppe gestiegen. Aktuell betrifft das rund 2500 Frauen, die mit 60 plus keine Beschäftigung mehr haben. "Der erste Anstieg des Frauenpensionsalters kommt leider mitten in der Rezession", sagt dazu AMS-Vorständin Petra Draxl. Besonders betroffen vom Jobverlust seien Frauen in der kriselnden Handelsbranche, aber auch in der Gastronomie. Statistisch betrachtet war im Jahr 2024 etwas mehr als jede siebte "zusätzliche" Frau arbeitslos. Ende März war die Zahl der insgesamt beschäftigungslosen Frauen um knapp 12 Prozent oder 14.300 Betroffene höher als noch im März des Vorjahres.
Dass es in dieser Weise weitergeht, glaubt AMS-Chefin Draxl allerdings nicht, allein schon aus demografischen Gründen, da die jüngeren Jahrgänge zahlenmäßig schwächer sind und die starke Babyboomergeneration in Richtung Pensionsalter schreitet. Immerhin zeigen die Beobachtungen auch, dass 85 Prozent der 60-jährigen Frauen mit dem gestiegenen Pensionsantrittsalter jetzt auch länger aktiv im Arbeitsleben bleiben.
"Die Chancen, im Alter in Beschäftigung bleiben zu können, wenn man einen Job hat, sind größer geworden", sagt Draxl. Gleichzeitig sei es für Arbeitslose ab 55 weiterhin enorm schwer, wieder in den Arbeitsmarkt zurückzufinden. Das müsse sich dringend ändern.
Wolle man, dass ältere Arbeitskräfte, die fünf bis zehn Jahre vor der Pension stehen, in hohem Ausmaß aktiv im Erwerbsleben bleiben, brauche es eine andere Haltung - "in den Betrieben und bei den Arbeitnehmern". Die Firmen müssten ältere Arbeitskräfte als eine wertvolle Ressource sehen, die nach wie vor arbeiten könnten. Die Beschäftigten sollten sich mit mehr Selbstbewusstsein sagen: "Ich mache das noch gern und gut."
Anstatt sich mit einem Golden Handshake frühzeitig von älteren Beschäftigten zu trennen, brauche es eine neue Kultur in den Unternehmen. "Sie sollten sich überlegen, wie man das Arbeiten im Alter positiv gestalten kann", dazu eigneten sich etwa flexiblere Arbeitszeitmodelle, sagt Draxl, "es muss nicht immer schwarz-weiß sein, Vollzeit oder gar nicht". Die neue Regierung sei mit dem Modell einer späteren Altersteilzeit und einer Teilpension auf einem guten Weg.
"Arbeiten im Alter ist ganz stark eine kulturelle Haltungsfrage, da müssen wir uns in Österreich vom Traditionalismus trennen", betont die AMS-Vorständin und pocht auf "ein gutes Älterenpaket" mit Förderungen, Begleitung und Beratung. "Ich bin für eine Kampagne, um aufzuzeigen, was bei Menschen von 60 bis 65 alles positiv am Arbeitsplatz läuft", sagt Draxl, "wir müssen motivieren."
Insgesamt zeigen sich die Arbeitslosenzahlen trotz anhaltender Rezession noch relativ stabil. Mit Ende März waren rund 397.100 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, davon waren 316.300 arbeitslos und rund 80.700 in Schulungsmaßnahmen des AMS. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer um 7,4 Prozent bzw. 27.400 Personen gestiegen. Weiter besonders betroffen sind die Industrie und der Handel.