Seit einem Nachfrageboom während der Coronazeit ist der Markt im Baubereich allgemein und für Fertighäuser im Speziellen deutlich eingebrochen. Die Gründe dafür waren die allgemeine Inflationswelle mit speziell gestiegenen Preisen für Baumaterial, immer wieder auftretende Lieferprobleme sowie deutlich in die Höhe geschnellte Finanzierungskosten bei gleichzeitig strengeren Kreditvergaberegeln - die sogenannte KIM-Verordnung.
Absatz von Fertighäusern gestiegen: Trendwende auf tiefem Niveau
Deutlich höhere Kosten führten dazu, dass der Traum vom Eigenhaus für sehr viele wohl immer ein Traum bleiben wird - auch in der günstigeren und schnelleren Version eines Fertighauses. In dem Bereich haben sich die Kundengruppen verschoben. Statt wie früher der Mittelstand ist es nun der gehobene Mittelstand, der sich Fertighäuser noch leisten kann.
Doch jetzt zeichnet sich ein erster Silberstreif am Horizont ab. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Absatz von Fertighäusern um vier Prozent über dem Vergleichswert des Jahres davor. "Das ist nicht die Welt", räumt Marktforscher Andreas Kreutzer ein, der zu dem Thema eine aktuelle Branchenuntersuchung durchgeführt hat, "aber damit zeichnet sich eine Trendwende ab." Wenngleich auf noch immer sehr tiefem Niveau.
Nachfrageschwäche und Krisenstimmung in der Bauindustrie
Denn von den Vorkrisenwerten ist man noch weit entfernt. Nach dem Markteinbruch von 2022 hat sich die Talfahrt der Fertigteilhäuser auch 2023 noch einmal ungebremst fortgesetzt. Die Nachfrage nach frei stehenden Ein- und Zweifamilien-Fertighäusern schrumpfte im Vorjahr von 2440 noch einmal um ein gutes Fünftel (-21,6 Prozent) auf 1914 Einheiten. Rechnet man die Zahlen der ersten sechs Monate 2024 auf das Gesamtjahr hoch, kommt man auf rund 2000 verkaufte Häuser. Das wäre auch auf Jahresbasis eine leichte Erholung. Und ein spürbares Signal, dass die Talfahrt erst einmal gestoppt ist.
Marktforscher Kreutzer findet diese Entwicklung bemerkenswert, weil sie im Umfeld eines auf breiter Front rückläufigen Marktes für Baumaterial stattfindet. Denn gleich, ob man Ziegel, Dämmstoffe, Dach oder Türen anschaut - in so gut wie allen Bereichen rund um die Bauindustrie herrschen aktuell noch Nachfrageschwäche und Krisenstimmung.
Drcuk von Advicum: Häuser noch zu teuer, die Nachfrage im Keller
Noch sind nicht alle von einer sich abzeichnenden Trendwende im wichtigen Fertighausbereich überzeugt - auf den ein Drittel bis ein Viertel der Neubauaktivitäten in Österreich entfallen. Daniel Knuchel vom Beratungsunternehmen Advicum sieht den Sektor weiter stark unter Druck - Grund und Häuser seien noch zu teuer, die Nachfrage sei im Keller.
Aus seiner Sicht steht eher eine Marktbereinigung bevor, manche Anbieter dürften aus dem Markt ausscheiden, durch Insolvenz oder Fusion. "Die Zahlen werden sich auf einem niedrigen Niveau konsolidieren." Kredite seien weiter teuer, Baukosten und Grundstückspreise nach wie vor hoch, trotz leichter Korrektur. Wer jetzt versuche, sich durch tiefe Preisangebote Marktanteile zu kaufen, riskiere, am Schluss ohne Verkäufer dazustehen.
Strukturelle Veränderungen und Sofortmaßnahmen
Für eine nachhaltige Stabilisierung der Branche brauche es weitreichende strukturelle Veränderungen und Sofortmaßnahmen, ist Berater Knuchel überzeugt. Der Druck auf den Neubau könnte durch Umwidmungen und die Verdichtung bestehender Flächen - etwa durch Nutzung von Leerständen und Baulücken - deutlich reduziert werden.
Zugleich seien Vorschriften anzupassen, etwa die zulässige Gebäudehöhe oder Mindestabstände zu Grundstücksgrenzen. "Das könne Auf- und Anbauten sowie die Sanierung von Bestandsgrößen erleichtern", meint Knuchel.
