Schlag zwölf Uhr heult die Sirene. Aus, vorbei, Schluss, Ende. Nach 22 harten Arbeitsstunden und drei Tagen können Georg Engelbrecht und Daniel Mühlbacher ihre Werkzeuge fallen lassen. Der Wettkampf der Betonbauer bei den Berufs-Europameisterschaften in Graz ist beendet. Zuerst sind die jungen Männer etwas planlos, wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen. Erst einmal durchschnaufen. Doch die Zuschauermenge jubelt und klatscht, rot-weiß-rote-Fahnen werden geschwungen. Und dann, endlich, liegen sich die beiden Betonbauer in den Armen, es fliegen die Helme, erleichtert wird den Mitstreitern aus den anderen Ländern gratuliert, man weiß, was jeder geleistet hat. Am Ende singen alle Teams Arm in Arm "We Are The Champions". Engelbrecht und Mühlbacher wurden es tatsächlich. Sie holten Gold und den Europameistertitel.
Doch alle 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EuroSkills, egal ob sie mit oder ohne Medaille heimreisen, sind Sieger. Noch nie waren die Vorbereitungen so schwierig wie heuer. Zwei Mal mussten die EuroSkills, die am Sonntag mit der Preisverleihung zu Ende gingen, coronabedingt verschoben werden. "Einmal war ich mitten unterm Training, als der Anruf kam - schon wieder nichts", erzählt Stuckateur Stefan Leymüller aus Schleedorf. "Für mich war es das Schönste, als es endlich losging." Gekrönt wurde sein Einsatz mit der Silbermedaille.
Das Starterfeld in Graz war wegen der Pandemie um ein Drittel kleiner als sonst. So hatten etwa Großbritannien, die skandinavischen Länder und auch die Niederlande keine Teilnehmer entsandt. Statt 31 Nationen, die seit 2008 bei den EuroSkills teilnehmen, waren dieses Mal 19 dabei. "Das ist ein großartiger Erfolg in Zeiten wie diesen", sagt der steirische Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk, der die Grazer Bewerbung vorangetrieben hatte. Und es zeige, betont er, "wie dringlich das Thema Fachkräfte in ganz Europa ist". Denn fehlen würden sie in allen Ländern, "da braucht es jede einzelne Initiative, um die Jugend für die Berufe zu begeistern".
An rund 50 "Try a Skill"-Ständen konnten die Besucher selbst ausprobieren, wie es etwa ist, Reifen zu wechseln, eine Website zu gestalten oder digital zu schweißen. Die 7000 Schüler, die kamen, hatten sichtlich Spaß dabei. In Summe wurden rund 30.000 Besucher (alle mit 3-G-Nachweis) gezählt.
Eine Goldene für Salzburg holte Verkäufer Florian Hiebl aus Radstadt von Sport Holzner in Obertauern. "Ich hatte schon im Bewerb ein gutes Gefühl, aber die Konkurrentin aus Russland war ganz schön stark", sagt Hiebl. Die Goldene sei "ein Traum, ein Wahnsinn".
Das Megathema Fachkräfte und Ausbildung mobilisierte auch die Politik. Eine Runde bei den EuroSkills in Graz drehten Bildungsminister Heinz Faßmann, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Arbeitsminister Martin Kocher, der gemeinsam mit Ski-Ass Nicole Schmidhofer einen Contest im Smoothie-Mixen absolvierte. Das ministeriale Rezept: Apfel, Heidelbeeren, Karotten, etwas Salz und Apfelsaft.
Die WorldSkills im Oktober 2022 in Schanghai sind die nächsten internationalen Berufswettbewerbe. China plant für das Megaevent 120 Millionen Euro Budget und 450.000 Quadratmeter Wettkampfareal ein. Die EuroSkills in Graz waren mit zehn Millionen Euro budgetiert.
Österreich holte elf Goldmedaillen
Elf Mal Gold, zwölf Mal Silber und dreizehn Mal Bronze holten die 54 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Österreich bei den EuroSkills in Graz.
Eine Goldmedaille gab es für Christina Strauß, Laura Tschiltsch (Mode Technologie, ST); Simon Sailer (Bäcker, OÖ); Georg Engelbrecht, Daniel Mühl bacher (Betonbau, NÖ); Peter Wakonigg (Chemielabortechnik, V); Christoph Greiner (Glasbautechnik; ST); Martin Streif (Grafik Design, T); Marco Hörschläger (Kälte-/Klimatechnik, OÖ); Christoph Pessl (Maler, OÖ); Michael Hofer (Maurer, ST); Sebastian Wienerroither (Steinmetz; OÖ); Florian Hiebl (Verkauf, S).
Für Salzburg holte Verkaufstalent Florian Hiebl von Sport Holzner in Obertauern die Goldmedaille. Stuckateur Stefan Leymüller aus Schleedorf gewann die Silbermedaille. Jonas Schernthaner und Konstantin Stiborek (Mobile Robotics) wurden mit einer Medaille for Excellence ausgezeichnet. Unter folgender Adresse finden Sie eine Liste aller Ergebnisse und Medaillengewinner aus Österreich: http://www.salzburg.com/download/2021-09/ES2021.pdf