Natürlich ist es früher auch gegangen. Mit der Zehn-Punkte-Karte am Schlepplift, in die bei jeder Fahrt ein Loch gestanzt wurde. Was wie eine Szene aus uralten Zeiten wirkt, war noch vor 30 Jahren gängig - und ist es heute noch an manchen Dorfliften. Doch durch großräumige Zusammenschlüsse zu Wintersportregionen wurden immer neue, konsumentenfreundlichere Lösungen notwendig. Zunehmend wird dabei das Smartphone zum Datenträger.
Auch wenn es einige Anbieter elektronischer Zutrittssysteme gibt, darunter Axess mit Sitz in Anif, hat sich mit der Skidata AG ein ebenfalls Salzburger Unternehmen mit inzwischen 44 Jahren Marktpräsenz als Platzhirsch etabliert. Es bezeichnet sich als Weltmarktführer im Bereich Massenzutritts- und Revenue-Management. Es errichtete mehr als 10.000 Installationen in über 100 Ländern für den sicheren Zugang von Personen und Fahrzeugen zu unterschiedlichsten Einrichtungen - von Stadien über Flughäfen bis zu Freizeitparks. Die Basis legten aber die Skipässe.
Die SN sprachen mit Skidata-Austria-Geschäftsführer Franz Holzer über zukunftsorientierte Lösungen im Wintersport und die von Coronamaßnahmen geprägte Gegenwart.
Herr Holzer, beginnen wir mit der Corona-Gegenwart: Seilbahnbenützung mit 2G, vorher 3G, vielleicht mal 2G plus. Wie funktionieren die elektronischen Kontrollen aktuell? Franz Holzer: Wir hatten nur sehr wenig Zeit für die Entwicklung unserer Software. Die 2G-Verordnung kam erst Anfang November, und wir betreuen rund 200 Skigebiete in Österreich, wobei alle Großen auf unsere automatisierte Lösung setzen. Technisch gesprochen verknüpfen wir beim Ticketverkauf die Nummer der Chipkarte mit dem Grünen Pass, den wir auslesen. Damit erzeugen wir aus Datenschutzgründen einen eigenen, nicht rückzuverfolgenden Hashcode, mit dem wir feststellen, wie lange 2G gültig ist. Das betrifft in erster Linie Saisonkarten, bei denen die gesetzliche Impfwirksamkeit beziehungsweise der Genesenenstatus im Laufe der Saison enden kann. Momentan werden 85 Prozent aller Pässe an der Kassa freigeschaltet, aber es sind auch mobile Terminals im Einsatz. Das sind Android-Smartphones mit entsprechender App.
Funktioniert alles wunschgemäß und ließen sich auch unterschiedliche Bestimmungen für einzelne Bundesländer auf den Skipässen umsetzen? Es ginge auch bundesländermäßig, aber es wäre eine riesige Herausforderung. Schon allein, weil zahlreiche Skipässe in mehr als einem Bundesland gültig sind. Es ist schon so schwierig genug. Wir sind aber so weit, dass die am Green-Pass-Gateway der Regierung veröffentlichten Regeln von uns tagesaktuell berücksichtigt werden. Kommt es zu einer 2G-plus-Regelung, wäre das auch möglich, indem der aufs Handy hochgeladene QR-Code für das negative Testergebnis ebenfalls mit der Freischaltung verknüpft wird. Es ist aber ein Handlingproblem beim Endkunden, der das ja wissen muss. Im Prinzip war das ja schon bei 3G das Thema. Das Haupthindernis: Aufgrund der stark limitierten Gültigkeit der Tests müsste der Gast jeden zweiten Tag zur Kassa.
Wie groß waren die Anlaufschwierigkeiten? Natürlich gab es aufgrund des sehr kurzfristigen Starts logistische Hürden. Kitzbühel, Hintertux und viele andere haben uns teilweise offensiv signalisiert: Alles läuft super. Probleme hatten eher kleinere Gebiete, die vielleicht schon zuvor nicht die letzten Updates installiert hatten. Alle überregionalen Saisonkarten sind inzwischen freigeschaltet. Normalerweise werden derartige Innovationen in einem Winter getestet und erst dann ausgerollt. Wegen Corona wurden wir und Mitbewerber zu Maßnahmen ohne Feldtest gezwungen.
