Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bleibt trotz aktueller Rezession eine Herausforderung für die Betriebe. Dabei wird auch die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wichtiger, um den Arbeitskräftemangel abzufedern. Wie eine aktuelle und österreichweite Erhebung von Deloitte unter rund 550 Unternehmensvertretern zeigt, ist dem Großteil der Befragten die hohe Relevanz der Zielgruppe 50 plus zwar bewusst. Bei der Rekrutierung und dem Halten ebendieser lassen die meisten Betriebe allerdings noch Potenzial liegen.
„Das Arbeitsmarktpotenzial älterer Personen ist unbestritten. Doch obwohl über drei Viertel der Unternehmen die Relevanz dieser Zielgruppe erkennen, spiegelt sich das in der Rekrutierung noch nicht wider. Nur jeder fünfte Betrieb spricht laut Studie bewusst potenzielle Bewerberinnen und Bewerber über 50 an“, erklärt Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich.
Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters könnte die angespannte Situation am Arbeitsmarkt zwar etwas entspannen, doch gelte es, unabhängig von den Diskussionen darüber, Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Arbeitgeber müssten in der Personalgewinnung die älteren Arbeitnehmerinnen mitdenken und auch deren längeren Verbleib im Unternehmen ermöglichen. „Voraussetzung dafür ist der Abbau von Altersstereotypen und die Aufwertung von Erfahrungswissen“, sagt Aichinger.
Nur wenige tun aktiv etwas für die Bindung älterer Mitarbeitender
Viel zu tun ist nicht nur bei der Personalsuche. Fast die Hälfte der Unternehmen, die ältere Personen beschäftigen, tut dies vorrangig aufgrund der natürlichen Alterung der Belegschaft. Gezielte Maßnahmen zur Bindung dieser Altersgruppe ergreifen laut Umfrage jedoch bislang nur 26 Prozent der Betriebe. Gefragt wären eine lebensphasenorientierte Gestaltung der Arbeitszeit oder gezielte Gesundheitsförderung. Doch die strategische Verankerung von Active-Aging-Maßnahmen bleibt laut Deloitte die Ausnahme. Gleichzeitig haben Arbeitgeber aber auch Sorge vor gesundheitlichen Einschränkungen und höheren Ausfallzeiten.
„Unternehmen schaffen sich einen zentralen Wettbewerbsfaktor, wenn sie die Zielgruppe 50 plus proaktiv in ihrer Leistungsfähigkeit unterstützen“, betont Katrin Hintermeier, Expertin für Workforce Sustainability bei Deloitte Österreich. „Je früher man hier im Berufslebenszyklus mit maßgeschneiderten Active-Aging-Maßnahmen ansetzt, desto besser.“
Betriebe haben wenig Vertrauen in die Fähigkeiten der Älteren
Der älteren Belegschaft wird auch weniger zugetraut als den Jüngeren. 18 Prozent der Unternehmen befürchten laut der Studie, dass Skills und Know-how von älteren Arbeitnehmerinnen nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind. Dies wird insbesondere in Zusammenhang mit den technologischen Entwicklungen als problematisch gesehen. Ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die Zielgruppe 50 plus über weniger digitale Kompetenzen verfügt als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Und ebenso ein knappes Viertel ist der Meinung, dass die technologischen Entwicklungen ältere Mitarbeitende überfordern.
„Obwohl zahlreiche Studien beweisen, dass ältere Beschäftigte genauso gut mit künstlicher Intelligenz umgehen können wie jüngere, sind die Befürchtungen der Unternehmen ernst zu nehmen“, sagt Katrin Hintermeier. Denn KI habe nicht nur das Potenzial, den Arbeitsalltag enorm zu erleichtern, sondern könne auch entscheidend dazu beitragen, ein alters- und alternsgerechtes Arbeitsumfeld zu schaffen. Auch Altersdiskriminierung im Bewerbungsprozess könne damit verringert werden.
