Wenn in einem der acht Werke des Vorarlberger Beschlägeproduzenten Blum in Höchst, Bregenz oder Dornbirn eine der drei Schichten beginnt, kommen an den nahe gelegenen Haltestellen meist knapp davor öffentliche Busse an. Auch zu Schichtende sind die - ohnehin vergleichsweise dicht getakteten - Fahrpläne der Vorarlberger Verkehrsbetriebe auffallend eng mit den Werkzeiten abgestimmt. Die enge Verzahnung von Arbeitszeiten und öffentlichem Verkehr ist Programm.
Vor vier Jahren hat das Familienunternehmen ein Mobilitätskonzept gestartet, das den rund 6600 Beschäftigten klima- und umweltfreundlichere Transportmittel schmackhaft machen soll: Blum finanziert den Mitarbeitern - mit steuerlichen Vorteilen und Bonuspunkten - ihre Wunschfahrräder sowie das Vorarlberg-Klimaticket. Wer tageweise auf einen Parkplatz verzichtet, erhält einen Bonus. Es gibt Schnuppertickets, um die öffentliche Anreise zu testen, Infos und Angebote für Fahrgemeinschaften, wenn etwa Baustellen in der Umgebung drohen. Die Maßnahmen lassen sich flexibel kombinieren. Zusätzlich werden Pool-Fahrzeuge angeboten, Autos ebenso wie Fahrräder oder Kleinbusse. Gut ein Drittel davon fährt bereits elektrisch, 2030 sollen alle auf Strom umgestellt sein. Dienstautos gibt es bei Blum übrigens nur für den Vertrieb im Außendienst.
Das mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Konzept wirkt. "Wir sind weiter als erwartet", sagt Katharina Schön, die eigens engagierte Mobilitätsexpertin bei Blum. Die Hälfte der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kommt mittlerweile mit dem Fahrrad, zu Fuß, mit Bus oder Bahn - zehn Prozentpunkte mehr als noch vor vier Jahren. Auch die Geschäftsleitung ist "sauber" unterwegs: Philipp Blum mit einem elektrischen Einrad, Martin Blum mit dem Fahrrad und Finanzchef Gerhard Humpeler legt täglich die gut 20 Kilometer von Dornbirn nach Höchst mit dem Rad zurück.
Maximal 60 Prozent der Blum-Belegschaft könnten - jedenfalls größtenteils - auf das Auto verzichten, sagt Schön. Dieser Anteil sei auch das Ziel für 2031. Die Zahlen stammen aus einer Erreichbarkeitsanalyse, wonach eine Fahrt mit dem Bus maximal 15 Minuten länger dauern darf als mit dem Auto. Beim Fahrrad liegt die natürliche Grenze, außer für Radfreaks, bei etwa zehn Kilometern, zu Fuß bei 1,8 Kilometern.
Wer einmal umgestiegen ist, bleibt laut Schön dabei. Um noch weitere Beschäftigte umzustimmen, wurde auch an der Kommunikation gefeilt und es wurden "neue Standards geschaffen", mit Slogans wie: "Wir bei Blum fahren Bus und Rad." Es gibt Videos, in denen das Management erklärt, warum das Unternehmen diesen Weg geht, und positive Beispiele zu Wort kommen. Auch eine spielerische Komponente hat die Initiative mittlerweile bekommen. Beim Wettbewerb "Österreich radelt" ist ein Blum-Team dabei. Die Mitarbeiter animierten sich gegenseitig, erzählt Schön, das fördere - zusätzlich zu den Preisen, die es zu gewinnen gibt - das Teambuilding im Unternehmen.
Wie viele Tonnen CO₂ das geänderte Fahrverhalten der Beschäftigten bringt, wird gerade neu berechnet. Die Einsparungen sind nur ein Teil der Klimaschutzbemühungen des österreichischen Vorzeigebetriebs. Sie reichen vom nachhaltigen Transportkonzept über Biodiversitätsprogramm bis zu Flächenentsiegelung. Die jüngste Werkserweiterung in Höchst wurde auf früheren Parkplatzflächen umgesetzt - die nicht zur Gänze ersetzt werden.
Ob andere Unternehmen vom Beispiel Blum etwas lernen können? "Mobilitätsmanagement ist nie eins zu eins kopierbar", sagt die Expertin. Vieles hänge vom Standort, vom Angebot an öffentlichem Verkehr und den Mitarbeitern ab. Blum habe sich auf die wissenschaftlichen Grundlagen der Verhaltensökonomie gestützt. Entscheidend sei, dass es für die Mitarbeiter Flexibilität geben müsse.
Blum ist nicht das einzige Unternehmen im Ländle, das seinen CO₂-Fußabdruck nicht nur bei Transport und Logistik, sondern auch bei der An- und Abreise der Mitarbeiter senkt. 15 namhafte Arbeitgeber, darunter Hilti, die Illwerke, Zumtobel, Ölz und eben Blum, haben sich auf Initiative des Energieinstituts Vorarlberg vor zehn Jahren zum Netzwerk Wirtschaft Mobil zusammengeschlossen. Vier Mal im Jahr gibt es Treffen, der Verkehrsverbund Vorarlberg ist dabei. Mitunter mündet der Austausch in Projekten. Und diese Anstrengungen schlagen sich in der Statistik nieder: Im flächenmäßig kleinen Vorarlberg werden laut VCÖ 55 Prozent der Arbeitswege mit dem Auto zurückgelegt, verglichen mit 60 Prozent in Salzburg und 75 Prozent in Oberösterreich.