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Chinesen überholen VW: BYD will bei E-Autos in Österreich an die Spitze

Jedes sechste neu verkaufte Auto hatte im ersten Halbjahr einen Elektroantrieb. Führend ist die Marke Tesla, doch der chinesische Anbieter BYD preschte mit einem Plus von fast 500 Prozent erstmals in die elektrische Spitzengruppe. Kommt es auch in Österreich zur Umwälzung des Automarktes?

BYD nutzte die Fußball-EM in Deutschland zuletzt als Werbeplattform. Im Bild Harry Kane, der Star der Engländer.
BYD nutzte die Fußball-EM in Deutschland zuletzt als Werbeplattform. Im Bild Harry Kane, der Star der Engländer.
Das Modell Seal ist das Mittelklasse-Angebot von BYD.
Das Modell Seal ist das Mittelklasse-Angebot von BYD.

Erstmals gibt es konkrete Zahlen, die den chinesischen Angriff auf Europas Automärkte unterstreichen: Der Beratungsriese PwC erwartet, dass der traditionelle Exportüberschuss der in Europa dominanten deutschen Autoindustrie in China schon heuer kippen könnte. Soll heißen: In diesem Jahr könnten bereits 440.000 Fahrzeuge chinesischer Hersteller in Europa importiert werden. Die Zahl der nach China exportierten Autos europäischer Hersteller hingegen könnte bereits auf 325.000 Fahrzeuge sinken. Im Vorjahr war das Verhältnis noch umgekehrt: Europas Autoindustrie lieferte 350.000 Fahrzeuge nach China, während zeitgleich erst 280.000 Autos chinesischer Marken nach Europa exportiert wurden.

US-Starinvestor Warren Buffett stieg schon vor Jahren bei BYD ein und machte dank des Kurssprungs viele Milliarden. Zuletzt stieß er einen Teil ab und realisierte somit die Gewinne.
US-Starinvestor Warren Buffett stieg schon vor Jahren bei BYD ein und machte dank des Kurssprungs viele Milliarden. Zuletzt stieß er einen Teil ab und realisierte somit die Gewinne.

Starinvestor Warren Buffett ist bei BYD investiert

In Österreich sind die Veränderungen an den tatsächlichen Verkaufszahlen bereits sichtbar, die von der Statistik Austria erhoben werden: Chinas führender Anbieter ist der BYD-Konzern, der im chinesischen Heimmarkt zum Marktführer aufgestiegen ist. BYD ist die ins lateinische Alphabet übertragene Abkürzung des chinesischen Firmennamens Bi Yà Dí, die drei Buchstaben stehen auch für den Marketingslogan "Build your dreams", also "Bau dir deine Träume". Die Muttergesellschaft BYD notiert an den Börsen Hongkong und Shenzhen. Einer der größten Anteilseigner ist der US-Starinvestor Warren Buffett, der schon vor Jahren bei einem Kurs von unter fünf Euro einstieg. Heute ist die BYD-Aktie fast 30 Euro wert, was Buffett mit Teilverkäufen zur Realisierung von Milliardengewinnen nutzte.

Werbeauftritt bei Fußball-EM.
Werbeauftritt bei Fußball-EM.

BYD in Österreich: Fast 500 Prozent plus von niedrigem Niveau aus

BYD ist auch jene Marke, die in Österreich aktuell am stärksten wächst. Im Vergleich des ersten Halbjahres 2023 zu 2024 sind es 478 Prozent, freilich von einem sehr niedrigen Niveau aus. Immerhin verkaufte BYD im ersten Halbjahr 2024 schon mehr E-Autos in Österreich als die Marke VW und ist bei den E-Autos mit einem Anteil von 8,1 Prozent hinter Tesla und BMW auf Platz drei vorgerückt. Insgesamt verkaufte BYD in Österreich 1834 Autos. Zum Vergleich: Tesla kommt auf 4452, während VW 1524 E-Autos und Rang vier schafft. An dieser Stelle ist wichtig zu betonen, dass der Anteil der E-Autos an den Neuzulassungen in den vergangenen Jahren zwar deutlich gewachsen ist, aber bei insgesamt nur 16,4 Prozent liegt. Sprich: Noch immer werden deutlich mehr Benziner und Diesel verkauft als elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Und BYD verkauft ausschließlich Stromer, während VW noch überwiegend Diesel und Benziner verkauft.

Der Dolphin soll das E-Auto in die Masse bringen. Kosten: rund 26.000 Euro.
Der Dolphin soll das E-Auto in die Masse bringen. Kosten: rund 26.000 Euro.

Chinesen wollen bis 2030 E-Marktführer sein

Geht man aber davon aus, dass der Elektroanteil in den nächsten Jahren weiter wachsen wird, deuten die Veränderungen auf einen Umbruch hin. BYD will spätestens bis 2030 jährlich 10.000 Autos verkaufen und strebt die Marktführerschaft im Bereich E-Autos in Österreich an. Das günstigste BYD-Modell kostet derzeit knapp 26.000 Euro. In absehbarer Zeit sollen E-Autos hinzukommen, die "um die 20.000 Euro" kosten, hat BYD-Austria-Chef Danijel Dzihic dieser Tage im SN-Gespräch angekündigt. BYD will das E-Auto in die Masse bringen und verspricht "leistbare Elektromobilität zum Preis eines Verbrenners". Die etablierten europäischen Marken halten dagegen. Hans Peter Schützinger, Sprecher der Geschäftsführung der Porsche Holding, die von Salzburg aus das größte Netzwerk Europas mit über 500 Händlern in 29 Ländern dirigiert, war im SN-Gespräch zuletzt zuversichtlich, dass man den Großangriff chinesischer Autobauer abwehren werde.

