Es war bei einer legendären Kleßheimer Singstund, als mir der unvergessene Volksliedsammler und Singleiter Adolf Dengg die Zusammenfassung seiner Jodler und Jodlerlieder überreichte, die er von 1950 bis 1980 mit seiner Singgruppe gesungen hat.
In seinem Vorwort schreibt er: "Bei meinem Volksliedsingen, das sich über den Zeitraum eines halben Jahrhunderts erstreckt, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass der Jodler zum Urtümlichsten und Urwüchsigsten der stimmlichen Gemütsäußerung gehört. Während das Volkslied doch von Generation zu Generation mindestens zum Teil sich ändert, bleibt der Jodler immer erhalten." So auch die durch die Familie Windhofer und den Pongauer Viergesang überlieferten "Vorderwies-Jodler" aus dem Zauchtal.
Um die Wende zum 20. Jahrhundert lebte am Eingang des Zauchtals bei Altenmarkt mein Urgroßvater Bartholomäus Walchhofer mit seinen 28 Kindern, die ihm von drei Frauen geschenkt wurden. Meine Großmutter, die "Wies Rosl", meinte dazu oft scherzhaft: "Mia san vom drittn Wurf!"
Einer davon war der legendäre "Wies Heinrich", der im Jahre 1932 beim ersten großen Volksliedsingen in St. Johann mit seinem "Küahsuacha" die Experten und Liedsammler in große Aufregung versetzte: Ein den Wissenschaftern unbekannter Kuhschrei, drei Oktaven umspannend, brachte den ersten Preis. Heinrich konnte auf Fragen nach der Herkunft keine Antwort geben und verwies auf seinen Bruder, von dem er diesen Jodler gelernt hatte. Dies war Rupert Walchhofer, der als "Kohlmoaßa" Namenspate eines prächtigen Jodlers ist. Man kann die Jodler einteilen in den kurzen Juchezer oder Juhschroa als Ruf im Bergland, als Verständigung auf Almen, als Ausdruck der Freude, als längeren "Küahsuacha" und den eigentlichen mehrstimmigen Jodler.
Interessant ist, dass heute wie früher kaum einer einen Jodler "gemacht" hat. Ein Jodler entsteht nur in einem wahrhaft schöpferischen Augenblick: auf der Alm, in der Bauernstube oder im Wirtshaus. Abgesehen von den volkstümlichen "Salonjodlern" vergangener Heimatabende finden wir im Jodler verschiedene Stimmführungen. Im Miteinander, im Füreinander als Wechselspiel gleichberechtigter Partner oder beim Nacheinander in einem melodischen Echospiel.
Auffallend ist, dass die Freude am Jodlersingen in jenen Gebieten am lebendigsten blieb, die im Ganzen ihre Bodenständigkeit bewahrt haben. Beispielsweise im Schneeberggebiet, im oberen Murtal, im Ausseerland, im oberen Ennstal, im Lungau, Pongau, Pinzgau, im Innviertel oder Salzkammergut.
■ Im "Hoagascht" bei Servus TV (Freitag, 19.45, Samstag, 15.05 Uhr) begibt sich Christina Brunauer auf eine Spurensuche vom "Küahsuacha" auf der Heinreichalm im Pongau über die Hollerschnapszuzler im Ausseerland bis zum Lindabrunner Dreigsang im Schneeberggebiet.