SN.AT / Kolumne / Absolut LA / Absolut LA

Vorschlaghammer gegen die KriminalitätbeiJugendlichen

Mit welchen untauglichen Mitteln man in Los Angeles die Jugendkriminalität bekämpft.

Kathrin Pilz

Eine harmlose Unterhaltung auf offener Straße in ihrem Heimatstadtteil Echo Park könnte für die Orta-Brüder schon bald sechs Monate Haft bedeuten. Die jungen Männer, beide Anfang zwanzig, waren kürzlich vom Los Angeles Police Department (LAPD) verständigt worden, dass man ihre Namen auf eine sogenannte Gang-Injunction-Liste gesetzt habe.

Unter Gang Injunction versteht man quasi ein Kontaktverbot für Bandenmitglieder innerhalb festgelegter Grenzen. In Los Angeles gibt es bereits 45 permanente Gang Injunctions, die über insgesamt 72 Straßenbanden verhängt wurden. Viele dieser Injunctions verbieten es Gangmitgliedern, innerhalb bestimmter Stadtteile miteinander im Auto zu fahren oder sich öffentlich in Gruppen von zwei oder mehreren Personen aufzuhalten.

In vielen Fällen ist den Gangmitgliedern sogar ein Mobiltelefon untersagt. Was auf den ersten Blick - angesichts der Tatsache, dass L. A. mit seinen rund 120.000 Bandenmitgliedern als die "Hauptstadt der Gangs" gilt - wie eine wirksame und berechtigte Maßnahme seitens des LAPD erscheint, ist auf den zweiten Blick eine höchst umstrittene Methode, das Bandenproblem in den Griff zu kriegen. Die erste Gang Injunction wurde im Jahr 1982 für drei berüchtigte Banden verhängt: die Dogtowns, die Pimeras und die 62nd Street East Coast Crips. Mit dem temporären Versammlungsverbot wollte man die Gangs handlungsunfähig machen und hoffte, sie damit zu zerschlagen.

Doch Kritiker argumentieren, dass sich Gangs durch solche Auflagen nur vorübergehend behindern lassen und dass Gang Injunctions vielmehr dazu führten, junge Leute lebenslang zu brandmarken. Denn wer einmal auf der Liste der polizeilich registrierten Gangmitglieder gelandet ist, hat kaum eine Chance, seinen Namen jemals wieder sauberzuwaschen, was wiederum eine Resozialisierung extrem erschwert. Dazu kommt, dass Gangmitglieder nicht immer eindeutig zu identifizieren sind. So werden bisweilen junge Menschen fälschlicherweise in der Datenbank für Gangmitglieder geführt - nur aufgrund ihrer ethnischen und sozialen Herkunft.

Nicht zuletzt deswegen stößt die für Echo Park und Silverlake geplante Gang Injunction auf großen Widerstand. Gegner befürchten, die Maßnahme würde die seit Generationen in Echo Park ansässigen Latino-Familien vertreiben. Auch die "L. A. Times" steht der geplanten 46.
L. A. Gang Injunction, die auf sechs Gangs zielt, kritisch gegenüber. "Wenn man Maßnahmen gegen Gangs mit einem Werkzeug vergleicht, könnte man die Gang Injunction als Vorschlaghammer bezeichnen", so die "L. A. Times". Echo Park kämpft seit den Zwanzigerjahren mit dem Gang-Problem. Doch viele sehen die Lösung in besseren Schulen, Jobs und Jugendprogrammen.