Porsche vertreibt alle VW-Konzern-Marken, neben VW gehören dazu auch Škoda, Audi, Seat und die E-Auto-Marke Cupra, die es im ersten Halbjahr mit knapp 700 Verkäufen und deutlichem Minus nur auf Rang acht der E-Auto-Marken schaffte. In Europa werde die Verbreitung chinesischer Marken beherrschbar bleiben, meinte Schützinger bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz und führte unter anderem den großen finanziellen Aufwand an, die Marken in Europa bekannt zu machen. BYD war zuletzt einer der Sponsoren der Fußball-EM in Deutschland. Im großen Nachbarland verläuft der Marktstart deutlich zäher als in Österreich. Die absolute Absatzzahl liegt im zehn Mal größeren Markt nicht höher als hierzulande.

Im chinesischen Heimmarkt schon dominant

Hauptthema der PwC-Studie ist der weltweite Absatz von Elektroautos, die Autoren haben dafür die Absatzzahlen in 21 Ländern analysiert. Da chinesische Hersteller ihre Marktanteile bei Batterieautos, Plug-in-Hybriden und Extended-Range-Batterieautos mit ergänzendem Benzinmotor auf ihrem riesigen Heimatmarkt schnell vergrößern, wächst auch deswegen deren globale Bedeutung, wie aus dem Papier hervorgeht.

In der Volksrepublik stammten demnach im zweiten Quartal bereits knapp 65 Prozent aller dort verkauften Autos aus chinesischer Produktion, im Vergleich zum Sommer 2019 ein Anstieg um über ein Viertel. Das ist laut Studie vor allem auf den wachsenden Marktanteil von E-Autos zurückzuführen, damit gemeint sind neben Batteriefahrzeugen Hybride aller Bauarten.

Derzeit werden die BYD-Autos aus China importiert, doch der chinesische Konzern plant Werke in Ungarn und der Türkei, um europäische Wertschöpfung nachzuweisen und Strafzölle zu umgehen.
Derzeit werden die BYD-Autos aus China importiert, doch der chinesische Konzern plant Werke in Ungarn und der Türkei, um europäische Wertschöpfung nachzuweisen und Strafzölle zu umgehen.

Strafzölle würden europäischen Herstellern nicht viel nützen

Die PwC-Studie kommt auch zum Schluss, dass die von der EU geplanten Strafzölle auf chinesische Elektroautos den europäischen Herstellern dauerhaft wohl nicht nützen werden. Zölle könnten den europäischen Autobauern kurzfristig Vorteile gegenüber chinesischen Konkurrenten ermöglichen, sagte Felix Kuhnert, der Leiter des Autobereichs bei PwC Deutschland. "Die chinesischen Hersteller haben jedoch in der Vergangenheit eine hohe Adaptionsfähigkeit und Agilität gezeigt und werden die Zölle zum Anlass nehmen, ihre Produktionskapazitäten in Europa hochzuschrauben oder Partner für die Auftragsfertigung zu suchen und mit noch wettbewerbsfähigeren Produkten aufzuwarten." Die Pekinger Führung hat für etliche Industriebranchen inklusive Elektroautos das Ziel ausgegeben, die weltweite Technologieführerschaft zu übernehmen. Produktion und Verkauf von Elektroautos werden daher in China auf verschiedenen Ebenen gefördert, bis hin zu kommunalen Subventionen in den großen Städten.

BYD baut Werke in Europa

BYD wappnet sich derweil bereits gegen die Kritik aus Europa, dass man den Markt mit unfair subventionierten Fahrzeugen überschwemme. Das erste BYD-Werk in Europa, geplant in Ungarn, könnte schon Ende 2025 in Betrieb gehen. Und in der Türkei ist bereits ein zweites Werk geplant. Für die Produktion in Ungarn laufen Verhandlungen mit österreichischen Zulieferern. Vor allem für das steirische Magna-Werk wären neue Geschäftspartner aus China nach dem Wegfall mehrerer Aufträge - etwa von Fisker und Ineos - wichtig. Welche tatsächlichen Kooperationen gelingen, ist derzeit aber noch offen.

BYD ist die ins lateinische Alphabet übertragene Abkürzung des chinesischen Firmennamens Bi Yà Dí, die drei Buchstaben stehen auch für den Marketingslogan "Build your dreams", also "Bau dir deine Träume". Die Muttergesellschaft BYD notiert an den Börsen Hongkong und Shenzhen. Einer der größten Anteilseigner ist der US-Starinvestor Warren Buffett.

BYD ist die ins lateinische Alphabet übertragene Abkürzung des chinesischen Firmennamens Bi Yà Dí, die drei Buchstaben stehen auch für den Marketingslogan "Build your dreams", also "Bau dir deine Träume". Die Muttergesellschaft BYD notiert an den Börsen Hongkong und Shenzhen. Einer der größten Anteilseigner ist der US-Starinvestor Warren Buffett.

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