Düstere Erwartungen für Hersteller von Betonfertigteilen
Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter heimischen Herstellern von Betonfertigteilen zeigt, dass fast zwei Drittel der Befragten - 64 Prozent - sinkende Umsätze im ersten Halbjahr 2024 verzeichneten. Bis Jahresende sind die Erwartungen noch düsterer, bis dahin rechnen 75 Prozent der befragten Unternehmen mit rückläufigen Umsätzen. Besonders betroffen von der schwachen Entwicklung war der Bereich Wohnbau, wo drei von vier Befragten sinkende Umsätze meldeten. Der durchschnittliche Umsatzrückgang lag bei 15 Prozent, besagt das vom Wiener Marktforschungsinstitut TQS durchgeführte "Konjunkturbarometer" des Verbands Österreichischer Betonfertigteilwerke (VÖB). Deren Mitglieder stellen zwar keine Fertighausteile her, als Lieferanten für dafür benötigte Artikel wie Kellerstiegen und Garteneinfriedungen haben sie aber guten Einblick in den Markt.
Konjunkturflaute im Wohnbau "besorgniserregend"
Als Hauptgrund der schwachen Entwicklung sieht man beim VÖB die anhaltend schwache Wirtschaftsentwicklung sowie die schwierigen Kreditvergaberegelungen der KIM-Verordnung - die Abkürzung für Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung. In Summe sei die Konjunkturflaute im Wohnbau "besorgniserregend", sagt VÖB-Präsident Michael Wardian. Das Zinsniveau zusammen mit der KIM-Verordnung habe "diesen Sektor praktisch zum Erliegen gebracht".
Ein Anbieter, der dennoch Anzeichen einer Marktbelebung spürt und "nicht klagen kann", ist Hartl Haus, Marktführer für Fertighäuser in Österreich. Mit Aufstockungen und Zubauten habe man sich ein zweites Standbein geschaffen, sagt Sprecher Philipp Müller. Die Idee: Durch neue Stockwerke auf bestehende Gebäude lasse sich Wohnraum mit überschaubaren Kosten erweitern, indem man etwa einen Bungalow zum Hochhaus umbaue. Hartl sei es gelungen, die Aufträge im Vergleich zum Vorjahr zu verbessern. "Da hilft uns natürlich auch der Sanierungsbonus", sagt Müller.
"Lebensraumministerium" gefordert
Auch dem Marktführer liegt die KIM-Verordnung "schwer im Magen". Die gesamte Baubranche pocht auf ein baldiges Ende der Bestimmung durch eine neue Bundesregierung. Die Hoffnung auf maßgebliche Erleichterungen haben viele bereits aufgegeben.
Auch ein weiteres Anliegen findet sich in der Wunschliste aus der Baubranche an eine neue Regierung. VÖB-Geschäftsführer Anton Glasmaier etwa spricht sich für ein eigenes Ministerium aus, das sich mit unterschiedlichen Aspekten des Bauens befassen sollte. Ein solches "Lebensraumministerium" sollte die Errichtung von Gebäuden für Wohnen oder Arbeiten - also für Gewerbe und Industrie - ebenso umfassen wie den dafür erforderlichen Rohstoffabbau, also Schottergruben oder Steinbrüche. Auch Flächenwidmung und Bodenverbrauch sollten in die Kompetenz fallen, ebenso der Schutz von Natur- und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Ein eigenes Bautenministerium gab es in Österreich bereits von 1966 bis 1987.
Die Krise am Bau in Zahlen und Fakten
Wienerberger ist Nummer 1
bei Ziegeln weltweit. Der Einbruch der Baukonjunktur ließ das Ergebnis nach Steuern im ersten Halbjahr von 223,5 Millionen Euro auf gerade noch 0,5 Millionen Euro einbrechen. Der Konzern reagierte mit Entlassungen, Abschreibungen und einem Sparprogramm.
Deutliche Rückgänge gibt es bereits seit 2022 bei Krediten für den Wohnbau. Auch die Investitionen in den Baubereich sind weiter kräftig rückläufig. Nach einem Einbruch um 9,2 Prozent im Jahr 2023 (gegenüber 2022) erwartet die Unicredit Bank Austria auch heuer ein Minus von
3,5 Prozent. Erst 2025 sollte eine leichte Erholung einsetzen.
