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Urlaub am sauberen Strand: Wo Einheimische ihr Meer schützen

Neues, kluges Ressourcenmanagement an der Algarve. Portugals Süden lebt seit jeher am und mit dem Meer. Neue Initiativen und engagierte Einheimische schützen und nützen die Schätze der Küste - nachhaltig.

Schnappschuss von der Algarve. Der Ozean als schützenswerte Lebensgrundlage von Tier und Mensch.
Schnappschuss von der Algarve. Der Ozean als schützenswerte Lebensgrundlage von Tier und Mensch.
Silvia Padinha bei ihren Austernbänken auf Culatra.
Silvia Padinha bei ihren Austernbänken auf Culatra.
Meeresbiologe Nuno Barros erklärt die Biosphäre Küste.
Meeresbiologe Nuno Barros erklärt die Biosphäre Küste.

Silvia Padinha ist eine Kämpferin. Seit bald 30 Jahren ist die Endfünfzigerin Präsidentin der Dorfgemeinschaft auf der Insel Culatra in der Lagune vor der kleinen Hafenstadt Olhão. Heute ist Silvia Padinha auf die Austernzucht spezialisiert, doch früher wurden hier an der Südküste Portugals nur Venusmuscheln gezüchtet und verkauft.

Austern gibt's hier erst seit rund 20 Jahren, erzählt Präsidentin Silvia, fast alles wird nach Frankreich exportiert. Die gefragte Muschel steht für die Lebensgrundlage der rund 1000 Bewohner von Culatra. Hotelanlagen oder Massentourismus gibt es hier nicht. Nur kleine Fährboote und Ausflugsboote kommen während der Saison im Sommer mehrmals am Tag, die Fahrt vom Festland zu dem flachen Eiland dauert rund eine halbe Stunde. Die Hauptstraße ist ein schmaler Pfad, zum Teil nur mit Betonplatten befestigt, gesäumt von bunten Bungalows, es gibt eine kleine Kirche und am Dorfrand eine Volksschule.

Besonders fleischige Austern

Rund sieben Euro erhalten Austernzüchter für ein Kilogramm ihrer Ware, das entspricht ungefähr 18 Stück. In Frankreichs Restaurants wird natürlich ein Vielfaches dafür bezahlt. Die Austern von Culatra sind auch besonders fleischig, wie sich bei einer Verkostung auf Silvias Terrasse zeigt. Sie öffnet die Muscheln so flink, als wäre es ein Kinderspiel. Dazu ein Schluck leichter Weißwein - und fertig ist die Glückseligkeit. Zumindest für die, die Austern mögen. Am besten seien sie mit einer Vinaigrette aus roten Zwiebeln, Weißwein und Essig, schwärmt die Dorfpräsidentin, die ihr Produkt ohne viele Worte präsentiert, aber strahlend und stolz.

Dem Engagement Silvias und ihrer Mitstreiter ist es zu verdanken, dass zahlreiche Familien heute auf Culatra sogar von der Austernzucht leben können. Denn französische Investoren wollten das Land am Wattenmeer kaufen und die Einheimischen beschäftigen, so Padinha. Doch diese wollten lieber selbstständig bleiben, lehnten dankend ab und nahmen als Mitglieder der Dorfgemeinschaft (Associação de Moradores da Ilha da Culatra/AMIC) das Geschäft schließlich selbst in die Hand. Im Lauf der Jahre habe man dazugelernt. Je mehr Bewegung es im Wasser gebe, desto besser würden die Austern wachsen. Man habe viel experimentiert, auch mit Biologen, so Silvia Padinha, die mit ihrem Sohn eine der Austernbänke, die "Viveiros", bewirtschaftet. Auf 5000 Quadratmeter sind die Parzellen beschränkt, rund 200 Tonnen Austern produzieren sie auf Culatra im Jahr. Verkauft werden können die Muscheln erst nach eineinhalb bis zwei Jahren Wachstum. Sie stecken in Metallkörben und diese müssen alle 14 Tage durchgeschüttelt werden - Handarbeit. Mit der auch von der EU geförderten Initiative "Culatra2030" soll die Lebensgrundlage auf der Insel weiter verbessert werden. Dazu gehört der weitere Ausbau von Photovoltaik, die den Strombedarf der Bewohner derzeit erst zu einem Viertel deckt, mit dem grünen Strom will man von den Dieselgeneratoren wegkommen.

