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Bildungsreformer mit Defiziten in Logik, Praxis und Politik

Schule: Eine überschaubare Anzahl von Schülern unter einer kompetenten Leitung garantiert den Erfolg. So einfach ist Bildungspolitik.

Ronald Barazon

Die zwei Bildungsreformer, Sonja Hammerschmid, SPÖ, und Harald Mahrer, ÖVP, verkünden seit Monaten, dass ihre Reform den Schulen mehr Autonomie, den Direktoren mehr Gestaltungsfreiheit bringen werde. Und mehr Freiheit von politischen Einflüssen. Hört, hört!

Das nun vorliegende Projekt sieht die Einrichtung von sogenannten Clustern vor, die mehrere Schulen unter der Führung eines Cluster-Direktors zusammenführen sollen. Die bisher als Direktoren tätigen Schulleiter werden zu Untergebenen des Cluster-Direktors degradiert, der entscheidet, was in den Schulen zu geschehen hat. So sieht Autonomie im Verständnis von Hammerschmid und Mahrer aus.

Nun könnte man meinen, der Cluster-Direktor werde autonom agieren. Keineswegs. Die Cluster-Direktoren sind als Außenstellen des Unterrichtsministeriums konzipiert.

Frage: Sind die beiden Reformer nicht mit den Grundprinzipien der Logik vertraut? Dann sei ihnen dringend eine Schulung empfohlen. Oder: Halten die beiden die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes für so ungebildet, dass sie den Inhalt des Begriffs Autonomie nicht kennen? Es sei ihnen mitgeteilt: Trotz aller Mängel des Bildungswesens weiß man, dass Autonomie und das Leben unter der Knute eines ministeriellen Schergen einen Widerspruch ergibt.

Nicht nur mit der Logik haben Hammerschmid und Mahrer ein offenkundiges Pro blem. Auch mit dem alltäglichen Leben, kurzum, mit der Praxis sind die beiden sichtlich nicht vertraut. Bis zu 2500 Schüler und Hunderte Lehrer in acht Schulen sollen dem Cluster-Leiter unterstellt werden.

2500 Schüler sind keine Automaten, die computergesteuert funktionieren. Es handelt sich um Menschen, um Kinder und Jugendliche, die in der Schulzeit die verschiedensten Entwicklungsphasen durchleben. Jetzt mag man darüber streiten, welche Anzahl von Schülern von einer Leitung optimal betreut werden kann. Eines ist sicher: 2500 sind jedenfalls bei Weitem zu viel.

Die Absurdität: Begonnen hat die Diskussion mit der Feststellung, dass Kleinstschulen mit einigen wenigen Kindern problematisch sind. Diese Diskussion endete mit einer realitätsfremden Zielgröße von 2500.

Nebenbei soll die mühsam erkämpfte Klassenschülerhöchstzahl von 25 fallen. Das Ziel ist also im Großen eine Massenschule und im Kleinen eine Massenklasse.

Die Reformer stehen nicht nur mit der Logik und der Praxis auf Kriegsfuß. Auch mit der Politik: Sie wollen das Unterrichtsministerium zur Zentrale des Bildungswesens machen. Glauben die beiden tatsächlich, dass immer SPÖ oder ÖVP dieses Ressort führen werden?