Ich würde nicht in die Hügel von Hollywood ziehen. Wenn dort die engen Straßen brennen, sitzt man in der Falle!", warnte mich meine Freundin Srila, als wir uns 1994 in Los Angeles niederließen. Die L.-A.-Riots - jene sogenannten Rassenunruhen, die vor zwanzig Jahren, am 29. April 1992, ausbrachen - waren noch frisch im Gedächtnis der Los Angelenos. Bekannte von Srila, die in den Hollywood Hills zu Hause waren, berichteten von traumatisierenden Nächten: Von ihrem Haus aus beobachteten sie, wie die Flammen durch die Straßen Highland, Vermont, Normandie und Western Avenue wüteten und immer näher kamen. Die Nachbarn, nervös und mit geladenen Waffen auf den Balkonen, hielten sich bereit zum Bürgerkrieg, der sich von South Central rapide in Richtung Hollywood ausbreitete. Dicke Rauchschwaden verhüllten den Himmel. Sechs Tage und Nächte glich die Stadt der Engel der Hölle.
Auslöser war der Fall Rodney King: Vier weiße Polizisten prügelten den schwarzen Bauarbeiter King minutenlang mit Schlagstöcken fast zu Tode. Dass die Tat auf einem Amateurfilm festgehalten wurde, ahnten sie nicht.
Trotz dieses eindeutigen Beweismaterials wurden die Cops von einer rein weißen Jury freigesprochen. Die Wut über diese Ungerechtigkeit explodierte regelrecht: Tausende aus dem überwiegend schwarzen Getto von South Central L. A. schlugen stellvertretend für Rodney King zurück. Unschuldige Menschen wurden auf offener Straße niedergeschlagen, Läden geplündert, Dutzende erschossen und ganze Straßenzüge abgefackelt. Die erschreckende Bilanz waren 54 Tote, 2000 Verletzte und 15.000 zerstörte Hauser, Sachschaden: eine Milliarde Dollar.
Los Angeles war traumatisiert. Sowohl während der Krawalle als auch in den Wochen danach, bewaffneten sich viele, die bislang dachten, darauf verzichten zu können. Das allgemeine Gefühl war: Die Polizei kann uns nicht beschützen - eher im Gegenteil. Also muss man sich selbst zur Wehr setzen können. Zwanzig Jahre danach sind viele Wunden verheilt. Experten bezweifeln, dass sich ähnliche Krawalle in Los Angeles wiederholen. Sowohl das LAPD als auch die Los Angelenos hätten seither viel gelernt.
Doch anderswo brodelt schon wieder die Wut: Als Ende Februar in Florida der unbewaffnete 17-jährige Schwarze Trayvon Martin während der Halbzeit eines NBA-Basketballspiels zum nächsten Laden marschierte, um sich ein paar Süßigkeiten zu besorgen, wurde er von dem Anrainer George Zimmermann, der als sogenannter Neighbourhood Watchdog freiwillig und bewaffnet die Straßen patrouillierte und der Martins über den Kopf gezogene Kapuze verdächtig fand, verfolgt und schließlich erschossen. ,,Die Polizei verhaftete Zimmermann erst, nachdem die Proteste immer lauter wurden. Der Zimmermann/Martin-Case ist noch lang nicht vorbei. Es wird sich zeigen, ob sich die Zeiten tatsächlich geändert haben.
