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Knapp ist der Platz in kalifornischen Gefängnissen

Warum Mütter, Väter - und Schwerverbrecher - aus kalifornischen Gefängnissen entlassen wurden, in denen die stillen Örtchen bis vor Kurzem noch rarer waren als etwa in so manchem U-Boot.

Kathrin Pilz

Wenn sich die neuen Besitzer des 1800 Quadratmeter großen Bel-Air-Hauses, das kürzlich für 40 Millionen Dollar verkauft wurde, aufs stille Örtchen verziehen wollen, können sie zwischen 41 Toiletten wählen. "Bathrooms" bis zum Abwinken sind laut Real-Estate-Experten extrem gefragt in diesen Tagen.

Kaliforniens Inhaftierte spürten in den letzten Jahren von diesem Trend allerdings wenig. Bis zu 54 Insassen mussten sich noch bis vor Kurzem eine einzige Toilette teilen. Die Zustände in den hochgradig überlaufenen kalifornischen Gefängnissen waren 2006 so katastrophal, dass der Oberste Gerichtshof den Staat zwang, dieser Unmenschlichkeit ein Ende zu setzten.

Letzten Freitag wurde nun das letzte von den provisorischen 20.000 Stockbetten entfernt, mit welchen man Sporthallen und andere Gemeinschaftsräume der Gefängnisse vollgestopft hatte, um Insassen zu beherbergen.

Bilder von dreistöckigen Betten reihenweise nebeneinander geschlichtet, waren zum Symbol für überfüllte kalifornische Gefängnisse geworden.

Im Jahr 2005 waren die Gefängnisse noch so unübersichtlich, dass es Stunden dauerte, bis man die Leiche eines Inhaftierten entdeckte, der im Rehabilitationszentrum Riverside County in seinem Stockbett ermordet worden war.

Suizide unter den Häftlingen häuften sich und physische wie psychische Krankheiten eskalierten.

2006 hatte die Zahl der Inhaftierten ihren Höhepunkt erreicht. Das kalifornische Gefängnissystem, das für 80.000 Häftlinge ausgerichtet war, beherbergte doppelt so viele Insassen. Gouverneur Schwarzenegger rief den Notstand aus und ließ 20.000 Häftlinge, die illegal aus Mexico eingewandert waren, auch wieder dorthin abschieben.

Schwarzeneggers Nachfolger, Jerry Brown, lässt nun unter dem Motto "Familien-Wiedervereinigung" Tausende weibliche Insassen frei. Mütter, die weder Gewaltverbrechen noch ein Sexualdelikt begangen haben, können nun den Rest ihrer Strafe zu Hause mit einer elektronischen Fußfessel absitzen. Bis Juli 2013 muss Brown die Zahl der Gefängnisinsassen aber um weitere 30.000 reduzieren. Unter dem Begriff "Primary Caregiver" sollen nun auch jene inhaftierten Väter freigelassen werden, die als Hauptbezugsperson für die Kinder gelten. Damit könnte Brown die Zahl der gegenwärtig 150.000 inhaftierten Männer drastisch reduzieren.

Die Amnestieinitiative hat allerdings auch ihre Tücken. Ein Computer-Softwarefehler führte letzten Mai dazu, dass irrtümlich 450 Insassen freigelassen wurden, die als "hochgefährliche Individuen" gelten. Darunter Gangmitglieder, Drogenhändler und Einbrecher. Diese Insassen können erst wieder eingesperrt werden, wenn sie ein neues Verbrechen begangen haben. Bis dahin sollten die kalifornischen Gefängnisse wieder genug Platz haben.