Ein Beispiel für eine strategischere Herangehensweise ist wohl das Handyticket. Wie ist der Stand aktuell? Unser Fokus liegt immer darauf, Wintersport angenehmer und sicherer zu machen. Mit dem Skipass auf dem Handy machen wir es noch einfacher, denn der Gast lädt sich nach elektronischer Zahlung das Ticket einfach herunter, steckt sein Smartphone in die Anoraktasche und fährt los. Wir haben schon zwei Wintersaisonen getestet: zuerst am Monte Popolo in Eben auf Android, im Vorjahr auch in Kitzbühel mit Android und Apple. Heuer läuft in Kitzbühel das System bereits im Vollbetrieb, es ist allen Kunden zugänglich. In Mönichkirchen sollte es im Laufe des Winters so weit sein.
Was ist, wenn - wie es bei Kälte häufiger passiert - der Akku aufgibt? Das passiert heutzutage seltener, außer es wird vielleicht zu viel fotografiert, auch GPS-Tracking kostet Strom, unsere App aber faktisch keinen. Wenn es passiert, ist es gleich wie beim Fliegen: Ich gehe zur Kassa, mache Angaben zu meiner Person, mein Ticket wird so identifiziert und ausgedruckt, das Handyticket gesperrt. Leere Akkus waren bei den Feldtests unser geringstes Problem, eher die unterschiedlichen Bluetooth-Lösungen sowie bei uns komplett unbekannte Geräte. Wenn Endkunden nur mit dem Handyticket anreisen, nicht einmal eine Kreditkarte mithaben oder ihren 3D-Secure-Pin nicht kennen, dann wird's schwierig. Wir arbeiten mit Bluetooth Low Energy, ich bin aber sicher, dass in den nächsten Jahren andere Technologien kommen werden. Unsere größte technische Hürde war, die Reichweite einzuschränken, damit nicht mehrere Smartphones gleichzeitig erfasst werden. Das ist gelungen.
Wieso gibt es das Handyticket nur in zwei Skigebieten? Wir haben aus Österreich schon viel mehr Bestellungen. Unser Plan ist aber, vorerst zwei Skigebiete pro Land mit der neuen Software auszustatten. Also zuerst auch international damit bekannt zu werden.
Wie viel kostet es die Skigebiete? Pro Zutrittsterminal wird es vielleicht um 15 Prozent teurer, auf das Gesamtsystem ist es schwer zu sagen, ist es doch ein Element des Onlineverkaufs, der wiederum Kosten reduziert. In Österreich hat bisher jedes Gebiet eine eigene Keycard. Das müsste nicht sein.
Ein Datenträger für alle Leistungen? Ist das ein Zukunftstrend? Unsere Technologie könnte natürlich schon jetzt die gleiche Card in jedem Skigebiet verwenden. In manchen Ländern funktioniert das auch schon sehr gut, vor allem in Kombination mit Onlinetickets. In Skandinavien liegt der Marktanteil schon bei 30 Prozent, die slowakische Tatri Mountain verkauft sogar zwei Drittel online. Die Technologie wird immer bekannter, gerade die Plattform Starjack sorgt dafür, dass Onlineticketing enorm zulegt.
Was bewirkt die verstärkte Digitalisierung für die Liftbetriebe und Wintersportdestinationen in Zukunft? Es geht von vielleicht 20 Liftkassen hin zu einem Webshop. Der Gast hat mit dem Onlinekauf schon alle Informationen über mögliche Einschränkungen, kann als Stammkunde identifiziert werden und vielleicht Vergünstigungen erhalten. Was perspektivische Destinationslösungen betrifft, das wäre ein abendfüllendes Thema. Aber was kommt, ist die Integration von Skiverleih, Skischule, Skidepot. Oder spezielle Lösungen wie das neue VIP-Parking bei der Flying Mozart im Snow Space Wagrain. In der VIP-Gondel kann man dort frühstücken und früher in den Skitag starten. Early Birds ermöglichen generell eine Entzerrung des morgendlichen Andrangs. Es sind limitierte Produkte, die nur mit Onlinevorausbuchung funktionieren und ideal für den Post-Covid-Tourismus sind, der individueller sein wird als der Massentourismus davor.