Es ist schon eine kleine Sensation, wenn in wirtschaftlichen Krisenzeiten ein heimisches Start-up 75 Mill. Euro an Land zieht. So viel frisches Kapital für ein junges Unternehmen gab es in Österreich seit Monaten nicht mehr. Flossen Anfang 2022 noch Megainvestments von 300 Mill. Euro an GoStudent oder 250 Mill. Euro an TTTech, betrug die höchste Finanzierung ab März des Vorjahres "nur" 50 Mill. Euro, über die sich das Wiener E-Commerce-Logistik-Start-up Byrd freuen durfte. Storyblock aus Linz erhielt 43 Mill. Euro.
75 Millionen Euro für das Salzburger Start-up Myflexbox
Dass der Investor Star Capital nun 75 Mill. Euro in das Salzburger Start-up Myflexbox steckt, wie am Dienstag verkündet wurde, klingt verheißungsvoll. Genauso, wie es die Ziele sind: Bis Ende 2025 soll das Netzwerk von Myflexbox auf rund 4000 Paketstationen anwachsen. Aktuell sind es 400 - überwiegend in Österreich, ein paar in Deutschland. Der Star-IV-Fonds wird Mehrheitseigentümer der Bis-dato-100-Prozent-Tochter der Salzburg AG. Dort wird betont, man werde weiter einen signifikanten Anteil an Myflexbox halten und mit dem Unternehmen eng zusammenarbeiten. Auch der Firmenstandort bleibt in einem Nebengebäude der Salzburg AG in der Bayerhamerstraße.
Myflexbox setzt auf Paketstationen an gut frequentierten Orten
Dass der Salzburger Energieversorger 2018 erster Kapitalgeber von Myflexbox war, hat mit den Gründern zu tun. Die Erfinder Jonathan Grothaus und Peter Klima waren Mitarbeiter der Salzburg AG, Lukas Wieser kam später hinzu.
"Unser Ziel ist es, den Abholzettel und die oft erfolglose Haustürzustellung zu vermeiden", erklärt Myflexbox-Sprecherin Sabrina Wurzer. Und nebenbei den CO2-Fußabdruck auf der letzten Meile zu reduzieren. Dem Kunden das Onlineshopping-Paket im Kleintransporter bis vor die Haustür zu fahren, das ist in Zeiten des Klimawandels kein Erfolgsmodell mehr.
Myflexbox setzt auf Paketstationen an gut frequentierten Orten wie Tankstellen, Wohnsiedlungen oder Handelsunternehmen, ein Partner etwa ist Billa. An den Boxen können die Pakete vom Zusteller hinterlegt und später zu einem passenden Zeitpunkt vom Kunden abgeholt werden. Kooperiert wird mit allen großen Versanddienstleistern wie UPS, GLS, DPD oder DHL.
Das Besondere ist ein offenes Smart-Locker-Netzwerk
Das Besondere an Myflexbox: Es ist ein offenes Smart-Locker-Netzwerk. "Wir können über eine Softwareschnittstelle alle Paketdienstleister, auch kleinere, in unser System einbinden", erklärt Sprecherin Wurzer. Die Österreichische Post mit Hermes etwa betreibt ein eigenes, geschlossenes System, ebenso der Onlineriese Amazon.
In Österreich will Myflexbox bis Jahresende auf 600 Paketstationen anwachsen, der große Rest bis auf 4000 Abholboxen, die bis Ende 2025 angepeilt sind, soll in Deutschland realisiert werden. In Berlin und Hamburg verzeichne man bereits erste Erfolge, heißt es. München und Frankfurt sollen bald folgen. Auch personell wird das Salzburger Start-up nun rasch wachsen. Aktuell zählt man 43 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, "der nächste Schwung", so Wurzer, soll schon im März kommen.