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Rechtswidrige Wertsicherungsklauseln: Was schlummert da in Mietverträgen?

Der Spruch des VfGH zu Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen kann dramatische Folgen für Mieter und Vermieter haben. Doch jeder Fall ist anders.

Aus dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu unzulässigen Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen gewerblicher Vermieter könnte sich indirekt ein Recht auf Rückzahlung der erfolgten Mieterhöhung ergeben.
Aus dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu unzulässigen Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen gewerblicher Vermieter könnte sich indirekt ein Recht auf Rückzahlung der erfolgten Mieterhöhung ergeben.

Viele Wohnungsmieter und -mieterinnen haben am Wochenende möglicherweise einen genaueren Blick in ihren jeweiligen Mietvertrag gemacht. Der Grund: ein Spruch des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu unzulässigen Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen gewerblicher Vermieter, aus dem sich - indirekt - ein Recht auf Rückzahlung der erfolgten Mieterhöhung ergeben könnte.

Der Verbraucherschutzverein VSV sammelt laut Ö1-"Morgenjournal" schon Fälle. "Wir sehen uns an, ob Klauseln enthalten sind, die dem höchstgerichtlichen Urteil widersprechen würden, und dann fordern wir die zu viel bezahlten Mieten zurück", sagt Obfrau Daniela Holzinger.

AK-Experte ist "vorsichtig optimistisch"

Im Verfahren, das bis zum Höchstgericht geführt hat, ging es um Wertsicherungsklauseln, die bereits binnen zwei Monaten nach Vertragsabschluss schlagend und zur Gänze aufgehoben wurden. Die Arbeiterkammer (AK), die eine Verbandsklage gegen rechtswidrige Vertragsbestimmungen laufen hat, ist zurückhaltender. Der VfGH habe bestätigt, dass das Konsumentenschutzgesetz Wertsicherungsklauseln untersagen darf und die Zivilgerichte bei Einzelverfahren - wie etwa Rückforderungen von Mieten - diese Gesetze weiter anwenden dürfen, sagt AK-Mietrechtsexperte Walter Rosifka. "Das bedeutet aber nicht, dass die Betroffenen automatisch Geld zurückbekommen."

Die Frage sei, was genau geprüft und wie entschieden werde. Jeder einzelne Fall müsste ausjudiziert werden. Wenn etwa eine Klausel nur teilweise als unzulässig beurteilt werde, müsse es nicht unbedingt zu einer Rückzahlung kommen. "Ich bin trotzdem vorsichtig optimistisch", räumt der AK-Experte ein. Mieter sollten sich beraten lassen oder abwarten, bis es mehr Rechtssicherheit gibt.

Aktuell sind weitere Verfahren zu Indexanpassungen vor Bezirks- und Landesgerichten bzw. dem Obersten Gerichtshof (OGH) anhängig. Strittig ist, ob Mieterhöhungen gegebenenfalls für drei oder für bis zu 30 Jahre zurückbezahlt werden müssten. Hier spiele das EU-Recht hinein, so Rosifka, das hier die lange Verjährungsfrist vorsieht.

Immobilienbranche drängt auf Klarheit

Die Immobilienbranche drängt schon seit zwei Jahren auf eine Klarstellung zu den Rückzahlungen, seit der OGH entschieden hat, dass in Wertsicherungsklauseln eine Sperrfrist für zwei Monate enthalten sein muss. "Ich verstehe nicht, warum sich der Gesetzgeber so ziert", sagt Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft. Die Politik habe Lösungsvorschläge in der Schublade. Leichter sei es durch das Urteil des VfGH jedenfalls nicht geworden.


Das Regierungsprogramm sieht vor, die Rückforderung von Mietzinszahlungen aufgrund rechtswidriger Wertsicherungs- bzw. Hauptmietzinsanpassungsvereinbarungen mit fünf Jahren zu begrenzen. Zuständig ist Vizekanzler Andreas Babler. Aus seinem Büro heißt es, man arbeite gemeinsam mit dem Justizministerium "mit Hochdruck an einem Entwurf". Ziel sei eine Beschlussfassung im Herbst, damit die Mietpreisbremse bereits 2026 ihre volle Wirksamkeit entfalte. Ab 2028 soll dann ein neuer Index für Wohnraumvermietung gelten, der mit maximal drei Prozent festgesetzt wird (bei einer darüberliegenden Inflation gilt eine Hälfteregelung für Mieter und Vermieter), um bestehende Wertsicherungsvereinbarungen klarzustellen und eine gesetzliche Wertsicherung für den Wohnbereich zu schaffen.

"Es geht um Hunderte Millionen Euro"

"Die Branche braucht Rechtssicherheit", betont Holzapfel. Institutionelle Investoren müssten Assets abwerten, sollten Rückforderungen für bis zu 30 Jahre gelten und Mieten auf dem ursprünglichen Wert eingefroren bleiben: "Es geht um Hunderte Millionen Euro." Marianne Roth, Zivilrechtsprofessorin an der Uni Salzburg, spricht ebenfalls von "dramatischen Folgen, die weitreichende Rückzahlungen hätten". Sie erwartet, dass viele Mieter einen Versuch starten werden. "Jetzt sind die Gerichte am Zug", sagt sie.

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