Mit meiner Wählerstimme zumindest potenziell über Leben und Tod zu entscheiden gab dem Urnengang am vergangenen Dienstag besonderes Gewicht. Denn bei den US-Präsidentschaftswahlen war auf dem kalifornischen Wahlzettel auch Proposition 34 zu finden: der Volksentscheid zur Abschaffung der Todesstrafe. Aber während ich die Mehrheit der Kalifornier bei meiner Stimme für den Präsidenten oder meiner Entscheidung für eine Reformierung des "3 strike laws" auf meiner Seite hatte, blieb ich mit meiner Stimme gegen die Todesstrafe leider in der Minderheit. Proposition 34 konnte sich nicht durchsetzen und 52% der sonst so liberalen Kalifornier wollen die "Death Penalty" im Golden State beibehalten.
Finanziert wurde die Anti-Todesstrafen-Volksabstimmung von Leuten wie Reed Hastings, dem CEO von Netflix, sowie dem Hyatt-Vorstandschef und Hotelerben Nick Pritzker. Ins Leben gerufen wurde Prop. 34 ironischerweise ausgerechnet von Don Heller, der 1978 das Plebiszit für die Wiedereinführung der Todesstrafe initiierte und erfolgreich war. Heller ist heute überzeugt, dass er vor 33 Jahren einen schrecklichen Fehler begangen hat, den er bei diesen Wahlen gutmachen wollte. Ebenfalls ironisch ist die Tatsache, dass viele der Häftlinge in den Todeszellen Heller für seinen Gesinnungswandel gar nicht dankbar sind. Im Gegenteil: Ein Großteil der Inhaftierten im berüchtigten Gefängnis San Quentin ist erleichtert, dass staatliche Hinrichtungen nicht abgeschafft werden. Hätte sich Prop. 34 durchgesetzt, wären die Todesurteile der 725 kalifornischen "Death Row"-Häftlinge automatisch zu "Lebenslänglich ohne Bewährungschance" umgewandelt worden. Das hätte bedeutet, die Häftlinge hätten Privilegien verloren. In Kalifornien ziehen Schwerverbrecher das Todesurteil oft einem "Lebenslänglich" vor, denn es dauert meist Jahrzehnte bis zur Vollstreckung. Die meisten rechnen damit, vorher eines natürlichen Todes zu sterben.
Wer in San Quentin untergebracht wird, hat überdies eine Reihe von Vorteilen: Man hat das Recht auf Rechtsbeistand und kann seine Anwälte jederzeit anrufen. Außerdem gibt es Einzelzellen, Outdoor-Gymnastik und man kann sich mit anderen Häftlingen unterhalten. Frühstück und Abendessen werden in die Zelle gebracht. Diese Häftlinge haben eigenes TV und CD-Player. Am allerwichtigsten aber ist das Recht, eine "Habeas Corpus"-Beschwerde einzureichen. Ist diese erfolgreich, kann außerhalb des regulären Systems der Rechtsprechung - etwa aufgrund neuer Beweise oder richterlichen Fehlverhaltens - die Strafe aufgehoben werden. Im besten Fall kommt der Verurteilte frei. Für 13 der kalifornischen Todeshäftlinge gibt es allerdings keine Hoffnung mehr. Sie haben auf allen möglichen Rechtswegen verloren und können nun, da sich Prop. 34 nicht durchsetzen konnte, theoretisch jederzeit hingerichtet werden.
