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OMV-Gazprom-Vertrag: Rechnungshof-Kritik an E-Control und Ministerien

Aus Sicht des Rechnungshofs hätten Energieregulator und Ministerien früher härter auf die hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas reagieren können. Die Energie-Regulierungsbehörde weist die Vorwürfe zurück.

Der umstrittene und mittlerweile gekündigte Gasliefervertrag zwischen dem teilstaatlichen Öl- und Gaskonzern OMV und der russischen Gazprom sorgt wieder für Debatten. Der Rechnungshof kritisiert am Freitag in seinem Bericht zur "Erdgas-Versorgungssicherheit" den Umgang der Behörden mit den langfristigen Gasverträgen. "Weder das Klimaschutzministerium noch die E-Control setzten ihre Einsichtsrechte in Gaslieferverträge vollständig durch", so der RH.

Zur Sicherung der Versorgung seien Gasunternehmen verpflichtet, den zuständigen Behörden Daten zu übermitteln und Einsicht in Unterlagen - "auch in Gaslieferverträge" - zu gewähren. Diese Meldepflichten seien jedoch "nicht vollständig durchgesetzt" und "bei Verstößen vorgesehene Geldstrafen nicht verhängt" worden, kritisieren die Prüfer.

Aus Sicht von Andreas Kletečka, Professor für Privatrecht an der Uni Salzburg, ist es "nicht ganz so einfach, wie der Rechnungshof es darstellt". Er sitzt mit der früheren Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, jener Kommission vor, die seit Sommer im Auftrag des Klimaministeriums Ausstiegsmöglichkeiten aus dem OMV-Vertrag prüfte und nach längerem Tauziehen Einsicht in die Verträge der OMV bekam. Kletečkas Fazit: Auch wenn der Vertrag früher bekannt gewesen wäre, hätte das nicht viel verändert, weil es kaum Einwirkungsmöglichkeiten für Behörden oder Politik gebe und Strafen verhältnismäßig niedrig seien. "Die Hebel im Notfall sind ganz schwach", sagt der Jurist zu den SN. Daher wird die Kommission in ihrem Abschlussbericht im Februar empfehlen, Handlungsmöglichkeiten für den von wenigen dominierten Gasmarkt zu schaffen.

Das Klimaministerium verweist darauf, dass man versucht habe, die Einsichtsmöglichkeiten und die Strafen zu verschärfen, der Koalitionspartner dem aber nicht zugestimmt habe.

Geprüft hat der Rechnungshof im Wesentlichen den Zeitraum 2018 bis 2022, also auch die Energiekrise nach Russlands Angriff auf die Ukraine. Zu diesem Zeitpunkt sei der OMV-Vertrag der E-Control nicht vollständig und dem Ministerium gar nicht vorgelegen, so der Bericht. Gerade 2022 "wäre dies von übergeordnetem öffentlichen Interesse gewesen", so die Prüfer. Mit "lückenhaften bzw. nicht aktuellen Daten" seien weder Österreich noch die EU gut für den Krisenfall vorbereitet gewesen.

Die E-Control weist die Vorwürfe zurück. Der Rechnungshof erwecke den Eindruck, "die Republik wäre im Blindflug unterwegs gewesen in ihrem Krisenmanagement - und das stimmt einfach nicht", kontert Vorstand Wolfgang Urbantschitsch am Freitag zur APA. Es sei "schlichtweg falsch", dass es keine verlässlichen Daten zur Beurteilung der Situation gegeben habe. Die E-Control habe die OMV-Gasverträge sehr wohl vor 2022 bekommen - nachdem sie das per Bescheid durchgesetzt habe und sogar vor Gericht gegangen sei. Ein Teil sei zwar geschwärzt gewesen, "aber die Informationen, die wir zur Einschätzung der Gasflüsse und der Versorgung benötigen, waren nicht geschwärzt". Auf Basis weiterer Informationsquellen sei man zur Einschätzung der Gasflüsse nicht auf den Vertrag angewiesen gewesen.

Die Prüfer kritisieren auch das Finanzministerium, zuständig für die Bundesbeteiligungsgesellschaft Öbag, die 31,5 Prozent an der OMV hält. Bis 2022 hätten Abschluss sowie Anpassung langfristiger Gasverträge keine Zustimmung des OMV-Aufsichtsrats benötigt. Aus Rechnungshofsicht hätte die Öbag prüfen müssen, ob der "Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte risikoadäquat war". Zudem sei der OMV-Gazprom-Vertrag im Juni 2018 verlängert worden, obwohl die damalige Regierung im Mai beschlossen habe, die Importabhängigkeit zu reduzieren.

Zudem habe das Finanzministerium 2022 nicht mit dem zuständigen Klimaministerium kooperiert, als Optionen zur Sicherung der Versorgung geprüft wurden. Die Öbag betonte am Freitag nur, dass "die OMV nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine - in Abstimmung mit der Öbag - ihre Lieferquellen diversifiziert" habe.

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