Ryanair-Konzernchef Michael O'Leary hat angekündigt, dem Bodenpersonal künftig höhere Prämien zu zahlen, wenn bei Gästen zu schwere oder zu große Handgepäckstücke entdeckt werden. Der Anreiz soll zum November von 1,50 Euro auf 2,50 Euro pro entdecktes Gepäckstück steigen und nicht mehr monatlich gedeckelt sein, wie britische Medien berichten. Ertappte Passagiere müssen hohe zusätzliche Gepäckgebühren bezahlen. Ryanair begründet die Maßnahme mit schnelleren Prozessen. Sämtliches Handgepäck muss vor dem Start sicher in der Kabine verstaut sein. Bei einem erhöhten Aufkommen kann es zu kostenträchtigen Verzögerungen kommen. "Wir sind entschlossen, die Geißel der übergroßen Gepäckstücke zu beseitigen, die das Einsteigen verzögern und für die über 99 Prozent unserer Fluggäste, die sich an unsere Gepäckbestimmungen halten, eindeutig unfair sind", teilte ein Ryanair-Sprecher mit.
Gewerkschafter warnt: Ärger an Bord programmiert
Die schärferen Handgepäckkontrollen bei der Fluggesellschaft Ryanair werden nach Auffassung eines deutschen Gewerkschafters zusätzliche Probleme während des Flugs schaffen. "Sie verderben die Stimmung schon vor dem Start, wenn man ohnehin gestresste Passagiere angeht", sagte Joachim Vázquez Bürger, Chef der deutschen Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO. "Man schafft sich seine 'unruly passengers' selbst." Darunter werden Passagiere verstanden, die durch unangemessenes Verhalten die Sicherheit des Flugs gefährden. Ryanair geht zivilrechtlich scharf gegen Störer vor, verlangt 500 Euro Geldstrafe pro Fall und hat in diesem Zusammenhang schon Alkoholverbote an Flughäfen gefordert.
Wie andere Direktfluggesellschaften auch erlaubt Ryanair im günstigsten Tarif kostenfrei nur ein kleines Handgepäckstück in der Größe von 40 x 30 x 20 Zentimetern. Die üblichen Kabinenkoffer können nur gegen Aufpreis mit in die Kabine genommen werden. Das hat zu Kritik von Verbraucherschützern und dem EU-Parlament geführt.
Extra-Gebühr für Nackenhörnchen: Verbraucherschützer wehren sich
Bei einem jüngsten Beschwerdefall eines Ryanair-Kunden, der dem Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) beim VKI in Wien vorliegt, wurde ein simples Nackenhörnchen als zweites Handgepäck verrechnet.
Verbraucherverbände europaweit wollen dem nicht länger zusehen und gehen nun gemeinsam gegen den Wildwuchs bei Handgepäckgebühren vor. Der Europäische Verbraucherschutzverband Beuc hat vor Kurzem bei der Kommission eine offizielle Beschwerde gegen sieben Direktfluggesellschaften - darunter Easyjet und Ryanair - eingereicht, die aktuell pro Passagier lediglich eine kleine Tasche für Dinge des persönlichen Bedarfs kostenfrei zulassen. Auch im EU-Parlament setzen sich Abgeordnete für großzügigere Regeln in den Kabinen ein. Auch der deutsche Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hat gegen Easyjet, Wizz Air und Vueling Airlines Klage wegen aus seiner Sicht unzulässiger Gebühren für Handgepäck eingereicht.
Easyjet zahlt bereits länger Prämien
Ryanair ist mit dem Vorgehen allerdings nicht allein: Easyjet zahlt Flughafenmitarbeitern in Großbritannien schon seit einiger Zeit eine Prämie, wenn sie Passagiere mit übergroßen Handgepäckstücken erwischen. Die Zahlungen sollen jene belohnen, "die das Richtige tun", zitierten britische Medien aus einem E-Mail von Easyjet. Für die Passagiere wird es indes teuer: 48 Pfund kostet es, um das übergroße, nicht angemeldete Gepäck doch noch in den Flieger nehmen zu dürfen.
AUA lockt mit Gutscheinen
Die AUA-Mutter Lufthansa zahlt nach eigenen Angaben keine Prämien an das Bodenpersonal. "Es gibt keine Anreize und keine Strafgebühren", sagt ein Sprecher. Vielmehr seien die Crews und die Beschäftigten am Boden angehalten, mögliche Probleme mit übermäßigem Handgepäck frühzeitig zu erkennen und einvernehmlich zu lösen. Auch bei der AUA hieß es, man zahle weder Prämien, noch plane man eine solche Einführung. Die Regeln der Fluglinie, was Handgepäckgröße und -gewicht betreffe, seien klar und würden auch dementsprechend umgesetzt.
"Bei besonders gut gebuchten Flügen - etwa nach Frankfurt, Hamburg oder Barcelona - bei denen aus Erfahrung mit hohem Handgepäcksaufkommen zu rechnen ist, werden die Gäste schon im Vorfeld via E-Mail kontaktiert", erklärt eine AUA-Sprecherin. Wer sich fürs Einchecken des Handgepäcks entscheide, werde mit einem Vier-Euro-Gutschein fürs Bordbistro belohnt.
