Seit er seine Sucht nach
M&M’s besiegt hat, ist
Hollywoodproduzent Harvey Weinstein - berüchtigt für seine emotionalen Ausbrüche - nach
eigenen Aussagen viel ruhiger
geworden. Doch still wird es
deswegen um ihn noch lang nicht, auch wenn ihm Schweigen in diesem Jahr fünffaches Oscargold beschert hat.
Weinstein hatte den Stummfilm "The Artist" noch vor der Premiere in Cannes gesehen und unter seine Fittiche genommen. Ohne ihn hätte es der Schwarz-Weiß- Film, der kaum Stars oder hörbare Dialoge vorzuweisen hat, vermutlich nicht einmal in die großen amerikanischen Kinos geschafft.
Weinstein selbst schätzte die Chance, dass der unkonventionelle Streifen ein Hit werden würde, als eins zu einer Million ein. "No risk, no fun" war jedoch immer schon Weinsteins Devise. 2009 hatte The Weinstein Company, die Harvey mit Bruder Bob besitzt, nach riskanten Investitionen 500 Millionen Dollar Schulden angesammelt. Damals wurde Harvey von vielen Hollywood-Playern bereits "totgesagt".
Dabei waren die Brüder jahrelang ein unschlagbares Team gewesen:
Für die in den 1970ern von den Weinsteins gegründete Filmverleihfirma Miramax kam 1989 mit Soderberghs "Sex, Lügen und
Video", Peter Greenaways "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" sowie "Fessle mich" von Pedro Almodovar gleich der dreifache Durchbruch. 1993 wurde Miramax von Disney gekauft, aber die Brüder blieben weiterhin an der Spitze der Company. Mithilfe von Hunderten Millionen, die Disney jedes Jahr in Miramax pumpte, produzierten die Weinsteins Hits wie "Der englische Patient", "Pulp Fiction", "Shakespeare in Love" und "Chocolat". Der damalige Disney-Chef Michael Eisner und die Brüder überwarfen sich schließlich wegen Michael Moores Anti-Bush-Dokumentation "Fahrenheit 9/11". Eisner war dagegen, die Doku in die Kinos zu bringen. Daraufhin vertrieben die Weinsteins den Film mit privatem Geld. Der Bruch zwischen Disney und den Weinsteins war irreparabel.
Die Jahre danach wendete sich Harvey vom Film ab und versuchte, in anderen Bereichen Fuß zu fassen, hatte aber nicht die gleiche goldene Hand wie bei Filmen. Er investierte in die Social Network Site AsmallWorld - eine Art Facebook für Reiche -, kreierte erfolglos ein Fashionlabel sowie einen Kunst-Kabelkanal. Nichts wollte klappen. Auch die Filme, die er nebenher produzierte, floppten.
Doch dann machte Harvey einen Neuanfang: Er ernährte sich nicht mehr ausschließlich von Schokolade und konzentrierte sich wieder ganz auf Filme.
Das Resultat: "The Kings Speech" gewann 2011 den Oscar und spielte auch Millionen ein. Gleich drei seiner Filme - "My Week with Marylin" (Michelle Williams), "Die Eiserne Lady" (Meryl Streep) und "The Artist" - waren dieses Jahr im Oscarrennen. Insgesamt kann Harvey inzwischen auf 303 Oscarnominierungen stolz sein. Kein Wunder, dass ihn Meryl Streep bei den Golden
Globes als "God" bezeichnete.
