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Body Positivity: Die Schattenseiten eines Social-Media-Trends

Warum der Trend, den eigenen Körper zu lieben, unnötigen Druck erzeugen kann. Und wie wir den Fokus auf unsere inneren Werte richten. Elisa Wimmer

Vor allem Frauen werden oftmals auf ihr Aussehen und reduziert.
Vor allem Frauen werden oftmals auf ihr Aussehen und reduziert.

In den sozialen Medien hat sich der Begriff Body Positivity mittlerweile weit verbreitet. Unter diesem Hashtag findet man Inhalte, die sich mit Körperakzeptanz und der Wertschätzung aller Körperformen befassen. Auch in der Werbung ist die Bewegung ein großes Thema. Curvy Models laufen auf fast allen Laufstegen dieser Welt, Werbespots zeigen dicke und dünne Menschen. Und das ist gut so, denn die Akzeptanz jedes Körpers ist noch längst nicht vollständig in der Gesellschaft angekommen.

Gerade Frauen werden immer noch stark auf ihr Aussehen und ihr Gewicht reduziert, weshalb sich der Body-Positivity-Bewegung auch mehr Frauen anschließen, da sie stärker betroffen sind als Männer. Seinen Körper zu akzeptieren, wie er ist, ist das richtige Ziel, aber trotzdem sehe ich Body Positivity, so wie sie in den sozialen Medien ausgelebt wird, kritisch. Denn meiner Meinung nach wird das Grundproblem auch durch Body Positivity nicht behoben. Wir beschäftigen uns viel zu sehr mit unserem Aussehen, es wird zur Priorität. Laut Body Positivity sollen die Menschen lernen, sich selbst zu lieben.

Body Positivity kann Druck erzeugen

Aber genau das kann unter Druck setzen. Manchmal ist es auch vollkommen in Ordnung, sich nicht schön zu finden. Selbstliebe kann nicht erzwungen werden, und einzelne Tage, an denen man sich nicht "liebt", sind keineswegs ein Zeichen einer tiefer gehenden Ablehnung des eigenen Körpers. Außerdem orientiert sich der Trend weiterhin an den optischen Idealen. Abweichungen werden immer noch als Makel betrachtet, nur soll man diese jetzt lieben lernen.

Das ist nicht der richtige Ansatz. Stattdessen sollte man nicht ständig an das eigene Aussehen erinnert werden, in vielen Bereichen spielt es schlichtweg keine Rolle, wie man aussieht. Auch bei Body Positivity steht der Körper im Zentrum, die inneren Werte werden wieder einmal vergessen. Und schon wieder werden vor allem Frauen auf ihr Aussehen reduziert.

Gesundheit und Schönheit trennen

Außerdem suggeriert die Bewegung oftmals, dass Übergewicht genauso gesund sei wie andere Körperformen. Diese Aussage ist viel zu pauschal und kann gefährlich werden. Adipositas, also starkes Übergewicht, gilt als Auslöser für viele chronische Krankheiten, fördert Gelenkprobleme und schränkt die Beweglichkeit und somit den Alltag ein. Wir müssen Gesundheit und Schönheit klar trennen. Denn während Menschen mit hohem Körpergewicht zweifellos schön sein können, heißt das nicht unbedingt, dass Übergewicht gesundheitlich unproblematisch ist. Der Wunsch abzunehmen wird mittlerweile oft als Zeichen dafür gesehen, dass man seinen Körper nicht genug liebt. Dabei kann das Ziel, seine Gesundheit zu verbessern, ein Akt der Selbstfürsorge sein.

Es ist wichtig, diesen Wunsch nicht als negativ zu stigmatisieren, sondern als eine Entscheidung für das eigene Wohlbefinden und langfristige Gesundheit. Beim Abnehmen sollte es nicht darum gehen, seine Selbstliebe zu verbessern, sondern es sollte vielmehr ein Schritt Richtung langfristiger Gesundheit, höherem Wohlbefinden und mehr Beweglichkeit sein. Jeder Mensch sollte frei darin sein, wie er mit seinem Körper umgehen möchte, ohne sich für seine Entscheidungen rechtfertigen zu müssen.

Körperakzeptanz als Marketingkonzept

Besonders problematisch ist Body Positivity als Verkaufsstrategie. Viele Marken präsentieren jetzt "diverse" Körperbilder, was allerdings nicht selten ein reines Marketingkonzept ist. Weiterhin werden Produkte verkauft, die auf die augenscheinliche Verschönerung des Körpers hinzielen - gleichzeitig wird mit dem Slogan der Körperakzeptanz geworben. Das passt nicht zusammen.

Man merkt, dass Labels nur auf Diversität setzen, weil man das heutzutage fast schon muss, um nicht kritisiert zu werden, und nicht, weil sie wirklich von der Notwendigkeit der Inklusion überzeugt sind. Produkte propagieren Selbstliebe und fokussieren sich trotzdem auf das Streben nach dem "perfekten" Körper. Das Ziel bleibt das Gleiche, nur der Weg dorthin wird als Selbstliebe getarnt.

Körper ist nicht das Zentrum unserer Identität

Wir brauchen keine Body Positivity, sondern Body Neutrality. Das bedeutet, dass wir unseren Körper als das sehen, was er ist. Er trägt uns durchs Leben, ist ein Werkzeug, das uns bewegt und uns gesund hält. Unser Körper ist nicht das Zentrum unserer Identität, sondern nur ein kleiner Teil davon. Wenn wir die Energie, mit der wir uns auf unsere Figur konzentrieren, auf andere Dinge lenken würden, wie sehr könnten wir uns dann auf unser persönliches Wachstum und auf die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft fokussieren?

Körperformen, Gewicht und Aussehen sollten viel weniger erwähnt werden, denn je mehr wir uns damit beschäftigen, egal ob in positiver oder negativer Weise, desto mehr Bedeutung geben wir unserem äußeren Erscheinungsbild. Body Positivity kann noch mehr unter Druck setzen und somit genau das verursachen, was sie eigentlich verhindern will. Du musst deinen Körper nicht lieben, du musst ihn nur akzeptieren.

Elisa Wimmer
ist 17 Jahre alt, kommt aus Anthering und besucht das Musische Gymnasium in Salzburg.