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Die Insel der Seligen, Vater Staat und die Natur

Die Legende, wonach Österreich eine Insel der Seligen sei, hat verschiedene Ausprägungen. Dazu gehört etwa die Überzeugung, dass Erdbeben in diesem Land nicht stattfinden.

Ronald Barazon



Andere Katastrophen werden zur Kenntnis genommen, aber rasch verdrängt. Hochwasser, Lawinen und Murenabgänge finden zwar statt, erschüttern aber nur die Opfer, die übrige Bevölkerung lässt sich in ihrem Wohlgefühl nicht stören.

Diese Einstellung dürfte auch das Fehlen einer funktionierenden Versicherung gegen Schäden im Gefolge von Katastrophen erklären. Die Verweigerung der Realität geht sogar so weit, dass viele glauben, ein derartiger Schutz sei ohnehin gegeben, andere meinen, er sei nicht notwendig. In etwa bekannt ist die Existenz des Katastrophenfonds.

Angesichts der enormen Wetterschäden in der Steiermark und der Erdbeben in Norditalien wäre - ohne die Ferienstimmung stören zu wollen - doch ein stärkeres Problembewusstsein zu empfehlen.

Zuständig für Hilfe im Katastrophenfall sind die Länder, die aber vom Bund über den Katastrophenfonds zusätzliche Mittel erhalten. Privatpersonen, die einen Schaden erleiden, müssen bei der Gemeinde einen Antrag auf Schadenersatz stellen. Wird der Antrag genehmigt, dann wird in der Regel nur der Wert des Zustands vor der Katastrophe ersetzt, womit eine Wiederherstellung nicht zu finanzieren ist.

In den privaten Versicherungsverträgen sind Katastrophenschäden nur in geringem Umfang gedeckt. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Katastrophen: Hochwasser, Lawinen, Starkregen und Erdbeben sind nicht berechenbar und daher auch nicht versicherbar. Allerdings haben die Versicherungsunternehmen ein Konzept entwickelt, das die in den vergangenen Jahren aufgetretenen Schäden gedeckt hätte.

Vorgesehen ist die Erweiterung der Feuerversicherung um die bisher nicht versicherten Katastrophenrisiken. Die Betroffenen hätten einen Rechtsanspruch auf Schadenersatz gegen die Versicherung und wären nicht mehr Bittsteller bei den öffentlichen Stellen. Die Länder und der Fonds müssten Privaten keine Schäden ersetzen.

Die Versicherungswirtschaft braucht aber für den Fall, dass eine totale Katastrophe eintritt, eine Deckung durch den Staat, der ab einer bestimmten Schadensumme mitzahlen müsste. Diese Deckung würde greifen, wenn etwa ein Erdbeben eine größere Stadt verwüstet oder ein Hochwasser riesige Flächen zerstört.

Obwohl das Konzept seit Jahren fertig ist, findet sich keine Regierung, die für den "Normalfall" eine für alle vorteilhafte Lösung ermöglicht und zur Kenntnis nimmt, dass der Staat im Extremfall ohnehin einspringen muss.

Und so schreiben auch heuer wieder die Katastrophenopfer Bittgesuche an den Staat, um spät geringe Schadenersatzzahlungen zu bekommen.