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Tatsachenbericht aus einer Welt voller "medical joints"

Warum auf dem Venice Beach in Los Angeles mysteriöse Männer in grünen OP-Anzügen herumlaufen, auf denen ein schwarzes Cannabisblatt abgebildet ist - und wo man einen Marihuana-Pass erhält.

Kathrin Pilz

Ungezählte kleine L.-A.-Shops bieten in diesen Tagen ihre Kekse, Muffins und Brownies zu einem Sonderpreis an. Sie versuchen noch alles loszuwerden, bevor sie ihre Türen für immer schließen müssen. Doch die süßen Versuchungen sollten für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden, handelt es sich doch um sogenanntes Weed-Gebäck, für dessen Zutatenliste Marihuana zum fixen Bestandteil zählt.

Seit in Kalifornien 1996 der Cannabiskonsum für medizinische Zwecke legalisiert wurde, schossen Läden, die Marihuana in jeglicher Form feilbieten, nur so aus dem Boden.

Mittlerweile gibt es in vielen Stadtteilen mehr "Pot-Shops" als Starbucks-Lokale. Laut dem Magazin "L. A. Weekly" hat sich ein sogenannter "aboveground - underground market" gebildet. Also quasi ein legaler Schwarzmarkt, der unter dem Deckmantel der Medizin recht ungestört Millionen von Dollars umsetzt.

Das soll sich jetzt ändern: Bei einer Volksbefragung Ende Mai entschieden sich die Los Angelinos in überwältigender Form für Proposition D, also dafür, die Anzahl der sogenannten Medical Marihuana Dispenseries (Verteiler) stark zu reduzieren.

Dass sich die Proposition D durchsetzte, ist nicht überraschend. L. A. hatte sich seit der Legalisierung von Medical Marihuana um eine Regulierung des Marktes bemüht. Die Urheber des Gesetzes von 1996 hatten nicht damit gerechnet, dass sich rund um Medical Marihuana ein ganzer gewinnbringender Wirtschaftszweig entwickeln würde. Doch das Geschäft mit "weed" blüht. Jeder Angelino weiß, dass man in der Tat nicht krank sein muss, um legal an einen "medical joint" zu kommen.

Am einfachsten ist es, sich an einen sogenannten "Green"-Doktor zu wenden. Diese sind leicht zu finden, denn deren "Promoter" laufen zum Beispiel am Venice Beach in grünen OP-Anzügen herum, auf denen vorn ein schwarzes Cannabisblatt aufgedruckt ist.

Man muss sie nur anlächeln und schon erkundigen sie sich mitfühlend, ob man vielleicht an Depressionen oder Stress leide. Wer will, kann dann für etwa 50 Dollar einen Termin mit einem Arzt im Hinterzimmer haben. Es reicht, Schlafstörungen oder Gewichtsprobleme anzugeben, um einen "Marihuana Pass" ausgestellt zu bekommen und damit legal Cannabis erwerben und konsumieren zu dürfen.

Nun soll Proposition D dafür sorgen, dass nur mehr die ersten 135 Pioniergeschäfte, die noch vor 2007 eröffneten, weiterbestehen dürfen. 900 jüngere Shops, die ein florierendes Geschäft betrieben, müssen schließen.

Vielleicht rettet Prop. D einige Jungunternehmer davor, hinter Gittern zu landen. Denn absurderweise steht das kalifornische Staatsgesetz, welches Marihuana als pharmazeutisches Mittel erlaubt, in direktem Konflikt mit dem US-Bundesgesetz. Das wäre ungefähr so, als wäre Kiffen im Bundesland Salzburg legal, während der österreichische Staat es dennoch verbietet.

Symbol dieses gesetzlichen Konflikts wurde der Fall des 34-jährigen Matthew David, der große Mengen Marihuana angepflanzt hatte und dem nun 15 Jahre Haft drohen, als die Bundespolizei sein - in Kalifornien legales - Lager aufstöberte.