Von der "Sandalgarve" zur "Felsalgarve"

Zurück aufs Festland, auf die "Sandalgarve". Über die würfelförmigen, weiß gekalkten Häuser von Olhão, einst wichtigster Fischereihafen Portugals mit zahlreichen Fischfabriken und heute schicker Küstenort, führt die Reise weiter nach Westen, zur "Felsalgarve". Städte wie Lagos und Sagres mit seiner windumtosten Festung auf der südwestlichsten Landspitze Europas erinnern an die Zeit jener Entdecker, die das kleine Königreich Portugal nach Spanien ab dem 15. Jahrhundert zur Weltmacht werden ließ. Briten und Franzosen wurden erst später, im 17. Jahrhundert, zu Kolonialmächten. Ganz anders ist der Charakter im Westen der Algarve.

An der Costa Vicentina brechen die gewaltigen Wellen des Atlantiks. Noch kilometerweit vom Meer entfernt tost es laut, der Wind schmeckt salzig. Das Hinterland gibt sich statt mediterran eher grasgrün wie in Irland, mit vielen hölzernen Strommasten. Nuno Barros steht am Strand in der Bucht von Monte Clérigo. Zwischen Gischt und Küste lugen flache Felsen aus dem Sand. Giftgrüne Algen darauf zeigen an, dass sie meist unter Wasser liegen. Häuser gibt es hier erst seit ungefähr 100 Jahren. Bis vor ein paar Jahrzehnten lebten nur ein paar Fischer den Sommer über hier. Eine kleine Bar und ein paar Privatzimmer - das ist auch schon alles an touristischen Einrichtungen.

Die Botschaft des portugiesischen Meeresbiologen Barros, der für die britische Meeresschutzorganisation "Manta Trust" die Gemeinsame Fischereipolitik der EU verfolgt, ist klar: Wenn wir die Lebensgrundlagen auf dieser Erde erhalten wollen, müssen wir danach trachten, dass es den Meeren nicht noch schlechter geht. Mit einem Stock zeichnet Nuno Barros mit wenigen Strichen eine Zeitleiste in den feuchten Sand. Mit ebenso wenigen Sätzen rauscht er verbal durch die 4,5 Milliarden lange Erdgeschichte, in der die Landbewohner und erst recht der Mensch erst sehr spät auftauchten. "Die Ozeane sind die größte Eiweißquelle", sagt Barros. Und: "Mehr als die Hälfte des Sauerstoffs auf unserem Planeten kommt aus dem Meer." Daher könne man schon in küstennahen Bereichen sehen, wie es den dort verbreiteten Arten geht.

Aufmerksamkeit und Fürsorge im Urlaub

Eine Stufe höher auf den Klippen über dem Meer zeigt uns der Meeresbiologe ein paar Seevögel. Reiher, die wir hierzulande als Wiesenbewohner kennen, brüten auf Felsen. Störche, angelockt von der intensivierten Landwirtschaft seit den 1960er-Jahren, fanden ebenfalls Nester an den Klippen. Barros kann nach eigenen Angaben rund 500 Seevögel anhand ihres Fluges und ihrer Schreie unterscheiden. Das sagt er ganz ohne Angeberei, er beschäftige sich eben von klein auf mit den Bewohnern im und am Meer. Wer sich für ähnliche Touren interessiere, sei bei walkinginsagres.com richtig. Empfehlenswert, so Barros, sei auch das Bird Watching Festival in Sagres Anfang Oktober.

Spektakuläre Aussichten über weitläufige Buchten und umtoste Klippen, auf den Lebensraum Meer, gibt es viele im Südwesten Portugals. Immer öfter mit einem Blick voll Aufmerksamkeit und Fürsorge.

Reiseinfo: Es gibt regelmäßige Flüge nach Faro aus Wien (Ryanair) und München (Lufthansa), visitalgarve.pt/de